Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen aufgrund des geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:
Ich rate Ihnen dringend am Montag einen Kollegen vor Ort mit Ihrer Verteidigung zu beauftragen. Dieser kann dann beantragen, den Termin zur Hauptverhandlung zu verlegen, da er sich zunächst in den Sachverhalt einarbeiten muss. Zudem wird der Kollege Akteneinsicht beantragen, die normalerweise so kurzfristig vor der Hauptverhandlung nicht mehr gewährt werden kann. Grundsätzlich besteht jedoch kein Anspruch auf Terminsverlegung. Über den Antrag entscheidet der Richter nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen des Antragstellers und der übrigen Prozessbeteiligten.
Zu der Frage, ob das Gericht gegen Sie ohne Beistand eines Verteidigers verhandeln darf, teile ich Ihnen mit, dass die Beiordnung eines Pflichtverteidigers nur unter den Voraussetzungen des § 140 StPO
erfolgen kann. Ein Fall der notwendigen Verteidigung liegt z. B. vor, wenn dem Angeklagten ein Verbrechen zur Last gelegt wird oder er sich seit mindestens 3 Monaten in Haft befindet oder gegen den Angeklagten wegen der Schwere der Tat vor dem Landgericht verhandelt wird und nicht vor dem Amtsgericht, § 140 I StPO
.
Vorliegend ist § 140 II StPO
relevant, nach der von Amts wegen oder auf Antrag ein Verteidiger beigeordnet werden kann, wenn wegen der Schwere der Tat oder wegen der Schwierigkeit der Sach- oder Rechtslage die Mitwirkung eines Verteidigers geboten erscheint oder wenn ersichtlich ist, dass sich der Beschuldigte nicht selbst verteidigen kann. Hier kann durchaus mit der Schwere der Tat bzw. deren Folgen, die u.U. schwerwiegende Nachteile für Sie haben, argumentiert werden, da zu erwarten ist, dass Ihre Bewährung widerrufen wird. In solchen Fällen ist es durchaus üblich, dass ein Pflichtverteidiger beigeordnet wird. Ob einem entsprechenden Antrag stattgegeben wird, entscheidet der vorsitzende Richter von Amts wegen, da eine Beiordnung nach § 140 II StPO
nicht zwingend vorgeschrieben ist.
Der drohende Bewährungswiderruf spricht dafür, dass Ihnen auf Antrag ein Pflichtverteidiger beigeordnet wird. Ohne Akteneinsicht ist eine konkrete Beurteilung jedoch nicht möglich. Ich kann Ihnen daher nur empfehlen, möglichst schnell einen Anwalt Ihres Vertrauens zu konsultieren und mit diesem das weitere Vorgehen zu besprechen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort zunächst weiter geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Marion Deinzer
(Rechtsanwältin)
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