Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Als EU-Bürger genießen Sie das Recht auf Freizügigkeit innerhalb der Länder der Europäischen Union. Dieses folgt aus Artikel 45
des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Damit steht es Ihnen frei, sich aus Deutschland in Ihr Heimatland oder ein weiteres EU-Land zu begeben, dort zu wohnen und Arbeit neu zu suchen.
2. Wie Sie schildern, besteht bereits ein Aufhebungsvertrag zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber. Dieser hat Sie von der Erbringung Ihrer Arbeitsleistung freigestellt. Im Arbeitsvertragsrecht, also dem Rechtsverhältnis zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber, bedeutet diese Freistellung: Wenn sich der Arbeitgeber den Widerruf der Freistellung vorbehalten hat, könnte er jederzeit Sie zur erneuten Arbeitsaufnahme auffordern. Sie wären dann zur Erbringung dieser Arbeitsleistung verpflichtet, um weitere Lohnzahlungen zu erhalten.
Ist die Freistellung dagegen unwiderruflich, dann behalten Sie, obwohl Sie nicht mehr Ihre Arbeit erbringen, bis zum Ende des Arbeitsvertrages Ihre Vergütungsansprüche. In diesem Falle ändert ein Wegzug von Ihnen aus Deutschland nichts an der zivilrechtlichen Verpflichtung des Arbeitgebers, die zugesagte Vergütung und auch die Abfindung an Sie zu bezahlen. Denn er erwartet nicht von Ihnen das weitere Anbieten Ihrer Arbeitskraft. Daher können Sie diese Zeit bis zum Ende des Arbeitsvertrages nutzen, wie Sie mögen; allerdings gelten gesonderte Regeln etwa bei einem neuen Arbeitsverhältnis, das Sie während der Freistellung antreten (hier kann es zu Lohnanrechnungen aus dem neuen Arbeitsverhältnis kommen) oder bei einem arbeitsvertraglich geregelten Wettbewerbsverbot.
3. Der Arbeitgeber ist weiterhin verpflichtet, Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben wie bislang auch bei der Lohnabrechnung einzubehalten. Dies wird Ihr Arbeitgeber auch im Falle Ihres Wegzuges in das EU-Heimatland wie bisher handhaben und nicht verändern. Es ist dann eine gesonderte Frage, wie mit der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2015 von Ihnen umgegangen werden muss.
Im Ergebnis:
Arbeitsrechtlich, gerade mit Blick auf die vertraglich geschuldeten Lohn- und Abfindungszahlungen, ändert Ihre Mietwohnungskündigung und ein Wohnsitzwechsel ins Ausland nichts an dem zivilrechtlichen Anspruch gegen den Arbeitgeber. Sie erschweren sich also durch den Wegzug nicht die Erlangung der Vergütung/Abfindung.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Hans-Jochen Boehncke
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Rechtsanwalt Hans-Jochen Boehncke
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Sehr geehrter Herr Boehncke,
Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
Ich habe noch eine Nachfrage, de es mir noch nicht klar ist was die Konsequenzen sein könnten falls ich wegziehe und es steht mehr als ein halbes Jahr Gehalt auf dem Spiel, die ich wegen guter Arbeit verdient habe.
Soviel ist also klar von Ihrem Schreiben, dass mein Anspruch bestehen bleibt gegenüber meinen Arbeitgeber und die auch mein Gehalt weiter zahlen muss. De jure haben Sie also recht, aber de facto ist die Frage wie sich das praktisch abspielt.
Es ist mir also noch nicht klar, WIE er es machen kann wenn ich wegziehe und keine Meldeadresse mehr haben werde. Und das ist hier die Frage eigentlich: wenn der Arbeitgeber mir zahlen möchte aber beim Bezirksamt habe ich mich abgemeldet, bedeutet das doch dass ich nach Abmeldung nicht mehr in Deutschland arbeitsbezogenes Gehalt erhalten kann, denn ich habe die benötigte Voraussetzungen nicht mehr (z.B. Steueridentifikationsnummer), die erforderlich waren zum Arbeitnehmerstatus als ich nach Deutschland zog? Und damit kann mein Arbeitgeber also auch mein Gehalt nicht auszahlen, denn ohne fiskale Grundsatz (Steuernummer) kann er doch nicht zahlen, oder? Es erscheint mir dass es nicht nur in dem Umgang mit der Einkommensteuererklärung Fragen offen bleiben, sondern auch bezüglich der Auszahlung selber.
Das selbe gilt für meine Sozialversicherung und Rentenversicherung, die nicht weiterlaufen, oder liege ich da falsch?
Übrigens bin ich unwiderruflich freigestellt worden mit Abrechnung der verbleibenden Urlaubstagen usw., das wird also keine Rolle spielen.
Vielen Dank für eine vollstaendige Antwort bezüglich das Verfahren in diesem Fall.
Mit freundlichen Grüssen
Sehr geehrter Herr Fragesteller,
zu Ihrer Nachfrage darf ich folgende weitere Informationen erteilen:
1. Durch die unwiderrufliche Freistellung bleibt, obwohl Sie keine Arbeits-leistung mehr erbringen müssen, das Arbeitsverhältnis bis zu seinem ver-einbarten Beendigungszeitpunkt wirksam bestehen.
2. Da Ort der Erfüllung des Arbeitsverhältnisses Deutschland ist, muss die Lohnzahlung hier versteuert werden. Der Arbeitgeber nutzt wie bisher auch die vorhandenen Sozialdaten, um diese Steuer abzuführen. Dieses, obwohl Sie keine Arbeitsleistung am Erfüllungsort erbringen.
3. Seit März 2009 steht rechtssicher fest, dass trotz der unwiderruflichen Freistellung eine weitere (Pflicht-)Versicherung in den Sozialversicherun-gen (z.B. der Krankenkasse) besteht. Daher sind wie bislang auch die Bei-träge vom Arbeitgeber an diese abzuführen. Denn das Vertragsverhältnis besteht rechtlich so fort und ist daher auch entsprechend abzurechnen.
4. Den Nettolohn hat Ihr Arbeitgeber wie bislang auch an Sie fristgerecht zu zahlen. Soweit ich Sie verstanden habe, verbleibt es bei einer inländi-schen Bankverbindung, so dass der Arbeitgeber dieses weiterhin veranlas-sen kann.
5. Hinsichtlich Ihres Anspruches auf die Lohnfortzahlung selbst wie auch auf die Nettoauszahlung kann arbeitsrechtlich keine Beeinträchtigung durch einen Wohnsitzwechsel ins Ausland stattfinden. Insbesondere ist für diese bereits begründeten vertraglichen Ansprüche nicht erforderlich, dass Sie noch wie zu Beginn der Vertragsanbahnung und des Vertragsabschlusses Ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland begründet haben.
6. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass im Rahmen dieser arbeitsrechtli-chen Beantwortung wegen der Sozialversicherungskomponente nur ange-regt werden kann, sich mit Ihrer bisherigen Krankenversicherung in Ver-bindung zu setzen und etwa über einen (ggf. befristeten) Fortbestand der Versicherung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu sprechen. Dass ein solcher bestehen bleiben muss, folgt aus dem tatsächlich noch wie bis-her bestehenden Arbeitsvertrag, welcher Sie lediglich der Pflicht zur Er-bringung der Arbeitsleistung enthebt.
Diese weitere Antwort scheint gestern technisch nicht an Sie weitergegangen zu sein. ich hoffe, das Sie nun erreicht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Hans-Jochen Boehncke
Rechtsanwalt