Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
gerne nehme ich zu Ihrer Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Angaben und Ihres Einsatzes wie folgt Stellung:
Sie schreiben, dass Ihnen Ihre Chefin „aus finanziellen Gründen" fristlos kündigen wolle. Ihre Chefin würde damit einen betriebsbedingten Grund für die Kündigung geltend machen.
Allerdings ist es so, dass betriebsbedingte Gründe grundsätzlich KEINE außerordentliche (fristlose) Kündigung rechtfertigen. Denn der Wegfall des Arbeitsplatzes und die Nichtverwertbarkeit des Arbeitsergebnisses sind Teil des Betriebs- und Wirtschaftsrisikos des Arbeitgebers, das er nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen darf.
In ganz engen Ausnahmefällen kann die außerordentliche Kündigung zulässig sein, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unmöglich oder dem Arbeitgeber unzumutbar ist. Dies müsste auf Grund einer umfassenden Interessenabwägung festgestellt werden, wobei es im Streitfall am Arbeitgeber läge, die Unzumutbarkeit darzulegen und zu beweisen.
Die Behauptung Ihrer Chefin, wo nach sie als Kleinbetrieb von vornherein keine Kündigungsfrist einhalten müsse, ist jedenfalls falsch.
Wenn ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung nicht vorliegen sollte, käme nur eine ordentliche Kündigung unter Einhaltung der im Arbeitsvertrag vereinbarten Kündigungsfrist in Betracht. Ist keine Kündigungsfrist vereinbart, gilt die gesetzliche Kündigungsfrist, die nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelt ist und in Ihrem Fall 5 Monate betragen würde (§ 622 Abs. 2 Nr. 5 BGB
). Das bedeutet, dass die (ordentliche) Kündigung frühestens zum 31.12.2011 ausgesprochen werden könnte.
Ob die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte (außerordentliche oder ordentliche) Kündigung vorliegen würden, lässt sich aus der Ferne natürlich nicht beurteilen. Ich empfehle Ihnen jedenfalls, dies anwaltlich prüfen zu lassen, sobald die Kündigung ausgesprochen wurde. Wenn Sie der Ansicht, dass die Voraussetzungen nicht vorliegen, müsste dann innerhalb von 3 Wochen ab Zugang der Kündigung Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben werden. Da es für den Arbeitgeber in der Regel aufwändig ist, eine betriebsbedingte Kündigung zu begründen, kann auf diesem Wege oftmals durch einen Vergleich eine Abfindung erlangt werden.
Ihnen und Ihrer Chefin steht es natürlich auch frei, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich durch einen Aufhebungsvertrag zu jedem beliebigen Zeitpunkt zu beenden. Im Gegenzug könnten Sie sich dann die Zahlung einer angemessenen Abfindung versprechen lassen. Auch den Aufhebungsvertrag sollten Sie vor Unterzeichnung anwaltlich prüfen lassen.
Ich hoffe, Ihnen hiermit einen ersten Überblick über die Rechtslage verschafft zu haben, und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Felix M. Safadi
Rechtsanwalt
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Allgemeine Hinweise:
Bitte erlauben Sie mir noch den obligatorischen Hinweis, dass es sich bei dieser Antwort lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des allein auf Ihren Angaben basierenden Sachverhalts handelt. Eine solche ERSTberatung kann und will eine umfassende Begutachtung und den Gang zum Anwalt nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen weiterer Angaben kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
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