Sehr geehrte Fragestellerin, Sehr geehrter Fragesteller,
aufgrund Ihrer Informationen beantworte ich Ihre Anfrage wie folgt:
Zunächst möchte ich Sie aber darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich eine erste rechtliche Orientierung bieten soll. Durch Hinzufügen oder Weglassen von Sachverhaltsangaben kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen und somit zu einem anderen Ergebnis führen.
1. Nach Ihren Angaben haben Sie eine Honorarabrechnung nach den Grundsätzen der HOAI ohne Modifikationen oder Abweichungen vereinbart.
Das Honorar wird dann aus den Honorartafeln der Teilbereiche der zum Zeitpunkt der Erbringung des Werks gültigen HOAI für die entsprechenden Vorhaben ermittelt.
Um hieraus die für die Beauftragung des Architekten anfallenden Kosten genau ermitteln zu können, müsste man Kenntnis von den genauen Leistungen des Architekten haben, um die anrechenbaren Kosten ermitteln zu können, die als Eingangswert für die Honorartafeln benötigt werden. Die Ermittlung der anrechenbaren Kosten können Sie § 10 II HOAI
der bei Ihnen wohl zugrunde zulegenden HOAI 2002 entnehmen. Hier kommt es im Einzelfall darauf an, ob eine Kostenberechnung oder ein Kostenanschlag vorgelegen hat.
Als zweite Komponente zur Ermittlung der Kosten wird die Einordnung in die jeweilige Honorarzone benötigt. Der Architekt hat hier die Honorarzone III angesetzt.
Aufgrund Ihrer Schilderung sollte jedoch bei der Einordnung in die Honorarzone eine nochmalige Überprüfung erfolgen. Die Einteilung in Honorarzone können Sie den §§ 11
, 12 HOAI
alte Fassung entnehmen. Wohnhäuser werden zwar generell in Honorarzone III eingestuft, es kommt hier aber auch auf die Komplexität eines Vorhabens an. Die Honorarzone I steht für sehr geringe, Honorarzone III für durchschnittliche und Honorarzone V für sehr hohe Planungsanforderungen. Für jede Honorarzone sind ein Mindest- und ein Höchstsatz angegeben. Es muss daher überprüft werden, ob das konkrete Objekt, hier das Wohnhaus, auch die Merkmale erfüllt, die mit dieser Honorarzone im Allgemeinen verbunden sind.
Aus den Honorartafeln kann man dann das Grundhonorar für die Gesamtleistung ablesen. Wenn nur einzelne Leistungsphasen abzurechnen sind, ist anhand der prozentualen Bewertung der einzelnen Leistungen in den Leistungsbildern der HOAI zu überprüfen, in welcher Höhe Kosten hierdurch entstehen. Es muss dann der prozentuale Anteil an der zuvor ermittelten Gesamtleistung berechnet werden.
Die Honorarermittlung der einzelnen Leistungsphasen erfolgt also anhand der Prozentsätze, der Honorarzone bzw. des Honorarsatzes innerhalb der Zone und den anrechenbaren Kosten.
Da nach Ihren Angaben nur eine Überarbeitung stattgefunden hat, könnte über eine Einordnung in eine niedrigere Honorarzone nachgedacht werden. Bezüglich der weiteren Berechnung müsste leider wiederum eine Überprüfung an der genauen Leistung erfolgen und überprüft werden, welche Leistungen genau beauftragt waren.
2. Die generelle Regel, ob nach altem oder neuem Mehrwertsteuersatz abgerechnet werden muss, besagt, dass es grundsätzlich vom Zeitpunkt abhängt, zu dem eine Leistung erbracht wird, entweder vor oder ab dem 1. Januar 2007. Bei Ihnen sollte daher ein Mehrwertssteuersatz von 16 % greifen und die Rechnung wäre dahingehend zu korrigieren.
3. Die Verjährung des Honoraranspruchs setzt voraus, dass dieser zunächst fällig geworden ist. Damit Fälligkeit eintritt, schreibt § 8 HOAI
alte Fassung vor, dass der Auftragnehmer, hier der Architekt, eine prüfbare Schlussrechnung erstellt. Erst wenn Ihnen eine solche ordnungsgemäße Schlussrechnung vorliegt, beginnt die Verjährungsfrist zu laufen, wobei die Verjährung selbst drei Jahre beträgt, gerechnet ab Ende des Kalenderjahres, in dem die Rechnung übergeben wurde.
