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Mitarbeiterin kündigt und lässt sich gleichzeitig krankschreiben

| 25. Juli 2011 22:42 |
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Arbeitsrecht


Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin,
sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,

ich benötige Ihre Einschätzung zu folgendem Sachverhalt:

Wir haben in diesem Monat eine junge Rechtsanwaltsfachangestellte als Sekretärin eingestellt. Hauptaufgabe war es (das war bei Abschluss des Arbeitsvertrages auch bekannt) meine Schreiben als Geschäftsführer nach Phonodiktat zu fertigen und verschiedene Büroarbeiten einschließlich Telefondienst in meinem Vorzimmer zu erledigen.

Alle anfallenden Arbeiten erledigte die Dame bis letzte Woche ohne Beanstandung.

Am Donnerstag letzte Woche fragte sie mich, ob es in Ordnung wäre, wenn sie am Freitag für 2 Stunden abwesend sei, weil ihre Berufsschule einen Abschlussgottesdienst veranstalten wolle. Ich stimmte natürlich zu und bat ihr sogar an, den gesamten Freitag frei zu nehmen, was sie auch dankend annahm.

Heute Morgen (Montag) rief sie meinen Prokuristen an und teilte diesem mit, dass es ihr schlecht ginge und sie deshalb nicht zur Arbeit erscheinen könne. Auf Nachfrage erklärte sie, dass sie Morgen (Dienstag) wieder im Büro sei.

Heute Abend erhielt mein Prokurist dann plötzlich eine SMS mit dem Inhalt: "Ich komme Morgen auch nicht. Im Briefkasten liegt eine AU-Bescheinigung und ein Brief für euch."

In dem Brief kündigt sie das Arbeitsverhältnis zum 08.08.2011. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung geht bis zum 10.08.2011 (!!!).

Außerdem steht in dem Brief:

"Als junger Mensch, suche ich eine Stelle in der ich mich weiterentwickeln kann. Ich bedauere, dass die Anstellung bei Ihnen nicht meinen Vorstellungen entsprach."

Mir ist nun folgendes klar geworden:

Auf Nachfrage bei der Berufsschule konnten wir in Erfahrung bringen, dass am Freitag keine Abschlussfeier war. Insoweit gehen wir davon aus, dass sie den Freitag für ein Bewerbungsgespräch nutze (sie hatte sich bei uns uns einigen anderen Unternehmen bzw. Kanzleien im Vorfeld beworben). Nun hat sie wohl durch das Vorstellungsgespräch am Freitag eine andere Anstellung gefunden.

Dagegen ist ja auch nichts einzuwenden. Gleichwohl hätte man mit offenen und vor allem fairen Karten spielen können.

In dem Arbeitsvertrag ist u.a. eine Vertragsstrafe in Höhe von einem halben Montabruttogehalt bei schuldhafter Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Einhaltung der Kündigungsfrist vereinbart.

Bin ich völlig hilflos und muss das Gehalt bis zum 08.08.2011 (ihr Gehalt für Juni hat sie ja noch nicht erhalten) weiterzahlen und habe quasi Pech oder habe ich eine Möglichkeit, den Bestand der AU anzufechten und die Vertragsstrafe geltend zu machen?

Die AU in Verbindung mit dem Schreiben der Dame ist völlig offensichtlich. Sie hatte (teilte das ja per SMS mit) nichtmal den Mut, ihren Entschluss mitzuteilen und hat sich nun 2 Wochen krank schreiben lassen, um bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses nicht mehr arbeiten zu müssen. Mir ist natürlich bewusst, dass die Arbeitsgerichte gemeinhin sehr arbeitnehmerfreundlich entscheiden...

Trotzdem möchte ich mir das natürlich alles nicht gefallen lassen!

Welche Möglichkeiten habe ich? Was empfehlen Sie?

Sehr geehrter Ratsuchender,

Ihre Anfrage kann ich Ihnen anhand Ihrer Angaben und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten.

Als Arbeitgeber haben Sie grundsätzlich die Möglichkeit, von der Krankenkasse Ihrer Noch-Arbeitnehmerin zu verlangen, dass diese zur Arbeitsunfähigkeit der Mitarbeiterin eine Stellungnahme des medizinischen Dienstes der Krankenkassen einholt.

Dies ergibt sich aus § 275 Abs. 1a S. 3 SGB V .

Dies gilt allerdings nur dann, wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit bestehen.

