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Immobilien-Eigentümergemeinschaft

5. Oktober 2023 20:23 |
Preis: 65,00 € |

Mietrecht, Wohnungseigentum


Beantwortet von

Rechtsanwalt Helge Müller-Roden

Sehr geehrte Damen und Herren,

eine Immobilie (WEG) gehörte ursprünglich einem Ehepaar zu gleichen Teilen.
Zunächst ist der Ehemann verstorben und hat seine Hälfte seinen 4 Kindern per Testament hinterlassen. Die Ehefrau hat auf den gesetzl. Erbanspruch verzichtet.
Zu einem späteren Zeitpunkt hat die Ehefrau ihre Hälfte der Immobilie an 2 der Kinder zu gleichen Teilen verkauft.

Die Immobilie ist damit im Besitz wie folgt:
50 % der Immobilie gehört der Erbengemeinschaft, bestehend aus 4 Kindern, alle zu gleichen Teilen.
25% der Immobilie gehört einer Erbin aus der Erbengemeinschaft, allerdings erworben durch Kauf
25% der Immobilie gehört einer weiteren Erbin aus der Erbengemeinschaft, ebenfalls erworben durch Kauf.
Die beiden Käufer/Erbinnen stehen gemeinschaftlich im Kaufvertrag.

Da die Spekulationsfrist bei dem Erwerb durch Kauf noch nicht abgelaufen ist, kann die Immobilie vorerst nicht verkauft werden. Dies hat bei 2 Erben der Erbengemeinschaft zu Verdruss geführt, da diese ja eigentlich mit dem Spekulationsgewinn nichts zu tun haben. Die Immobilie ist noch zu Lebzeiten von der Ehefrau des Verstorbenen vermietet worden.

Nach meinem Kenntnisstand müsste die Erbengemeinschaft für ihre Hälfte der Immobilie auf Grund der Vermietung eine GbR mit notariell beurkundetem Gesellschaftsvertrag gründen und einen Erben als Geschäftsführer benennen.
Nach meinem Kenntnisstand bilden die beiden Käuferinnen der 2. Immobilienhälfte gleichzeitig eine Bruchteilsgemeinschaft mit gleichem Stimmrecht.

Die Erbengemeinschaft ist in sich zerstritten.

Wer kann mit welcher Stimmenmehrheit Entscheidungen bestimmen?

Eine Erbin aus der Erbengemeinschaft möchte gern entscheidungsführend und als Ansprechpartner im Außenverhältnis auftreten ( zB gegenüber der WEG-Hausverwaltung, den Mietern, der Sondereigentumsverwaltung etc.) bzw die Geschäftsführerin der GbR sein ; evtl. wird sie von zwei weiteren Erben dazu bevollmächtigt, wobei damit eine Erbin auch Teil der Bruchteilsgemeinschaft durch Kauf ist.

Eine Erbin, die ebenfalls gleichzeitig Teil der Bruchteilsgemeinschaft durch Kauf ist, möchte diese Erbin nicht bevollmächtigen, weil das fachliche Wissen nicht vorhanden ist und in der Vergangenheit bereits mehrfach von der Betreffenden zum Nachteil agiert wurde.

Wie und von wem können die Immobilie betreffend Entscheidungen getroffen werden, besonders im Hinblick auf die Besitzverhältnisse nach Gesamthandsgemeinschaft durch Erbe und Bruchteilsgemeinschaft durch Kauf?

Ich hoffe, es ist soweit verständlich dargestellt.

Sehr geehrte Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Leider ist es noch etwas unklar, denn die Mutter hatte ja nur 2 von 4 Kindern einen gleich großen Anteil verkauft.

Vielleicht ergibt sich die Lösung aus dem Kaufvertrag.

Ansonsten ist durch den Tod des Vaters eine Erbengemeinschaft entstanden, bestehend aus den 4 Kindern zu je 12,5% ( da die Mutter ja einen Erbverzicht erklärt hatte).

Die Erbengemeinschaft entsteht nach § 1924 Abs. I und III BGB i.V.m. § 2032 Abs. I BGB aufgrund gesetzlicher Vorgaben.
Es bedarf weder einer weiteren Vereinbarung noch einer notariell beurkundeten Erklärung.

Vererbte Immobilien werden so gemeinschaftliches Eigentum der Miterben, die rechtlich eine Gesamthandsgemeinschaft bilden, für die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts die die §§ 741ff gelten, konkret § 749 Abs. II und III sowie der §§ 750 bis 758 BGB (§ 2042 Abs. I BGB).

Danach erben leibliche Kinder als Erben 1. Ordnung zu gleichen Teilen und bilden tatsächlich eine Erbengemeinschaft, bei der alle Miterben den gesamten Nachlass erben. Der Erblass wird nicht aufgeteilt, sondern steht allen Miterben gemeinschaftlich zu. In der Erbengemeinschaft sind Entscheidungen nach den Erbquoten der Mitglieder zu treffen, jeder Miterbe hat eine Stimme in Höhe seines Erbteils. Wenn ein Entschluss gefällt werden muss, entscheidet die Mehrheit der Stimmen.

Grundsätzlich kann aber jeder Miterbe zu jeder Zeit und ohne nähere Begründung die sofortige Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verlangen, wenn die Aufteilung der Erbmasse und Auflösung der Gemeinschaft nicht einvernehmlich erfolgt.

Dagegen könnte allenfalls eine Treuepflicht sprechen, da die einzelnen Miterben vor rechtlich nachteiligen Folgen geschützt werden müssen.

Wegen § 35 GBO benötigen Sie zur Berichtigung des Grundbuchs einen Erbschein, aus dem sich die Erbquoten ergeben.

Es begründen sich für einzelne Miterben aber nicht nur Rechte am Nachlass, sondern auch Pflichten, die sofort nach Eintritt des Erbfalls entstehen.

Auch steuerrechtlich treten die Miterben in die Stellung des Erblassers mit allen Rechten und Pflichten ein (Fußstapfentheorie) und übernehmen dessen bereits erlangten Steuervorteile.

Natürlich kann die Immobilie auch vor Ablauf der durch den Kauf begründeten (neuen) Spekulationsfrist verkauft werden. Es müssen dann eben (mehr) steuern bezahlt werden.

Die beiden Miterben mit 37,5% können den Miterben mit 12,5% ja auch einfach deren Anteil abkaufen (Abschichtung) und das Haus halten.

M.E. entsteht durch den Kauf der Anteile der Mutter keine isolierte (neue) Bruchteilsgemeinschaft mit gleichem Stimmrecht, sondern die Stimmrechte in der bereits bestehenden Erbengemeinschaft verschieben sich entsprechend. Insoweit kommt es darauf an, welche Mehrheiten sich bilden.

Gelingt das nicht, kommt es zu zwangsweisen Auflösung der Erbengemeinschaft bzw. einer Teilungsversteigerung.

Dann wird eben ein weitaus geringerer Spekulationsgewinn als bei einem freihändigen Verkauf erzielt


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Rückfrage vom Fragesteller 6. Oktober 2023 | 23:21

Sehr geehrter Herr Müller-Roden,

vielen Dank für Ihre Antwort.

Ich möchte hinsichtlich Ihrer Bewertung darauf hinweisen, dass es sich um die Ehefrau des verstorbenen Vaters, nicht jedoch um die Mutter der 4 Erben handelt. Es sind also weder leibliche noch adoptierte Kinder der Ehefrau, sondern nur die leiblichen Kinder des verstorbenen Ehemannes . Entsprechend hatten 2 der 4 Kinder auch keinen Bezug und keine engere Bindung zu der Ehefrau ihres Vaters. Im Hinblick auf die Ehefrau gibt es keine Erben 1. Ordnung; diese gab es nur im Zusammenhang mit dem verstorben Vater.
Der Kaufvertrag mit den anderen 2 Kindern, welche eine enge Bindung an die Ehefrau hatten, entspricht den Anforderungen eines Kaufvertrages unter außenstehenden Dritten. Es wurde eine Kaufsumme in Form einer Immobilienrente, ein Nießbrauchsrecht und verschiedene Unterstützungsleistungen im Alltag vereinbart. Die Käuferinnen stehen gesamtschuldnerisch im Kaufvertrag.

Zu Ihren weiteren Ausführungen:
Die Eintragung der Erbengemeinschaft in das Grundbuch ist bereits nach dem Tod des Vaters für die Hälfte der Immobilie vollzogen worden.
Die Eintragung der Käuferinnen in das Grundbuch ist nach Abschluss des Kaufvertrages erfolgt.
Ein vorzeitiger Verkauf der Immobilie innerhalb der 10 jährigen Haltefrist scheidet aus, da durch den im Kaufvertrag vereinbarten Nießbrauch, welcher anscheinend nicht als anrechenbarer Wert in der Berechnung des Ankaufswertes berücksichtigt wird, der Veräußerungsgewinn unangemessen hoch ist.
Eine Teilungsversteigerung scheidet ebenfalls aus, da die verbliebene Haltefrist nur noch 1 1/2 Jahre dauert, viel kürzer dürfte Dauer bis zum Abschluss der Teilungsversteigerung ebenfalls nicht sein.
Eine Abschichtung wurde von den restlichen Erben abgelehnt.

Ist die Erbengemeinschaft tatsächlich geschäftsfähig ohne weitere Vereinbarungen bzw ohne notariell beurkundete Erklärung, wenn eine Immobilie eingebracht wird? Ich dachte, dann wäre zB der Abschluss eines neuen Mietvertrages nicht möglich.


