Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne wie folgt beantworten möchte:
1. Die Garantie ist eine freiwillige Zusatzleistung des Herstellers und hat mit der gesetzlichen Mängelgewährleistung unmittelbar nichts zu tun. Die Garantie ist hiervon auch unabhängig zu betrachten. Das bedeutet aber zugleich, dass die Garantie im Einzelfall gewissen Einschränkungen unterliegen kann, also gegebenenfalls Einschränkungen bei der Ersatzfähigkeit von einzelnen Komponenten.
2. Sie haben gegen den Verkäufer folglich nach wie vor die gesetzlichen Ansprüche aus der Sachmangelgewährleistung, die von der Garantie unabhängig sind. Problematisch könnte es hier allerdings werden, dass ein Sachmangel im Sinne des Gesetzes „bei Gefahrübergang" vorliegen muss (§ 434 Abs. 1 BGB
). Gefahrübergang ist entweder die Übergabe der Sache oder – beim Versendungskauf – die Übergabe an das Postunternehmen. Da dieser Zeitpunkt bereits seit 1 ¾ Jahren zurückliegt, liegt die Beweislast dafür, dass der Sachmangel bereits bei Übergabe vorhanden war, bei Ihnen. Das ist aber eine Frage, die mit der Natur des Mangels oder den Ursachen für den konkreten Mangel zusammenhängt. Bei einem defekten Scharnier könnten gewisse Zweifel bestehen, ob es sich nicht um einen "normalen", qualitätsbedingten Materialverschleiß handelt. Nach Ihrer Schilderung hat der Verkäufer gegen seine Beseitigungspflicht hinsichtlich des Sachmangels zunächst keine Bedenken angemeldet, allerdings die Sache auch sofort an den Hersteller gesendet.
3. Im Hinblick auf die freiwillige Herstellergarantie müssten hier die Garantiebestimmungen im Einzelnen durchgesehen werden, um die Behauptung des Herstellers zu überprüfen, dass der konkrete Mangel von der Garantie nicht umfasst sei. Ohne Durchsicht der Garantiebedingungen wird sich diese Frage nicht beantworten lassen. Allerdings erscheint es mir nicht fernliegend, dass Verschleißteile wie Scharniere des Displays teilweise von der Garantie ausgenommen sind. Wie gesagt, das muss anhand der Bestimmungen geprüft werden.
4. Wegen der verlangten ,,Bearbeitungsgebühr" müssen hier ebenfalls die AGB / Garantiebestimmungen durchgesehen werden. Eine solche Gebühr wäre nur dann zu verlangen, wenn Sie einen kostenpflichtigen Reparaturvertrag, d.h. Werkvertrag, mit dem Hersteller abgeschlossen hätten, der diese Konditionen vorsieht. So wie ich Ihre Schilderung verstehe haben Sie jedoch immer deutlich gemacht, dass Sie von einer kostenfreien Garantieleistung ausgehen und gerade keinen kostenpflichtigen Vertrag abschließen wollten.
5. Ich würde Ihnen daher raten, dem Hersteller mitzuteilen, dass Sie keinen kostenpflichtigen Reparaturvertrag abgeschlossen haben und für eine kostenpflichtige Prüfung keinen Auftrag erteilt haben. Der Hersteller hätte vorher klar machen müssen, dass er außerhalb der Garantie handelt und Kosten entstehen. Mit diesen Argumenten sollten Sie die sofortige Herausgabe des Gerätes fordern.
6. Sollte dies nicht zum Erfolg führen, wären die beiden aufgeworfenen Fragen gegebenenfalls von einem Rechtsanwalt nach Durchsicht der Garantiebestimmungen / AGB zu klären. Sodann kann ein Rechtsanwalt den Hersteller anschreiben und zur Herausgabe auffordern.
Aufgrund des langen Zeitraums seit Gefahrübergang wird es aber auch fraglich sein, ob der Händler/Verkäufer sich auf eine Mangelbeseitigung ohne weiteres einlässt.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Schilling
-Rechtsanwalt-
Antwort
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