Sehr geehrte Ratsuchende,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Schilderung summarisch gerne wie folgt beantworte:
Ein Anfechtungsgrund nach den §§ 119 ff. BGB
(Irrtum, falsche Übermittlung, Täuschung oder Drohung) ergibt sich aus Ihren Angaben nicht. Hiergegen dürfte auch sprechen, dass der Erbverzichtsvertrag bei einem Notar unterschrieben worden, der über die Folgen dieses Rechtsgeschäfts belehren musste.
Allerdings sind Willenserklärungen, die im Zustand der Geschäftsunfähigkeit abgegeben werden, gemäß §§ 104 Nr. 2
, 105 BGB
nichtig. Ob Sie sich bei der Vertragsunterzeichnung in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden haben, kann im Rahmen dieser Plattform nicht abschließend beurteilt werden. Wer sich auf Geschäftunfähigkeit beruft, hat deren Voraussetzungen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes anhand entsprechender medizinischer Gutachten zu beweisen.
Möglicherweise ist der Vertrag sittenwidrig gemäß § 138 Abs. 1 BGB
. Das OLG München hat am 25.01.2006 entschieden, dass ein Erbverzichts- und Abfindungsvertrag aufgrund der gebotenen Gesamtwürdigung sittenwidrig und damit nichtig sein kann, wenn der Verzichtende über die Höhe des ihm zustehenden Erbersatzanspruchs getäuscht worden ist. Da seitens Ihres Vaters keine Offenlegung bezüglich der Vermögensverhältnisse erfolgt ist, sollte ein Rechtsanwalt vor Ort mit der Detailprüfung beauftragt werden.
Gleiches gilt für die Frage, ob – wenn weder Geschäftsunfähigkeit noch Sittenwidrigkeit vorliegen – nach dem Erbfall eine Anpassung, also Erhöhung, der Abfindung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB
) erfolgen kann.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen ersten Überblick zu Ihrem Problem vermitteln.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Böhler
Rechtsanwalt
Antwort
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