Meine Großmutter ist gestern gestorben, sie hat ein handschriftliches Testament hinterlassen, wo Ihre 2 Kinder erwähnt sind, mein Großvater lebt nicht mehr. Meinem Onkel soll 30% des Sparvermögen zugesprochen werden und meiner Mutter den Rest des Gesamtvermögens. Inklusive Sparvermögen, beläuft sich die Gesamtsumme auf ca. 80.000€. Mein Onkel will sich nun einen Anwalt nehmen und klagen, dass er mehr als diese 30% bekommt, er ist der Meinung, dass der Pflichtteil höher als die 30% sind und somit das Testament nichtig ist. Ist seine Aussage richtig oder hat das Testament weiterhin Bestand? LG
ihr Onkel gehört als Abkömmling der Großmutter zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten. Die Pflichtteilsquote beträgt hier - bei zwei Kindern, ohne weitere gesetzliche Erben - ein Viertel des Nachlasswertes (Hälfte des gesetzlichen Erbteils). Nach § 2305 BGB besteht ein Anspruch auf den sog. Zusatzpflichtteil. Wenn ein Pflichtteilsberechtigter zwar etwas geerbt hat, dieser Erbteil aber geringer ist als es der Pflichtteil (Hälfte des gesetzlichen Erbteils) wäre, so kann der Pflichtteilsberechtigte von den Miterben als Pflichtteil ergänzend den Wert verlangen, der noch bis zur Hälfte des gesetzlichen Erbteils fehlt. Wenn die 30 % des Sparvermögens geringer sind als ein Viertel des Wertes des Gesamtnachlasses, kann Ihr Onkel einen Anspruch auf die Differenz haben. Das Testament wird durch diesen Anspruch nicht nichtig; es besteht nur ein zusätzlicher gesetzlicher Anspruch.
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Haeske, Rechtsanwältin
Ergänzung vom Anwalt27. Juli 2024 | 10:30
Wenn man die 30 % des Sparvermögens nicht als Erbeinsetzung, sondern als Vermächtnis ansieht: Auch nach §§ 2303, 2307 BGB besteht dann ein entsprechender zusätzlicher Anspruch auf die Differenz zum Pflichtteil (Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils).