Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Fragen möchte ich anhand der von Ihnen mitgeteilten Informationen wie folgt beantworten:
Sie haben das Recht, von dem gesamten Vertrag zurück zu treten. Dieses Recht ergibt sich aus § 323 Absatz 1, Absatz 2 Nr. 1, Absatz 4
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Hiernach kann bei einem gegenseitigen Vertrag (ein Vertrag, der gegenseitige Rechten und Pflichten vorsieht), der eine Vertragsteil zurücktreten, wenn der andere Vertragsteil eine fällige Leistung nicht erbringt bzw. wenn er die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert. Der Rücktritt kann auch schon vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung erklärt werden, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.
Das Hotel hat hier eindeutig zu erkennen gegeben, dass es den Hochzeitssaal anderweitig vergeben will. Eine Fristsetzung, wonach Sie das Hotel dazu auffordern, Ihnen den Saal doch noch zur Verfügung zu stellen, ist daher entbehrlich. Sie sind ebensowenig dazu verpflichtet, sich auf eines der Alternativangebote einzulassen, da diese nicht Bestandteil des ursprünglichen Vertrages waren.
Sie sind insbesondere dazu berechtigt, vom gesamten Vertrag zurück zu treten und sich hierbei nicht nur auf die Nutzung des Hochzeitssaals zu beschränken. Die Bewirtung und Unterbringung der Gäste und die Durchführung der Hochzeitsfeier bilden hier eine Einheit. Man wird sogar sagen können, dass die Hochzeitsfeier der Hauptbestandteil des gesamten Vertrages ist, da die Gäste ja nur anlässlich dieser Feier in dem Hotel untergebracht werden. Es ist daher ganz klar nicht in Ihrem Interesse, dass der Ort der Hochzeitsfeier und die Unterbringung der Gäste an verschiedenen Orten durchgeführt werden. Dies ist nicht zumutbar. Insbesondere würde sich ja u.a. die Frage des Transportes der Gäste stellen.
Sollte das Hotel nunmehr erneut seine Meinung ändern und die Hochzeitsfeier doch abhalten wollen, sind Sie nach erklärtem Rücktritt hieran nicht mehr gebunden.
Ihrer Schilderung nach haben Sie das Hotel bereits schriftlich (per Einschreiben) dazu aufgefordert, Ihnen die Stornierung schriftlich zu bestätigen. Eine erneute schriftliche Auforderung hierzu ist für einen wirksamen Rücktritt nicht erforderlich. Zwar ist grundsätzlich richtig, dass E-Mails einen eingeschränkten Beweiswert haben können. Hier geht es primär darum, dass E-Mails nach Absendung durch den Empfänger einseitig verändert werden können bzw. darum, dass der tatsächliche Absender einer E-Mail nicht immer zweifelsfrei identifiziert werden kann. Dessen ungeachtet sind auch E-Mails ebenso rechtsgültig wie mündliche oder schriftliche Vereinbarungen. Die Zivilprozessordnung sieht überides die Vorlage von elektronischen Dokumenten als Beweismittel ausdrücklich vor, vgl. § 371 Abs. 1 S. 2
Zivilprozessordnung (ZPO). Da Sie das Hotel ohnehin nicht dazu zwingen können, eine schriftliche Bestätigung zu übermitteln, muss die E-Mail hier als Beweismittel reichen. zudem wäre es im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens die Aufgabe des Hotels, darzulegen, dass und warum die Mail nicht vom Hotel stammt oder nie mit diesem Inhalt abgeschickt wurde. Dies dürfte eher schwierig zu bewerkstelligen sein.
Erklären Sie daher schriftlich den Rücktritt und fordern Sie das Hotel insbesondere dazu auf, die bereits erhaltene Anzahlung herauszugeben. Bei einem Rücktritt sind die bereits ausgetauschten Leistungen zurück zu gewähren, vgl. § 346 Abs. 1 BGB
. Eine Zustellung der Rücktrittserklärung mittels Gerichtsvollzieher ist sicher die beweissicherste Methode, allerdings nicht die schnellste. Daher würde ich dazu raten, den Rücktritt wenigstens vorab auch anders (vorab per Fax, per Einschreiben) zu erklären.
Grundsätzlich können Sie auch Schadensersatzansprüche geltend machen. Das Recht auf Schadensersatz wird durch den Rücktritt nicht ausgeschlossen, vgl. § 325 BGB
. Bei den bisher entstandenen Kosten, die als Schadensersatz geltend gemacht werden sollen, darf es sich allerdings nicht um solche Kosten handeln, die auch dann angefallen wären, wenn Sie von vornherein bei einem anderen Hotel reserviert hätten. Anders formuliert: Der Schadensersatz soll Sie im Nachhinein nicht besser stellen. Aufwendungen die Sie ohnehin gemacht hätten, wären daher nicht erstattungsfähig.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen hilfreichen ersten Überblick verschaffen. Bei Unklarheiten nutzen Sie gerne die Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Mauritz, LL.M.
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Christian Mauritz
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Vielen Dank für die sehr schnelle und fundierte Antwort! Eine Nachfrage: auch bei einem anderen Hotel wären (und werden auch wieder) ähnliche Kosten anfallen (z.B. Anreise aus dem Ausland zwecks Absprachen, auf den Saal farblich angepasste Dekoration...). Da diese Kosten aber wieder erneut anfallen, können wir diese beim ersten Hotel als Schadensersatz geltend machen, oder? Nochmals vielen Dank!
Sehr geehrter Fraagesteller,
grundsätzlich ja. Im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung wird allerdings der Frage Bedeutung zuzumessen sein, inwiefern solche Kosten wirklich erforderlich waren und ob es nicht auch andere, kostengünstigere Alternativen gegeben hätte (gerade im Hinblick auf die Anreise aus dem Ausland). Bzgl. der farblich angepassten Dekoration wird es darauf ankommen, ob diese bereits mit dem ersten Hotel vertraglich vereinbart war und inwieweit geringe Abweichungen in der farblichen Abstimmung zu einem kostengünstigeren Ergebnis geführt hatten und trotzdem noch hinnehmbar gewesen wären.
Es handelt sich hier um ein Problem der sog. haftungsausfüllenden Kausalität oder auch des objektiven Zurechnungszusammenhangs. Der Schädiger soll nur für solche Schäden haften, die sich - vereinfacht ausgedrückt - noch im Rahmen des üblichen Risikos bewegen. Hierbei wird allerdings zu berücksichtigen sein, dass es sich bei einer Hochzeitsfeier nicht einfach um irgendeine Feier handelt, sondern um den oft zitierten "schönsten Tag des Lebens", bei dem ein hoher Maßstab gilt, was Aufwendungen im Hinblick auf die Hochzeit anbetrifft.
Sie sollten in jedem Fall, bevor Sie Schadensersatzansprüche geltend machen, den ganzen Fall nochmals komplett anwaltlich unter Zuhilfenahme aller Unterlagen prüfen lassen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Mauritz, LL.M.
Rechtsanwalt