Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne folgendermaßen beantworte:
Zu Ihrer ersten Frage:
Grundsätzlich kann ein Arbeitsvertrag mündlich geschlossen werden.
Ob durch Ihr Telefonat mit dem Unternehmen ein mündlich geschlossener Arbeitsvertrag zustande gekommen ist, hängt davon ab, ob Sie sich mit dem Arbeitgeber über die wesentlichen Arbeitsbedingungen (d.h. insbesondere über die von Ihnen zu erbringende Arbeitsleistung und die vom Arbeitgeber für diese Arbeitsleistung zu zahlende Vergütung) geeinigt haben.
Zwar haben Sie sich mit der Arbeitgeberseite in dem Telefonat darüber geeinigt, dass der zuerst zugesandte Vertrag in einigen Punkten nach Ihren Vorstellungen geändert werden sollte. Diese telefonische Einigung über die Änderungen stellt aber meines Erachtens noch kein Zustandekommen eines mündlichen Arbeitsvertrags, d.h. noch keine abschließende Einigung über die wesentlichen Arbeitsbedingungen dar, da Sie ausdrücklich gesagt haben, dass Sie den Arbeitsvertrag erst unterschreiben würden, wenn die Änderungen, über die Sie sich geeinigt hatten, auch so Eingang in den neuen schriftlichen Vertrag gefunden hätten. Sie haben also das Zustandekommen eines Arbeitsvertrags von der Bedingung abhängig gemacht, dass die Änderungen auch so schriftlich festgehalten wurden.
Selbst wenn sich die Gegenseite auf den Standpunkt stellt, dass schon in dem Telefonat ein mündlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden ist, so müsste sie dies dann bei einer eventuellen Klage auf Schadensersatz vor Gericht beweisen, was ihr schwer fallen dürfte.
Zu Ihrer zweiten Frage:
Das Unternehmen könnte nur dann Schadensersatzansprüche gegen Sie geltend machen, wenn Sie schuldhaft vorzeitig den Arbeitsvertrag beendet hätten und dem Arbeitgeber ein Schaden entstanden wäre, der bei vertragsgemäßer Einhaltung der Kündigungsfrist nicht entstanden wäre.
Da hier meines Erachtens schon kein Arbeitsvertrag zustande gekommen ist, liegt in Ihrer Absage am selben Tag des Telefonats auch keine vorzeitige Beendigung eines Arbeitsvertrags. Einem Schadensersatzanspruch des Unternehmens fehlt hier also schon die entscheidende Voraussetzung.
Außerdem wäre auch schon fraglich, welcher Schaden dem Unternehmen durch Ihre Absage entstanden sein sollte.
Dies wären bestenfalls die Portokosten für die Absagen an die anderen Bewerber, wenn die Absagen schriftlich erfolgt sind. Dass kein anderer der übrigen Bewerber nun mehr wegen der Absage durch das Unternehmen doch wieder zur Verfügung steht und deshalb Kosten durch eine neue Ausschreibung der Stelle und neue Bewerbungsgespräche entstehen werden, ist sehr unwahrscheinlich.
Da bei Einhaltung der Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 BGB
, (wenn tatsächlich ein Vertrag zustande gekommen wäre) dem Unternehmen dieselben Kosten für Porto und eine eventuelle Neuausschreibung entstehen würden, läge in diesen Kosten schon kein Schaden, der von Ihnen zu ersetzen wäre.
Damit sind Sie dem Unternehmen nicht zum Schadensersatz verpflichtet.
Ich möchte Ihnen raten, nicht noch (vorsorglich) zu kündigen, da eine solche Kündigung von der Gegenseite dahingehend ausgelegt werden könnte, dass Sie doch der Ansicht sind, dass im Telefonat ein Arbeitsvertrag zustande gekommen ist. Vielmehr sollten Sie abwarten, ob das Unternehmen tatsächlich rechtlich gegen Sie vorgeht, allenfalls könnten Sie dem Unternehmen mitteilen, dass nach Ihrer Ansicht kein Arbeitsvertrag in dem Telefongespräch geschlossen wurde.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick gegeben zu haben und stehe Ihnen gerne weiterhin insbesondere im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion zur Verfügung.
Zum Abschluss möchte ich Sie noch hierauf hinweisen:
Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Ihren Angaben beruht, handelt es sich lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhalts.
Diese Einschätzung kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen.
Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
Sollte das Unternehmen tatsächlich rechtliche Schritte gegen Sie einleiten und von Ihnen Schadensersatz verlangen, vertrete ich Sie gerne im Rahmen eines Mandats.
Eine Mandatsausführung kann unbeachtlich der örtlichen Entfernung erfolgen und eine Informationsweiterleitung ist dann per E-Mail, Post , Telefon oder Fax möglich.
Mit freundlichen Grüßen,
Rechtsanwältin Gesine Mönner
Sehr geehrte Frau Mönner,
vielen Dank für die ausführliche(!) Antwort! Ich möchte nur kurz noch einmal einige Dinge konkretisieren, und fände es sehr nett, wenn Sie kurz noch einmal antworten könnten ;-)
Ein mündlicher Vertrag als solches stand zwar nie zur Debatte. Mein Problem ist eben, dass wir in dem "einigenden" Telefongespräch den letzten offenen Punkt - die Finanzen - geklärt hatten. Ansonsten war alles geklärt, zumal ich einen ersten Vertrag (den ich aber nicht unterschrieb) zuhause habe und gesagt habe dass ich mit den anderen Punkten einverstanden bin. Außerdem habe ich gesagt, dass ich "bei Ihnen auf jeden Fall anfange, wenn Sie das so in den Vertrag reinschreiben". Daraufhin wurde das vom Unternehmen getan und abgeschickt. Demnach wurden meine "Bedingungen" doch erfüllt :o(, was bei mir eben die Befürchtung auslöste, sie könnten das eben jetzt als mündliches Arbeitsverh. auslegen.
Mit der Kündigung, meinte ich das so: In etwa hätte ich formuliert: "Meines Erachtens ist bei unserem Gespräch am x.x. kein mündlicher Vertrag zustande gekommen. Sollte das aus ihrer Sicht anders sein, und ein Vertrag besteht, kündige ich diesen hiermit fristgerecht / ordentlich zum 1.9.2009." Würde ich mich damit angreifbar machen?
Denn selbst wenn sie es irgendwie gebacken kriegen, mir ein mündliches Arbeitsverhältnis aufzubrummen: Mit dieser Kündigung wäre ich doch in jedem Fall aus dem Schneider, denn dann habe ich es doch sowieso fristgerecht gekündigt, oder?
Meine Sorge ist, dass wenn ich jetzt abwarte, die Firma mit Absicht erst dann aktiv wird, wenn die Frist von einem Monat nicht mehr eingehalten werden kann und ich dann keine Chance mehr habe, fristgerecht zu kündigen.
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Nachfrage möchte ich wie folgt beantworten:
Mit meiner Antwort hatte ich Ihnen ein Argument gegeben, warum aus meiner Sicht in dem fraglichen Telefonat schon kein Arbeitsvertrag zustande gekommen ist. Ein Schadensersatzanspruch würde hier, wie ich bereits gesagt hatte, einmal an dem fehlenden Vertrag wegen der Bedingung der Aufnahme der Änderung in den schriftlichen Arbeitsvertrag scheitern, aber auch (!) an einem fehlenden Schaden, da die Kosten, die Ihrem „Arbeitgeber“ möglicherweise durch Ihre Absage entstanden sind, ihm auch entstanden wären, wenn Sie fristgerecht gekündigt hätten.
Wenn Sie sich sicherer fühlen, dann können Sie die von Ihnen vorgeschlagene Formulierung der Mitteilung, dass Ihrer Meinung nach kein Arbeitsvertrag zustande gekommen ist, Sie aber vorsorglich fristgerecht kündigen, falls doch ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sein sollte, wählen. Den von Ihnen vorgeschlagenen zweiten Satz „Sollte das aus Ihrer Sicht anders sein, und ein Vertrag besteht...“ würde ich allerdings dahingehend umformulieren, dass nicht auf die Ansicht der Gegenseite abgestellt wird, sondern nur gesagt wird, „falls ein Arbeitsverhältnis zustande gekommen sein sollte, kündige ich dieses hiermit vorsorglich fristgerecht.“
Ich hatte Ihnen von der Kündigung abgeraten, weil Sie so vielleicht der Gegenseite erst die Idee geben, dass hier möglicherweise schon mündlich ein Vertrag zustande gekommen sein könnte und Sie so den Eindruck bei der Gegenseite erwecken könnten, dass Sie selbst auch davon ausgehen, dass hier ein mündlicher Vertragsschluss vorliegt.
Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.
Mit freundlichen Grüßen,
Rechtsanwältin Mönner