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Lärm und Unrat durch Veranstaltungen

4. Januar 2019 13:31 |
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Nachbarschaftsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Thomas Joerss

Hallo

Ich wohne in einem reinen Wohngebiet und über der Straße befindet sich eine Vereinseigene "Mehrzweckhalle" welche Regelmäßig für private und öffentliche Veranstaltungen (ca. 20 im Jahr) genutzt wird.
Leider wird man als Anwohner bei privaten Veranstaltungen nicht informiert und es kam schon des Öfteren vor, dass man freitags oder samstags vom Einkaufen etc. zurückkam und die komplette Straße zugeparkt war. gerne auch mal direkt vor der Einfahrt.
Durch die laute Musik (bis 2 Uhr morgens bei öffentlichen und auch mal länger bei privaten Veranstaltungen) und den Lärm durch die Besucher, der sich durchaus bis in die frühen Morgenstunden hinzieht ist an Schlaf an diesen Tagen nicht zu denken.
Gerade bei öffentlichen Veranstaltungen kommt es auch vor, dass - wie erst geschehen - um 4 Uhr morgens der Bühnenaufbau verladen oder die leeren Glasflaschen in den aufgestellten Containern entsorgt werden.
Die von den Besuchern mitgebrachten Flaschen, Dosen und sonstigen Getränkebehälter werden zwar unmittelbar vor der Halle nach den Veranstaltungen eingesammelt und entsorgt, auf meiner Seite jedoch oftmals nicht. Das Urinieren und erbrechen vor meinem Haus ist auch ein Ärgernis und bleibt meine Sache, da es ja nicht zur Halle gehört. Bei öffentlichen Veranstaltungen (speziell über Fasching) ist zwar eine Security und die Polizei anwesend, welche aber offenbar nur direkt für das Geschehen VOR der Halle verantwortlich zu sein scheint.
Eine Beschwerde diesbezüglich meinerseits an die Gemeinde blieb unbeantwortet. Es herrscht die Meinung vor, man sei schließlich "selbst schuld, wenn man dort wohnt. Da ist es eben so." Sicherlich wusste ich, dass es dort über Fasching dort hoch her geht als ich mir das Haus gekauft habe, doch konnte ich nicht ahnen, dass es im Laufe der Jahre immer schlimmer wurde. Speziell am Rosenmontag ist die Wohnung zwischen 11 Uhr morgens bis ca. 20 Uhr abends unbewohnbar, da dort auch nach offiziellem Umzugsende noch "Partywägen" mit überdimensionierter Musikanlage stehen und im ganzen Haus die Scheiben und Vitrinen wackeln.

Daher meine Frage: Muss ich das alles so hinnehmen? Welche Rechte habe ich als Anwohner bezüglich des Lärmes und des Drecks vor meiner Haustür? Sollte man als Anwohner nicht über private Veranstaltungen informiert werden? Von der Gemeinde erhalte ich diesbezüglich leider keine Auskunft.

Ich will hier nichts verbieten, sondern lediglich ein Mindestmaß an Ruhe erreichen.

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Frage, wie Sie ein Mindestmaß an Ruhe erreichen können und ob Ihnen insofern ein Recht bzw. ein Anspruch zusteht, möchte ich wie folgt beantworten:

Bei auftretenden von sehr lauten, die gesetzlichen Grenzwerte überschreitenden Lärmbeeinträchtigungen durch eine Halle auf einem Nachbargrundstück in einem Wohngebiet an mehr als zwanzig Tagen im Jahr steht Ihnen ein Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB zu, wonach dem Nachbarn grundsätzlich untersagt werden kann, die Halle so zu nutzen, dass durch die aus der Halle nach außen dringenden Geräusche oder durch die Geräusche des Besucherverkehrs auf dem Grundstück vor der Halle eine Geräuschbelastung in Ihrer Wohnung bzw. in Ihrem Haus tagsüber von mehr als 50 dB(A) und nachts zwischen 22:00 Uhr und 06:00 Uhr von mehr als 35 dB(A) auftritt, nachdem bezüglich besonderer Feste als seltene Ereignisse nur für maximal zehn Tage und nicht an mehr als an jeweils zwei aufeinander folgenden Wochenenden im Jahr Ausnahmeregelungen bestehen, in denen tagsüber und auch über die Zeit von 22:00 Uhr hinaus höhere Geräuschwerte zulässig sind.

Nachdem Sie schreiben, dass es Ihnen in erster Linie darum geht, ein Mindestmaß an Ruhe zu erreichen, kommt einerseits ggf. zunächst das Führen eines gemeinsamen Gespräches mit dem Nachbarn in Betracht, in dem man beispielsweise überlegen könnte, ob man die Dauer und Häufigkeit der lauten Musik durch Anpassung der Betriebszeiten beschränkt und durch besondere Maßnahmen den Lärm weiter verringern könnte, um die vorgegebenen Grenzwerte einzuhalten.

