Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Eine fristlose Kündigung der Mitarbeiter dürfte schwierig werden. Diese wird bei einem betriebsbedingten Kündigungsgrund, der in Ihrem Fall ja vorliegt, nur dann als zulässig angesehen, wenn eine ordentliche, also fristgerechte Kündigung überhaupt nicht möglich ist, was in manchen Tarifverträgen für ältere langjährige Mitarbeiter vorgesehen wird. Aber auch in diesen Fällen wäre eine Kündigungsfrist als sog. Auslauffrist einzuhalten (BAG NZA 2002, 963
). In seiner Entscheidung vom 31.01.2008, 8 AZR 2/07
, hat das Bundesarbeitsgericht ausgeführt, dass dem Arbeitgeber bei dringenden betrieblichen Erfordernissen die Einhaltung der Kündigungsfrist zumutbar ist. Auch das Landesarbeitsgericht in Düsseldorf hat in einer recht neuen Entscheidung ausgeführt, dass selbst die drohende Insolvenz kein Grund für eine außerordentliche Beendigungskündigung sei (LAG Düsseldorf vom 23.11.2011, 12 Sa 982/11
).
Es müsste somit für jeden Mitarbeiter die richtige Kündigungsfrist ermittelt werden durch Nachschau in den Arbeitsverträgen und einem ggf. einschlägigen Tarifvertrag. Diese kann bis zu sieben Monaten betragen.
Zudem müsste geprüft werden, ob jemand Sonderkündigungsschutz genießt etwa wegen Schwerbehinderung, Schwangerschaft oder Betriebsratstätigkeit, usw.
Ein etwaig vorhandener Betriebsrat müsste angehört werden, danach müssten die Kündigungen nachweisbar zugestellt werden.
Falls entgegen Ihrer Aussage doch mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt sind, ist eine Massenentlassungsanzeige einzuholen.
Aufgrund der Einhaltung der Kündigungsfrist müsste dann auch Lohn fortgezahlt werden, auch wenn der Betrieb ggf. schon eingestellt ist. Eine Abfindung muss bei einer wirksamen Kündigung grundsätzlich nicht gezahlt werden, und die Stilllegung des Betriebes stellt nach der Rechtsprechung einen anerkannten Kündigungsgrund dar, allerdings wie geschildert unter Einhaltung der Kündigungsfristen. Da aber die Darlegungs- und Begründungslast für Arbeitgeber beim Arbeitsgericht regelmäßig sehr hoch ist, sollten sich vorab anwaltlichen Rat einholen. Dies ist kein Projekt, dass Sie alleine bewerkstelligen könnten, auch wenn ich Ihnen schon einmal einiges Stichpunkte genannt habe.
Auch müssten Sie zusammen mit Ihrem Steuerberater prüfen, inwiefern Überschuldung und/oder Zahlungsunfähigkeit vorliegt, so dass Sie ggf. verpflichtet sind Insolvenzantrag stellen. Der Verstoß gegen diese Pflicht führt zur persönlichen Haftung und auch zu strafrechtlichen Ermittlungen gegen den oder die Geschäftsführer.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Elke Scheibeler, Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler
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Rechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Sehr geehrte Frau Dr. Scheibeler,
danke für die Auskunft.
Meine Frage zielte aber direkt auf den Umstand, ob die Gefahr einer Zahlung in Form einer Abfindung zu befürchten ist.
Im Betrieb sind zur Zeit 17 Mitarbeiter (Gesamt),
keine Schwerbehinderten.
Eine fristlose Kündigung lag nicht im Blickwinkel.
Die Kündigungsfristen würden eingehalten (z.T. bis 7 Monate und wären bei Beendigung zum 31.3.2013 und Kündigung Okt. 2012 laufend).
Wie sehen Sie die Sache in Blick auf Abfindungsansprüche?
Vielen Dank für Ihre Bemühungen,
mit freundlichen Grüßen
U. Grothe
Sehr geehrter Fragesteller,
wie bereits mitgeteilt, führt eine wirksame Kündigung nicht dazu, dass eine Abfindung zu zahlen ist. Diese wird nur dann gezahlt, wenn das Risiko der Unwirksamkeit der Kündigung besteht und sich der Arbeitgeber dieses Risiko im Vergleichswege durch Zahlung einer Abfindung abkaufen lässt.
Die Stilllegung des Betriebs stellt einen anerkannten Grund für die Kündigung dar, so dass vom Grundsatz her gute Aussichten bestehen könnten, keine Abfindungen zahlen zu müssen. Da die Anforderungen an den Arbeitgeber hoch sind, man also schlüssig den Stilllegungsbeschluss und die konsequente Umsetzung vortragen und beweisen muss, besteht die Gefahr trotz Bestehen eines wirksamen Kündigungsgrundes "an sich" den Prozess zu verlieren, so dass dann ggf. doch eine Abfindung verhandelt werden muss. Die Arbeitsgerichte sind hier sehr kritisch, die Anforderungen hoch. Daher nochmals mein Rat, sich von einem Anwalt bei dem Prozess begleiten zu lassen.
Wenn Sie hier sauber arbeiten, besteht die Chance, dass Sie keine Abfindungen zu zahlen haben, sondern etwaige Kündigungsschutzklagen gewinnen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Scheibeler