Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Ich möchte diese anhand des geschilderten Sachverhaltes im Rahmen dieser Erstberatung wie folgt beantworten:
Bei der Zielvereinbarung handelt es sich um eine leistungsbezogene Vergütung und damit um geschuldetes Entgelt im Sinne des § 611 BGB
. Demzufolge darf das vorzeitige Ausscheiden eines Arbeitsnehmers wie bei Ihnen nicht dazu führen, dass der Anspruch auf die Zielvereinbarung vollständig verloren geht, zumal bei Ihnen der Arbeitgeber die Fortzahlung der Vergütung für die Zeit der Freistellung vollständig zugesichert hat. Die Rechtsprechung begründet dies damit, dass ein Arbeitnehmer auch während der Freistellungsphase seinen Anspruch auf Zahlung der Vergütung gemäß Zielvereinbarung behalten muss, da dieser sonst faktisch gezwungen wäre, eine Eigenkündigung lediglich zum Ende des Bezugszeitraums, also in der Regel erst zum Jahresende, auszusprechen. Dies würde nach der Rechtsprechung für den Arbeitnehmer eine unzulässige Kündigungserschwerung darstellen, so dass unter Heranziehung von § 622 Abs.6 BGB
auch ein Wegfall der Zielvereinbarungsvergütung bei vorzeitigem Ausscheiden unzulässig wäre (vgl. ArbG Wiesbaden, Urteil vom 19.12.2000, Az. 8 Ca 1897/00
).
Da Ihr Arbeitgeber zudem eine Freistellung unter Lohnfortzahlung ausgesprochen hat, können Sie sich als Mitarbeiter dieser einseitigen Gestaltungsmaßnahme nicht entziehen, so dass es allein in der Risikosphäre des Arbeitgebers liegt, dass die Zielerreichung nicht erfolgt. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber auch aus diesem Grund dieses Risiko allein zu tragen hat, weshalb in die gesamte Dauer der Freistellung die Bemessung des Bonus einbezogen werden muss. Selbst eine anteilige Kürzung des Zielbonus für die Zeit der Freistellung kann nicht erfolgen, da diese eben auf einer einseitigen Erklärung des Arbeitgebers beruht. Verzichtet nämlich ein Arbeitgeber wie bei Ihnen für die Zeit nach Ausspruch der Kündigung auf die Entgegennahme der Arbeitsleistung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, so bleibt er rechtlich gemäß § 615 BGB
zur Zahlung der gesamten Vergütung verpflichtet, worunter eben auch der Zielbonus fällt. Denn nach § 615 BGB
kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung auch dann verlangen, wenn die Arbeit ausfällt. Der Arbeitgeber trägt das Risiko des Arbeitsausfalls. Zur Nachleistung der Arbeit ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 09. Juli 2008 - 5 AZR 810/07
-).
Im Ergebnis haben Sie somit auch während der Freistellung vollen Anspruch auf das variable Gehalt, so dass auch die für 2010 bereits ausgezahlten variablen Gehaltsbestandteile nicht wieder zurückgefordert oder in irgendeiner Form in Abzug gebracht oder verrechnet werden können.
Zusätzlich möchte ich Sie außerdem noch darauf hinweisen, dass Sie unter Umständen auch alternativ noch einen Schadensersatzanspruch gegen den Arbeitgeber wegen der fehlenden Zielvereinbarungen 2009 und 2010 geltend machen könnten. Denn unterbleibt eine Zielvereinbarung im gesamten Kalenderjahr aus Gründen, die der Arbeitgeber zu vertreten hat, kann der Arbeitnehmer Schadensersatz verlangen, über dessen Höhe ein Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung entscheidet (vgl. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Dezember 2007 - 10 AZR 97/07
-).
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick verschaffen und meine Ausführungen helfen Ihnen weiter.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Joschko
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 17.05.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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