Bei einem Überschreiten der gesetzlichen Vorgaben kommt andererseits auch eine Geltendmachung des Anspruches durch einen Rechtsanwalt bzw. auf dem Verfahrensweg in Betracht.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt Thomas Joerss

Rückfrage vom Fragesteller 4. Januar 2019 | 19:43

Hallo
Wenn ich das richtig verstanden habe und die Gemeinde genehmigt, auch an mehreren Wochenenden hintereinander, Veranstaltungen bis 2 Uhr nachts bin ich da als Anwohner quasi machtlos und muss damit leben? Auch mit den ganzen Nebenwirkungen wie Unrat, rumgebrülle, hupen etc.?
Ich bin davon Ausgegangen, dass es diesbezüglich genaue Vorgaben bezüglich des Lärmes und der Nachtruhe gibt.
Wie schon geschrieben, stellt sich die Gemeinde gegenüber Nachfragen taub.

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 4. Januar 2019 | 21:07

Sehr geehrter Fragensteller,

vielen Dank für Ihre Nachfrage. Es kommt hauptsächlich darauf an, ob die gesetzlichen Vorgaben der TA-Lärm eingehalten oder überschritten werden sowie auf die Beurteilung der gesamten Umstände des konkreten Einzelfalls.

Tagsüber gelten in Wohngebieten die grundsätzlichen Grenzwerte von 50 dB(A) und nachts 35 dB(A). Diese Werte können für seltene Ereignisse (nicht mehr als 10 Tage oder Nächte im Jahr) erhöht werden, wobei die Grenze der zumutbaren Lärmbelästigung an diesen Tagen letztlich durch das zur Entscheidung über den Unterlassungsanspruch zuständige Gericht im Rahmen seiner tatrichterlichen Wertung festgelegt würde. Bei seltenen Ereignissen betragen die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in Wohngebieten tags 70 dB (A) und nachts 55 dB(A), wobei einzelne Geräuschspitzen am Tag um nicht mehr als 20 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 10 dB(A) überschreiten dürfen.

Zur Bestimmung der im Einzelfall zumutbaren Lärmbelästigung für seltene Ereignisse werden bei einer solchen Wertung u.a. berücksichtigt: Die grundsätzliche Pflicht zur Einhaltung der Nachtruhe ab 22:00 Uhr und dass Schallgeräte grundsätzlich nur in solcher Lautstärke betrieben werden dürfen, dass unbeteiligte Personen nicht erheblich belästigt werden, wobei hierbei ein hohes Gewicht beigemessen wird, der Charakter der Veranstaltung, ihr Ablauf, Dauer und Häufigkeit, die Nutzungsart und Zweckbestimmung sowie die Gesamtbelastung des beeinträchtigten Grundstücks während der Veranstaltung und durch andere seltene Störereignisse, ferner die zeitlichen Abstände dieser Ereignisse, der Zweck der Traditions- und Brauchtumspflege einer Feier oder eines Festes, wobei dies eine allgemeinen Ausnahme im Wege des Erlasses einer ordnungsbehördlichen Verordnung begründen kann, wobei in einem Einzelfall von den Anliegern jedenfalls an einem Tag bis Mitternacht ein deutlich höherer Beurteilungspegel hinzunehmen sein. Eine über Mitternacht hinausgehende erhebliche Überschreitung der Richtwerte wird demgegenüber in aller Regel nicht mehr als unwesentlich zu qualifizieren sein. Besteht an einer Veranstaltung ein öffentliches Interesse, so werden teilweise abgestufte Überschreitungen der vorgenannten dB (A)-Werte für wenige Einzelfälle (aber nicht mehr als zehn Tage) auch nach 24:00 Uhr (z.B. bis 24:00 Uhr bis 70 db(A), danach bis drei Uhr 60 d(B) A) zugelassen.


Es sollte daher bestenfalls geklärt werden, welchen Zweck die Veranstaltungen jeweils dienen, ob und welche Werte erreicht bzw. überschritten werden und wie an wie vielen Tagen ("..Veranstaltungen (ca. 20 im Jahr).."?) dies der Fall ist. Insofern nachweisbar die Werte der TA-Lärm auch für seltene Ereignisse und die dazu ergangenen Grundsätze überschritten würden bzw. diese Werte an mehr als zehn Tagen messbar wären, dürfte zumindest ein Vorgehen gegen einen Teil der Lärmbeeinträchtigungen erfolgsversprechend sein.

Mit freundlichen Grüßen

Rechtsanwalt Thomas Joerss

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