Um daher auf die eigentlich gestellte Frage zurück zu kommen:

Sie schrieben, ihres Erachtens entsteht durch den Kauf keine isolierte (neue) Bruchteilsgemeinschaft, sondern die Stimmrechte in der bereits bestehenden Erbengemeinschaft verschieben sich entsprechend. Wie kann das gehen, wenn die Erbengemeinschaft ja nur 50 % der Immobilie durch den verstorbenen Vater abdeckt?
Ist es nicht eher so, dass die Erbengemeinschaft durch den Nachlass als neuer Bruchteilseigentümer in die bestehende Bruchteilsgemeinschaft eintritt?
Also die ursprüngliche Bruchteilsgemeinschaft der Immobilie bestand ja aus dem Ehemann und der Ehefrau. Der Ehemann ist verstorben und seine Hälfte der ursprünglichen Bruchteilsgemeinschaft ist als Nachlass an die Erben(gemeinschaft) gefallen. ( 50 % -> je 12,5% pro Erbe)
Die Hälfte der Ehefrau aus der ursprünglichen Bruchteilsgemeinschaft ist durch Verkauf an die 2 Käuferinnen übergegangen, welche damit anstelle der Verkäuferin ebenfalls neue Miteigentümer der Bruchteilsgemeinschaft geworden sind. (50 %, je 25% je Käuferin)

Wäre also die aktuelle Zusammensetzung der Bruchteilsgemeinschaft an der Immobilie nicht

a) die Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft zu 50 % mit der Möglichkeit von Mehrheitsbeschlüssen sowie

b) die Käuferinnen gesamtschuldnerisch mit 50 % der Immobilie (mit welchem Beschlussrecht?)

ODER

c) zu je 25% die Käuferinnen mit einem jeweils eigenen Stimmrecht?

Macht es hier einen Unterschied, dass die 2 Käuferinnen im Kaufvertrag gesamtschuldnerisch aufgeführt sind? Ich meine damit, haben die 2 Käuferinnen jeweils ein eigenes Stimmrecht innerhalb der (Kauf)bruchteilsgemeinschaft oder ist es dann ein gemeinschaftliches Stimmrecht? Was passiert in dem Falle, wenn es unterschiedliche Meinungen gibt und beide je die Hälfte besitzen?

Nochmals als konkretes Beispiel, was von mir gemeint ist:

Es muss ein Vertreter der Immobilie benannt werden:

- Innerhalb der Erbengemeinschaft wird jemand als Vertreter durch Mehrheitsbeschluss
gewählt
- Eine der Käuferinnen der 2. Immobilienhälfte trägt diesen Beschluss mit
- Die andere Käuferin möchte diesen Vertreter nicht für ihren Immobilienanteil (durch Kauf)

Kann hier aus der Erbengemeinschaft ein Vertreter für die gesamte Immobilie einschließlich alleinigem Zugriff auf das Mietkonto bestimmt werden?

Mit freundlichem Gruß




Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 7. Oktober 2023 | 00:06

Echt jetzt? Um 24.00 Uhr?

Ergänzung vom Anwalt 7. Oktober 2023 | 10:42

Guten Morgen,

auch wenn die 4 Kinder weder leibliche noch adoptierte Kinder der Ehefrau, sondern nur die leiblichen Kinder des verstorbenen Ehemannes sind, ändert das an der gesetzlichen Erbfolge nichts. Natürlich „erben" Sie nichts von der Ehefrau (solange sie kein Testament errichtet).

Soweit die verbliebene Haltefrist nur noch 1 1/2 Jahre dauert, könnte ein Rechtsstreit tatsächlich zu lange dauern. Da ist es besser abzuwarten.

Die neue Bruchteilsgemeinschaft besteht m.E.

zu 50 % aus der Erbengemeinschaft
mit je 12,5% Stimmrecht und
zu 50 % aus der Käufergemeinschaft
mit je 25% Stimmrecht (zusammen 37,5%).

Soweit sich die Erbengemeinschaft wegen der bestehenden Pattsituation jeweils neutralisieren wird, kann die Käufergemeinschaft Beschlüsse fassen. Die gesamtschuldnerische Haftung kausiert kein gemeinschaftliches Stimmrecht.

Die unterschiedlichsten Varianten bei der Entscheidungsfindung kann ich hier nicht berücksichtigen. Wenn es unterschiedliche Meinungen gibt und beide je die Hälfte besitzen, aber jeder auf seiner Meinung beharrt, gibt es auch keine Lösung.

In allen Fällen des Patts bleibt nur ein Antrag auf Teilungsversteigerung bzw. Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft. Wenn ein Vertreter der Immobilie benannt werden muß, müssen Sie sich eben einigen, soweit Sie die gerichtliche Entscheidungen scheuen.

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