Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich gerne unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsangaben wie folgt beantworte:
Ich kenne ungeachtet ihrer Schilderung nicht alle Details des Betriebs und des Arbeitsverhältnisses, kann Ihnen aber eine rechtliche Einschätzung der Situation geben.
Zunächst einmal besteht ein Direktionsrecht des Arbeitgebers im Hinblick auf den Arbeitseinsatz:
„§ 106 Weisungsrecht des Arbeitgebers
Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen."
Wenn der Auszubildende nach Dienstplan/Schichtplan Freizeit hat, dann ist dies zunächst einmal vom Arbeitgeber zu respektieren und einzuhalten.
Dies gilt umso mehr, wenn der Auszubildende auch bereits familiäre Verpflichtungen angekündigt hat („Der Freund hat 2 wochen im vorhinaus ein Familienessen angekündigt und rechtzeitig seiner Supervisorin mitgeteilt, er will dieses Familienessen nicht absagen.")
Zu der Anweisung des Arbeitgebers: Es ist anerkannt, daß der Arbeitgeber in Notfällen (!) das Recht hat auch außerhalb der normalen bzw. vereinbarten Arbeitszeiten einen Dienst anzuordnen (z.B. Überstunden).
Allerdings ist dieses Recht eng begrenzt und unterliegt dennoch den sonstigen rechtlichen Grenzen bzw. es sind bei der Anweisung die rechtlichen Bestimmungen grundsätzlich zu beachten.
Hier erscheint zunächst ein „Notfall" fraglich, wenn die Situation schon häufiger vorgekommen ist („Der Kollege hat schon öfter diverse zusätzliche Schichten kurzfristig übernommen, dementsprechend leidet darunter seine Planungsentfaltung für seine Freie Zeit.").
Notfälle sind außergewöhnliche und unvorhergesehene Ereignisse die auch durch rechtzeitige Personalplanung und verantwortliche Organisation des Arbeitgebers nicht vermeidbar sind.
Nach ihrer Darstellung bestehen daher schon erhebliche Zweifel an dem Vorliegen eines Notfalls.
Weiterhin sind die von Ihnen erwähnten möglichen Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz zu berücksichtigen, wenn der Auszubildende der Aufforderung nachkommen würde („Am nächsten Tag hätte er regulär Schicht durch die Spätschicht wird die Ruhezeit von 11 Stunden unterschritten.")
Am wichtigsten erscheint mir jedoch ein möglicher Verstoß gegen das BBiG, wenn er die Anweisung befolgt.
Der Auszubildende darf nur Aufgaben ausführen, die dem Ausbildungszweck dienen (§ 14 Abs. 3 BBiG):
„(3) Auszubildenden dürfen nur Aufgaben übertragen werden, die dem Ausbildungszweck dienen und ihren körperlichen Kräften angemessen sind."
Pflichten über das zumutbare Maß hinaus, wie z. B. kurzfristige Abrufbereitschaft ohne Ausbildungsbezug, können rechtswidrig sein, insbesondere wenn ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz damit einhergeht.
Demgegenüber ist eine „zufällige Auswahl" wer diesen Zusatzdienst übernehmen muß keinesfalls sachgerecht und verletzt auch die Pflicht des Arbeitgebers bei seinem Ermessen nach § 106 GewO auf berechtigte Belange des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
Ich würde dem Auszubildenden empfehlen nach der bereits erfolgten Ablehnung entweder gar nicht weiter zu antworten, oder höflich (!) aber bestimmt darauf zu verweisen, daß es im vorliegenden Fall zu einer Verletzung der Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes kommen würde und es aufgrund seiner persönlichen Planungen/Zeiteinteilungen und dringender Verpflichtungen in diesem Fall nicht möglich ist diesen Dienst zu übernehmen.
Darüber hinaus kann man auch darauf verweisen, daß man in der Vergangenheit bereits diverse außerplanmäßige Dienste übernommen hat aber in diesem Fall bereits seit 2 Wochen ausdrücklich bekannt war, daß ein Dienst an diesem Tag nicht möglich sei.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Mack
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Thomas Mack
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Danke für ihre Expertise, damit haben sie mir definitiv weitergeholfen! Folgende Frage eegibt sich mir, der Vorgesetzte behauptet hier ja, dass es seine Pflicht sei kurzfristig einzuspringen. Der Dienstplan ist 27 Stunden vor dem vorgesehen Schichtbeginn erstellt worden. Hier soll ja psychisch Druck ausgeübt werden, auch wird damit gedroht dass es bereits zu einem vorfall von unentschuldigtem Fehlen kam und das damit ja wieder gut gemacht werden würde. Der Kollege hat sich jetzt krankschreiben lassen ist das sinnvoll? Er hat sich massiv psychisch unter Druck gefühlt und die Nacht nicht gut schlafen können, natürlich wird der Vorgesetzte sich seinen Teil denken, aber durch die AU ist es ja rechtsischer die frage die ich mir stelle es ist ja eigentlich sein freier tag muss er jetzt wirklich sich für seinen eigentlichen freien Tag krankschreiben lassen? Danke!
Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für ihre freundliche Bewertung.
Gerne möchte ich Ihre Nachfrage wie folgt beantworten:
Von einer Krankschreibung in Kombination mit derartigen Fällen würde ich normalerweise abraten.
Der Verdacht liegt natürlich nahe, daß bei einer Auseinandersetzung über Schichtdienste, Urlaub o.ä. die Krankheit nur vorgeschoben ist. Allerdings wäre dies vom Arbeitgeber nachzuweisen.
Wenn allerdings tatsächlich eine Krankheit vorliegt bleibt es dem Arbeitnehmer unbenommen sich krankschreiben zu lassen (auch z.B. bei Krankheitszuständen wegen Mobbing etc.).
Wie zuvor erwähnt muß sich der Auszubildende nicht kranschreiben lassen, wenn keine Arbeitspflicht besteht. Wenn die o.g. Anweisung rechtswidrig ist und er Freizeit hat kann er die Anweisung schlicht ignorieren.
Langfristig sollte man vermutlich das Gespräch mit dem Arbeitgeber suchen und eine Lösung für die vernünftige Gestaltung des Arbeitsverhältnisses suchen. Es ist wohl kaum akzeptabel wenn der Arbeitgeber bei jeder Anweisung mit der Kündigung droht, auf dieser Basis ist kein vernünftiges Arbeits- bzw. Ausbildungsverhältnis möglich
Ich hoffe ich konnte Ihre Nachfrage zufriedenstellend beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Mack
Rechtsanwalt