Sehr geehrter Fragesteller/in,
ich möchte Ihre Anfrage anhand des geschilderten Sachverhaltes im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworten:
1. Kann der ArbN ebenfalls eine Bonuszahlung verlangen? -
Hier gilt der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz nach dem AGG. Er wurde von einigen Arbeitsrechtlern aus Art.3 GG
(Gleichheitsgrundrecht), von anderen aus dem zivilrechtlichen Prinzip von „Treu und Glauben" oder auch aus der „Fürsorgepflicht" des Arbeitgebers hergeleitet. Danach sind vergleichbare Arbeitnehmer gleich zu behandeln.
Nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG) kommt es darauf an, ob die Sonderzahlung nicht nur die in der Vergangenheit liegenden finanziellen Einbußen ausgleichen sollte, sondern außerdem auch die Betriebstreue der Arbeitnehmer honorieren sollte: BAG, Urteil vom 05.08.2009, 10 AZR 666/08
.
Bei Honorierung der Betriebstreue müsste die Zahlung wohl auch an den kranken Arbeitnehmer gezahlt werden. Geht es um Ausgleich von Einbussen oder Zahlungen für besondere Leistungen kann der hier betreffende Arbeitnehmer auch bei der Zahlung nicht beachtet werden. Insofern gilt, dass ungleiche Sachen auch gungleich behandelt werden dürfen. Entscheidend ist also, warum oder wofür Sie die Zahlung geleistet haben.
Außerdem müssen Sie aufpassen, dass kein Verstoß gegen das in § 612a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelte Maßregelungsverbot vorliegt, d.h. eine unzulässige nachträgliche „Bestrafung" des Arbeitnehmers. ( vgl. das Urteil des BAG vom 15.07.2009, 5 AZR 486/08
) Insofern läge kein Verstoß vor, wenn es um eine Lohnerhöhung geht, die vorherigen Einkommensverluste ausgleichen soll. Es kommt also auf den Zweck an. Je genauer der Zweck der Zahlung festgelegt ist, um so geringer sind die Chancen des Arbeitnehmers seinen Anspruch durchzusetzen.
2.Kann der ArbN eine 100%ige oder nur anteilige Bonuszahlung verlangen? -
Dies ist ebenfalls vom Zweck der Zahlung abhängig. Wir verweisen insoweit auf die Antwort zu 1.)
3. Umgekehrter Fall: Es werden offiziell keine Bonuszahlung an alle Mitarbeiter gezahlt, könnte der ArbN dann immer noch eine Bonuszahlung verlangen (unabhängig von Fachausbildung, Krankheit)? Bitte Antwort mit einschlägigen § Paragraphen und/ oder Präzedenzurteilen.
Wenn niemand eine Bonuszahlung bekommt, gibt es auch keinen Anspruch für diesen Arbeitnehmer. Ob die Zahlung offiziell ist oder inoffiziell kann natürlich keine Rolle spielen. Es geht hier um die tatsächliche Durchführung.
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Ich hoffe, dass ich Ihnen eine erste Orientierung in der Sache geben konnte. Um eine rechtssichere Antwort geben zu können, müsste ich mir den Arbeitsvertrag und den eventuell bestehenden Tarifvertrag sowie die Betriebsvereinbarungen ansehen, so es welche gibt.
Sollte sich der Sachverhalt doch etwas anders darstellen, nutzen Sie bitte die Nachfrage.
Sie können mich jederzeit über die Kontaktdaten in meinem Profil erreichen und auch in anderen Angelegenheiten beauftragen.
Rechtsanwalt Andreas Tertel
Vielen Dank für Ihre Antwort.
In den vorherigen Jahren hieß es in den Schreiben an den ArbN lediglich „...der Vorstand hat entschieden, Ihnen einen Bonus in Höhe von EUR xxxx,xx zu gewähren" (ohne Grund). Hat der ArbN Anspruch aufgrund der letztjährigen Zahlungen auf einen Bonus oder kann das der ArbG nach Gutsherrenart entscheiden?
In diesem Jahr wurde erstmals offiziell mündlich angekündigt, dass ein Bonus „allen" Mitarbeitern bezahlt wird (Grund: Erfolgreiches Geschäftsjahr für gesamtes Unternehmen). Ihren Ausführungen folgend, müsste gemäß Gleichheitsgrundsatz dem Mitarbeiter ebenfalls ein Bonus gezahlt werden.
Gibt es eine Frist, bis wann der ArgN den Anspruch geltend machen muss?
Sehr geehrter Fragesteller,
soweit eine Bonuszahlung angekündigt und 3 x gezahlt wird in gleicher Höhe, entsteht eine betriebliche Übung, so dass eine Verpflichtung zur Zahlung auch ohne vertragliche Regelung besteht. Eine Verpflichtung auf Grund der letztjährigen Zahlung besteht also nur, wenn es schon länger betriebliche Praxis ist eine Zahlung vorzunehmen. Andernfalls besteht nur dann die Zahlungsverpflichtung, wenn es eine vertragliche, tarifvertragliche oder betriebliche Regelung gibt.
Wegen der Gleichbehandlung gilt, dass an alle Arbeitnehmer gezahlt werden muss, es sei denn, es gibt einen Grund für die Ungleichbehandlung.
Der Arbeitnehmer kann seinen Anspruch innerhalb von 3 Jahren ab Fälligkeit durchsetzen (normale Verjährung), es sei denn es gibt in Ihrem Arbeitsvertrag Ausschlussfristen. Dann hat er nur Zeit bis zum Ablauf der Ausschlussfristen.
Sollte es keine Ausschlussfristen geben, empfehle ich Ihnen Ihre Arbeitsverträge von Grund auf zu überarbeiten. Wir können Ihnen hierfür ein entsprechendes Angebot unterbreiten.
Mit freundlichen Grüßen
Tertel
Rechtsanwalt