Es verstößt auch nicht gegen Treu und Glaube, wenn der Architekt sich bei Erstellung der Rechnung mehrere Jahre Zeit lässt. Damit Verwirkung eingewandt werden kann, müsste es Anhaltspunkte dafür geben, dass der Architekt gar keine Rechnung mehr erstellt. Reines mehrjähriges Warten mit der Erstellung der Rechnung reicht hierfür nicht aus.
Anhaltspunkte für eine Verjährung kann ich Ihrer Schilderung nicht entnehmen.
Als Auftraggeber haben Sie jedoch die Möglichkeit, dem Architekten eine angemessene Frist zur Erstellung der Schlussrechnung zu setzen.
Liegt dann bis zum Ablauf dieser Frist keine Rechnung vor, beginnt dann gleichwohl die Verjährung, so als ob eine Rechnung erstellt worden wäre.
Nach Ihren Angaben haben Sie den Architekten zwar zur Erstellung der Rechnung aufgefordert, jedoch hier wohl keine Frist gesetzt, bis zu welchem Zeitpunkt die Rechnung spätestens vorliegen muss.
Auch bestünde hier ein Beweisproblem, da Sie die Anforderung der Rechnung jeweils nur mündlich getätigt haben.
Ich rate Ihnen an, die Rechnung mit den genauen Vertragsunterlagen nochmals überprüfen zu lassen. Zumindest die Ansetzung der Mehrwertsteuer in Höhe von 19 % sollten Sie gegenüber dem Architekten anmahnen und eine neue Rechnung diesbezüglich verlangen.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Götten
(Rechtsanwältin)
Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin Götten,
erst einmal vielen herzlichen Dank für die sehr schnelle und ausführliche Rückinformation.
Tja, leider haben wir mit so einer Antwort gerechnet. Wir haben das Problem, dass wir niemals einen Kostenanschlag bzw. eine Kostenberechnung bekommen haben. Wir sind damals ziemlich blauäugig an das Thema herangegangen, zumal wir uns eigentlich gut beraten gefühlt haben, sodass wir auch leider keinen Vertrag abgeschlossen haben. Welche Institution würden Sie uns empfehlen, um die vorliegende Rechnung prüfen zu lassen?
Wir haben in diesem Forum den Verweis auf "Palandt § 199 Rn.6" =Verwirkung, da Schlussrechnung nicht innerhalb von 3 Jahren ab Möglichkeit der Erstellung vorgelegen hat, gefunden. Gibt es in unserem Fall hieraus eine Möglichkeit?
Vielen lieben DANK für Ihre Mühen!
Schönen Sonntag-Nachmittag!
Sehr geehrte Fragestellerin,
eine Verwirkung kommt bei einem Zeitraum von 5 Jahren natürlich in Betracht, so wie dies die Fundstelle im Palandt besagt.
Damit man sich erfolgreich auf eine Verwirkung berufen kann, benötigt es neben dem so genannten „Zeitmoment" noch den so genannten „Umstandsmoment".
Dieser besagt, dass Sie sich als Verpflichteter, hier zur Zahlung, aufgrund des Verhaltens des Vertragspartners, hier des Architekten, darauf eingerichtet haben, dieser werde sein vermeintliches Recht nicht mehr geltend machen.
Sie tragen diesbezüglich die Beweislast. Sie müssten somit nachweisen, dass der Architekt durch sein Verhalten, das nicht allein im langen Zeitablauf bis zur Rechnungsstellung liegt, einen Tatbestand dahingehend geschaffen hat, dass Sie darauf vertrauen durften, dass keine offenen Forderungen mehr bestehen.
Anhand Ihrer Schilderung gehe ich leider nicht davon aus, dass außer der langen Dauer bis zum Erhalt der Rechnung das Verhalten des Architekten Sie zu der Annahme geführt hat, dass keine Zahlungsverpflichtung mehr besteht.
Die Rechnung selbst können Sie von einem auf Baurecht spezialisierten Anwalt vor Ort überprüfen lassen oder Sie fragen bei der Industrie- und Handelskammer nach, ob diese Ihnen einen Sachverständigen benennen können, der Architektenleistungen und –honorare begutachtet.
Mit freundlichen Grüßen
Kerstin Götten
(Rechtsanwältin)