Solche Zweifel bestehen nach dem Wortlaut des Gesetzes insbesondere dann, wenn der Arbeitnehmer sehr häufig oder im wieder zu Beginn und Ende einer Arbeitswoche krank wird.

Allerdings dürften auch in Ihrem Fall aufgrund der Gesamtumstände objektiv erhebliche Zweifel an einer tatsächlich bestehenden Arbeitsunfähigkeit bestehen.

Eine Stellungnahme des medizinischen Dienstes der Krankenkasse können Sie allerdings dann nicht verlangen, wenn sich der Grund für die Arbeitsunfähigkeit eindeutig aus Unterlagen ergibt, die der Krankenkasse vorliegen.

Ob dies der Fall ist, erfahren Sie allerdings nur, wenn Sie die Krankenkasse zu einer solchen Stellungnahme auffordern.

Sofern dann durch ein Gutachten des medizinischen Dienstes der Krankenkassen festgestellt wird, dass keine Arbeitsunfähigkeit vorliegt, hätten Sie einen Schadenersatzanspruch gegen die Arbeitnehmerin in Höhe des Gehalts für den Zeitraum, in dem Sie nicht gearbeitet hat, obwohl sie es hätte tun müssen.

Sofern Ihre Arbeitnehmerin nicht freiwillig zahlt, müssten Sie diese dann verklagen.

Grob geschätzt wären Sie wahrscheinlich noch mindestens ein Jahr mit der Angelegenheit beschäftigt und würden auch noch Geld ausgeben müssen (z.B. Gerichtskosten).

Abgesehen davon ist auch nicht vorhersehbar, wie das Gutachten des medizinischen Dienstes ausfällt.

Im Grunde müssen Sie sich also nicht alles gefallen lassen, aber die Durchsetzbarkeit Ihrer Ansprüche dürfte sehr langwierig sein, so dass Sie sich überlegen sollten, ob Sie diesen zusätzlichen Stress auf sich nehmen wollen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meiner Antwort einen Einblick in die Rechtslage verschaffen konnte und verbleibe

Rückfrage vom Fragesteller 25. Juli 2011 | 23:30

Sehr geehrter Herr Bade,

vielen Dank für Ihren kompetenten Rat zu später Stunde.

Ist es auch möglich, dass ich die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aufgrund der genannten Umstände als bestandslos werte und der Dame nun für die entsprechenden 14 Tage kein Gehalt zahle, so dass sie mich verklagen muss?

Ich gebe zu bedenken, dass sie heute Morgen selbst noch davon ausging, am nächsten Tag wieder arbeiten zu können. Eine Krankschreibung von 14 Tagen ist völlig haltlos.

Ist es nicht so, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch solche objektiven Umstände erschüttert werden kann, so dass der Arbeitnehmer in der Beweispflicht ist? Leider ist es ja so, dass fast jeder Hausarzt auf Wunsch x-beliebig-lange krank schreibt, für mich als Arbeitgeber führt dies zu einem elementaren Schaden.

Ich finde, dass das Verhalten der Dame an Betrug grenzt. Aus Ihrem Schreiben ging schließlich hervor, dass Sie keine "Lust" mehr hatte, bei uns zu arbeiten. Dem wird dann eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bis zum Ende der Kündigungsfrist beigefügt.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 25. Juli 2011 | 23:42

Sehr geehrter Ratsuchender,

versuchen können Sie das natürlich auch auf diese Weise.

Wenn Sie dann allerdings verklagt werden würden, dann würde die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zunächst als Beweis für die tatsächliche Arbeitsunfähigkeit angesehen werden.

Die Umstände lassen sicher erhebliche Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit aufkommen aber ganz entkräften können diese Zweifel die Beweiskraft der Bescheinigung nicht.

Die Chancen, dass ein Gericht Ihrer Argumentation folgt stehen meiner Auffassung nach nicht besser als 50:50 (Stichwort: Arbeitnehmerfreundlichkeit) auch wenn ich persönlich Ihnen folgen würde.

Sollte das Gericht aber ein Gutachten zum Nachweis der Arbeitsfähigkeit als erforderlich ansehen, so dürfte dies aufgrund des Zeitablaufs gar nicht mehr erstellbar sein. Folge davon wäre, dass Sie Ihren Standpunkt nicht beweisen könnten.

Mit freundlichen Grüßen

Bade
Rechtsanwalt

Bewertung des Fragestellers 25. Juli 2011 | 23:46

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Sehr kompetenter und freundlicher Rat und das fast mitten in der Nacht. Sehr zu empfehlen. Vielen Dank!

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