Sehr geehrte Fragestellerin,
ich möchte Ihre Anfrage anhand des geschilderten Sachverhaltes im Rahmen einer ERSTberatung wie folgt beantworten:
Grundsätzlich geht die Rechtsprechung beim Zusammenfall von Schuld und Forderung (Konfusion) vom Erlöschen des zugrunde liegenden Rechtsverhältnisse und damit der Forderung aus.
Das würde bedeuten der Mietvertrag ist beendet, sobald Mieter und Vermieter in einer Person zusammenfinden.
"Die Vereinigung von Forderung und Schuld in einer Person führt zwar in der Regel zum Erlöschen der Forderung (BGHZ 48, 214
(218) = NJW 1967, 2399
= LM § 214 BGB Nr. 2
(L); BGH, NJW 1982, 2381
unter II 1b = LM § 1 ErbbauVO Nr. 13
). Diese Rechtsfolge ist aber weder gesetzlich vorgeschrieben noch logisch zwingend; vielmehr ist vom Fortbestehen der Forderung auszugehen, wo dies nach der Interessenlage etwa mit Rücksicht auf Rechte Dritter an der Forderung geboten erscheint (BGH, NJW 1981, 447
)" So in BGH, Urteil vom 14-06-1995 - IV ZR 212/94
(Düsseldorf) in NJW 1995, 2287
.
Jedoch besteht die Partei des Vermieters aus den Personen Ihrer Schwester und Ihnen.
Somit ist nach obigen Rechtsgedanken von einem Fortbestehen des Mietverhältnisses auszugehen.
Aufgrund von § 566 Abs. 1 BGB
treten Ihre Schwester und Sie in die Vermieterposition ein.
"Darf ich für den Zeitraum zwischen dem Tod der Mutter und dem Auszug der Schwester (gleichzeitig Verkauf) von meiner Schwester Miete bzw. eine Nutzungsentschädigung verlangen, da der Nießbrauch der Mutter mit ihrem Tod erloschen war?"
JA, Sie können die Hälfte der vereinbarten Miete verlangen.
"Ich hatte früher einmal eine allgemeine Auskunft bekommen, dass man prinzipiell die Hälfte der ortsüblichen Miete vom Bewohner bekommt, wenn der Nießbraucher stirbt und man selbst hälftiger Eigentümer ist. Jetzt hat mir jemand gesagt, dass für den Bewohner der Mietvertrag so lange weitergeht bis er nach Kündigung mit gesetzlicher Kündigungsfrist ausläuft. