Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für die Anfrage. Vorweg möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Forum dafür gedacht ist, einen ersten Eindruck zu der Rechtslage zu vermitteln. Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Teilen des Sachverhalts kann es durchaus zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommen.
Unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhalts und Ihres Einsatzes möchte ich Ihre Fragen nunmehr wie folgt beantworten:
"1. Habe ich Anspruch auf Zusendung der angeforderten Dokumente?"
Sie haben Anspruch auf die Zusendung der geforderten Unterlagen. Ihre Tochter hat Sie über den Verlauf und auch den Abschluss der Ausbildung zu informieren. Des weiteren ist sie verpflichtet, Ihnen darzulegen, warum die weitere Ausbildung erforderlich ist, denn grundsätzlich hat Ihre Tochter nur Anspruch auf Unterhalt bis zum Abschluss einer ersten Ausbildung. In diesem Zusammenhang muss Ihnen Ihre Tochter natürlich auch darlegen, wie lange die weitere Ausbildung dauern wird.
"2. Wie bewerten Sie den Unterhaltsanspruch?"
Grundsätzlich waren Sie Ihrer Tochter nur bis zum Abschluss der ersten Ausbildung zum Unterhalt verpflichtet. Daher endete Ihre Unterhaltspflicht an sich bereits nach Abschluss der 3-jährigen Ausbidung an der Musicalschule.
Darüberhinaus besteht eine Unterhaltsverpflichtung nur ausnahmsweise, wenn die weitere Ausbildung in einem Zusammenhang mit der ersten Ausbildung steht und zudem notwendig ist. Dies müsste Ihnen Ihre Tochter aber plausibel darlegen. Solange sie dies nicht getan hat, müssen Sie keinen weiteren Unterhalt zahlen.
Sollte jedoch ein Unterhaltstitel bestehen, müsste dieser abgeändert werden, da Ihre Tochter den Unterhalt ansonsten vollstrecken könnte.
"3. Meine Tochter hat mehrmals schriftlich geäußert, dass sie neben dem Studium nicht jobben könne, leider habe ich sichere Informationen, dass sie ständig Minijobs und Semesterjobs hatte. Wie ist das zu bewerten?"
Einkommen aus Nebentätigkeiten hat sich Ihre Tochter auf den Unterhaltsbedarf anzurechnen. Diese mindern daher den zu zahlenden Unterhalt. Auch hierüber haben Sie gegenüber Ihrer Tochter einen Anspruch auf Auskunft.
"4. Welches Vorgehen empfehlen Sie?"
Sie sollten Ihrer Tochter ebenfalls nachweisbar schriftlich per Einschreiben antworten, dass Sie nicht bereit sind, weiterhin Unterhalt zu zahlen, bis diese die geforderte Auskunft erteilt hat. Sie sollten Sie weiterhin noch einmal auffordern, Auskunft über den Abschluss der ersten Ausbildung und des Prüfungsregebnisses sowie über die weitere Ausbildung zu erteilen und die geforderten Belege vorzulegen. Des weiteren sollten Sie Auskunft unter Vorlage der Belege über ihr Einkommen fordern.
Wenn kein Unterhaltstitel besteht, müsste Ihre Tochter die Zahlung des Unterhalts beim Familiengericht beantragen. Sie könnten dann darlegen, dass und warum kein Anspruch mehr besteht.
Sofern über den Unterhalt ein Unterhaltstitel besteht, müssten Sie die Abänderung des Titels beim Familiengericht beantragen mit der Begründung, dass nach Beendigung der ersten Ausbildung kein Unterhaltsanspruch mehr besteht. Ihre Tochter müsste dann genau darlegen, warum die weitere Ausbildung erforderlich ist.
Solange können Sie den Unterhalt zurückhalten. Sollte ein Titel bestehen, könnte Ihre Tochter den Unterhalt aber vollstrecken.
Ich würde Ihnen raten, einen auf Familienrecht spezialisierten Anwalt mit der Durchsetzung Ihrer Ansprüche zu beauftragen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Bellmann, Rechtsanwältin
Vielen Dank, Frau Bellmann, für die ausführliche Antwort. Können Sie bitte noch eine Einschätzung abgeben, was es für die Unterhaltsforderungen bedeutet, wenn sich meine Tochter letztes Jahr für ein Regelstudium von 8 Semestern eingeschrieben hat und nicht wie mehrmals schriftlich behauptet, dass sie Aufgrund ihres Abschlusses an der Musicalschule das Bachelorstudium in zwei Semestern absolvieren würde? Es spricht alles dafür, dass meine Tochter hier nicht die Wahrheit gesagt hat.
Könnte dieser Sachverhalt eine Verwirkung des Anspruches wegen Vertrauensmissbrauch bedeuten?
Vielen Dank!
Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank, dass Sie von der Möglichkeit der Nachfrage Gebrauch machen. Man könnte hier durchaus an eine Verwirkung des Anspruches denken, os er denn überhaupt noch bestehen würde. Schließlich hat der Unterhaltsberechtigte Änderungen unaufgefordert mitzuteilen. Letztlich sind dabei aber alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Daher kann nicht genau prognostiziert werden, wie ein Gericht entscheiden würde. Es gäbe aber sicher gute Argumente für eine Verwirkung.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Nachfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten. Ich wünsche noch einen schönen Abend und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Yvonne Bellmann
Rechtsanwältin