Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ausnahmsweise dürften Fotos und Videos möglich sein, denn anders wird man sich kaum zur Wehr setzen können. Im Einzelnen (ich zitiere zum Großteil aus einem Fachartikel, den ich hier verfasst hatte, der auf Ihren Fall passt):
Sie haben - neben dem unterstehenden zivilrechtlichen Anspruch - einen Anspruch auf ordnungsbehördliches Einschreiten der Behörde (Gemeindliches Amt für öffentliche Ordnung/Polizei in den Abendstunden und am Wochende, wenn die eben genannte Behörde geschlossen hat), über den das Amt ermessensfehlerfrei entscheiden muss.
Es gibt zudem einen zivilrechtlichen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch
Im Einzelnen:
Wird das Eigentum in derartiger Weise beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer (hier den unmittelbaren Störer - der Mitmieter oder auch andere Wohnungseigentümer; zum sogenannten mittelbaren Störer siehe unten) die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen.
Das kann aber auch der Mieter und Besitzer einer Wohnung in einem Mehrfamilienhaus.
Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist:
Der Eigentümer eines Grundstücks kann die Zuführung von Geräuschen, Erschütterungen und ähnliche von einem anderen Grundstück ausgehende Einwirkungen insoweit nicht verbieten, als die Einwirkung die Benutzung seines Grundstücks nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt.
Eine unwesentliche Beeinträchtigung liegt in der Regel vor, wenn die in Gesetzen oder Rechtsverordnungen festgelegten Grenz- oder Richtwerte von den nach diesen Vorschriften ermittelten und bewerteten Einwirkungen nicht überschritten werden. Gleiches gilt für Werte in allgemeinen Verwaltungsvorschriften, die nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetzes erlassen worden sind und den Stand der Technik wiedergeben (dazu gleich).
Zudem sollten Sie zur Untermauerung Ihres zvilrechtlichen Begehrens Lärmprotokolle und vor allem -messungen mithilfe entsprechender Geräte (z. B. Dezibelmeter, im Internet kostengünstig bestellbar) durchführen, sonst wird Ihr Anliegen nicht erfolgversprechend weiterverfolgt werden können.
Zurück zum Anspruchsinhalt auf Beseitigung/Unterlassung:
Zivilrechtlich haben Sie wie gesagt einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch, soweit Sie die Störungen nicht zu dulden haben.
Richtwerte für Lärmimmissionen finden sich z. B. insbesondere in TA (= Technische Anleitung) Lärm:
Die Immissionsrichtwerte für den Beurteilungspegel betragen für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden
a) in Industriegebieten
70 dB(A)
b) in Gewerbegebieten
tags
nachts
65 dB(A)
50 dB(A)
c) in Kerngebieten, Dorfgebieten und
Mischgebieten
tags
nachts
60 dB(A)
45 dB(A)
d) in allgemeinen Wohngebieten und
Kleinsiedlungsgebieten
tags
nachts
55 dB(A)
40 dB(A)
e) in reinen Wohngebieten
tags
nachts
50 dB(A)
35 dB(A)
f) in Kurgebieten, für Krankenhäuser
und Pflegeanstalten
tags
nachts
45 dB(A)
35 dB(A)
Die Immissionsrichtwerte beziehen sich auf folgende Zeiten:
1. tags 06.00 - 22.00 Uhr
2. nachts 22.00 - 06.00 Uhr.
Bei Geräuschübertragungen innerhalb von Gebäuden betragen die Immissionsrichtwerte für den
Beurteilungspegel
tags 35 dB(A)
nachts 25 dB(A).
Entscheidend sind dann die Messungen, auch Fotos, Zeugen etc.
Dabei müssen Sie höchsten Wert auf eine Detailbreite setzen, die es etwa einem Gericht oder dem Vermieter schon ohne Ortsbesichtigung etc. ermöglicht, die Störungen nachzuvollziehen.
Daneben gibt es noch die Möglichkeit, gegen den Vermieter vorzugehen.
Sie haben direkt gegenüber diesem einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch, der darauf gerichtet ist, von diesem als mittelbare Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung und Unterlassung zu verlangen.
Der mittelbare Handlungsstörer veranlasst ursächlich die Beeinträchtigung durch einen Dritten (Vermieter lässt den Mieter tatenlos gewähren) und ist in der Lage, sie zu verhindern beziehungsweise abzustellen (Ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, zum Beispiel: BGH, Urteil vom 7. 4. 2000, Zeichen: V ZR 39/99).
Insbesondere ist der Vermieter mittelbarer Störer, wenn es durch seinen Mieter als unmittelbaren Störer zu Beeinträchtigungen kommt (vgl. das eben genannte Urteil) und er dem Mieter die Störungen entweder vertraglich gestattet oder sie jedenfalls nicht unterbindet.
Eine Verhinderung beziehungsweise Abstellung wäre,
- zunächst durch eine Abmahnung,
- notfalls auch durch eine mietrechtliche Kündigung außerordentlicher Art gegenüber dem Mieter wegen nachhaltiger Störung des Hausfriedens möglich.
Der Vermieter müsste zudem als Schuldner des Unterlassungs-und Beseitigungsanspruches nachweisen, dass er in der Vergangenheit alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um die Beeinträchtigung durch den Dritten (den Mieter) abzustellen.
Dazu reicht im Regelfall ein rein verbales Einwirken auf den Dritten nicht aus. Er muss ihn vielmehr im Rahmen des rechtlich Möglichen zur Unterlassung der Störung veranlassen und wenn dieses gar nicht mehr möglich ist, auch von der Möglichkeit einer Kündigung Gebrauch machen, um den Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch des Gläubigers zu erfüllen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Daniel Hesterberg
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