Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
Ihre Frage möchte ich anhand der von Ihnen geschilderten Informationen, wie folgt beantworten.
Vorab sei jedoch der Hinweis erlaubt, dass durch Hinweglassen oder Hinzufügen weiterer Angaben sich die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes ändern kann, sodass die Beantwortung nur anhand des Ihrerseits hier zur Verfügung gestellten Sachverhaltes erfolgen kann.
Sofern, wie Sie schildern, der Gegenseite in Ihrem Rechtsstreit ein strafbares Verhalten vorzuwerfen ist und entsprechend nachgewiesen werden kann, könnte hier eine sog. Restitutionsklage gem. § 580 ZPO
in Frage kommen.
Gesetzesauszug:
§ 580 ZPO
Restitutionsklage
Die Restitutionsklage findet statt:
1. wenn der Gegner durch Beeidigung einer Aussage, auf die das Urteil gegründet ist, sich einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Verletzung der Eidespflicht schuldig gemacht hat;
2. wenn eine Urkunde, auf die das Urteil gegründet ist, fälschlich angefertigt oder verfälscht war;
3. wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat;
4. wenn das Urteil von dem Vertreter der Partei oder von dem Gegner oder dessen Vertreter durch eine in Beziehung auf den Rechtsstreit verübte Straftat erwirkt ist;
5. wenn ein Richter bei dem Urteil mitgewirkt hat, der sich in Beziehung auf den Rechtsstreit einer strafbaren Verletzung seiner Amtspflichten gegen die Partei schuldig gemacht hat;
6. wenn das Urteil eines ordentlichen Gerichts, eines früheren Sondergerichts oder eines Verwaltungsgerichts, auf welches das Urteil gegründet ist, durch ein anderes rechtskräftiges Urteil aufgehoben ist;
7. wenn die Partei
a) ein in derselben Sache erlassenes, früher rechtskräftig gewordenes Urteil oder
b) eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde;
8. wenn der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht.
Die Restitutionsklage soll einer Partei in den Fällen zu ihrem Recht verhelfen, in denen das Verfahrensergebnis durch strafbare Handlungen beeinflusst ist (Nr. 1-5). Mit dieser Zielsetzung soll die Restitutionsklage verhindern, dass das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtsprechung beeinträchtigt wird, wenn rechtskräftige Urteile nicht überprüft werden können, obwohl ihre Grundlagen erschüttert sind (BGHZ 57/214).
Ein derartiger Vertrauensschutz ist jedoch dann nicht veranlasst, wenn der Restitutionskläger den Anfechtungsgrund bei Anwendung gebotener Sorgfalt bereits im Vorprozess hätte geltend machen können, insbesondere durch Einspruch, Berufung oder Anschlussberufung (§ 582 ZPO
). Ist das versäumt worden, dann ist die Klage nicht zulässig.
Für die Fälle der Nr. 1-5 ist darüber hinaus erforderlich, dass entweder eine strafrechtliche Verurteilung stattgefunden hat oder es dazu aus anderen Gründen als Mangel an Beweisen nicht gekommen ist (§ 581 ZPO
).
In Ihrem Fall könnte § 580 Nr. 4 ZPO
betroffen sein, denn auch Prozessbetrug stellt einen strafrechtlichen Tatbestand dar, sofern wissentlich unwahre Parteibehauptungen (anders als Schweigen) das Ergebnis des Rechtsstreits beeinträchtigen.
Demnach wäre es zunächst geboten eine entsprechende Verurteilung der Gegenseite zu erwirken bzw. strafrechtlich vorzugehen, d.h. mittels der Aussage des Zeugen nachzuweisen, dass die im Rechtsstreit vorgetragenen Behauptungen der Nichtinanspruchnahme der Dienstleistung wissentlich falsch und unwahr waren.
Dann erst sollte die weitere Vorgehensweise im Rahmen einer Restitutionsklage genauestens geprüft werden, da die Voraussetzungen für diese „Hilfsklage" nicht zu unterschätzen sind, denn das wesentlichste Zulässigkeitskriterium ist die Frage, ob der Restitutionskläger auch seine sämtlich gebotene Sorgfalt angewandt hat, insbesondere bereits in den Vorprozessen die erforderlichen Tatsachen vorgetragen und möglichst unter Beweis gestellt hat, diese jedoch mangels Kenntnis des Anfechtungsgrundes nicht ausreichend waren und nunmehr mit Kenntnis neue erschütternde Tatsachen unter Beweis gestellt werden können.
Insoweit trifft den Restitutionskläger die unmittelbare Beweislast dafür, dass er den Restitutionsgrund ohne Verschulden nicht bereits in einem früheren Verfahren geltend machen konnte.
Sofern Sie entsprechend vortragen, dass Sie erst ca. 9 Monate nach der Verurteilung von der Tatsache Kenntnis erlangt haben, dass entgegen des konkreten Vortrages der Gegenseite, gleichwohl dennoch eine Inanspruchnahme der Dienstleistung erfolgt ist, und diesen Vortrag auch entsprechend unter Beweis stellen können, z.B. mittels des Schreibens des „Herren" bzw. dessen zeugenschaftlicher Erklärung, dann könnte eine Restitutionsklage Aussicht auf Erfolg haben, sofern dessen Aussage dann wiederum kausal für die Entscheidung des Gerichts wäre.
Letzteres soll bedeuten, dass eine Restitutionsklage i.E. jedoch nur dann zielführend ist, wenn aufgrund der neuen Beweismittel bzw. der Offenbarung der Falschbehauptung der Gegenseite, auch tatsächlich das Gericht (fiktiv) zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre, d.h. die vorherigen Instanzgerichte gerade und aufgrund des Prozessbetruges zu einer falschen Verurteilung gekommen sind und bei Kenntnis dieser falschen Umstände zu einer anderen richtigen Entscheidung zu Gunsten von Ihnen gekommen wären.
Ob diese Voraussetzung sämtlichst vorliegen, kann bedauerlicherweise von hier und im Rahmen einer Erstberatung nicht und nicht abschließend geprüft werden, da dazu vielmehr die vollständige Einarbeitung in den aktenkundigen Sach- und Streitstoff erforderlich ist.
Da an eine Restitutionsklage als subsidiäre sog. „Hilfsklage" strenge Anforderungen zu stellen sind, kann ich Ihnen daher nur nahelegen einen dafür fachlich versierten Rechtsbeistand mit einer Spezialisierung im Rechtsmittelrecht auszuwählen, der insbesondere Erfahrungen im Berufungs- und Revisionsrecht aufweist.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort, ihre Fragestellung insoweit beleuchten konnte und stehe Ihnen bei diesbezüglichen Nachfragen oder bei Erläuterungsbedarf ergänzend beiseite. Bitte benutzen Sie die dafür bestehende Nachfrageoption.
Antwort
vonRechtsanwalt Sascha Lembcke
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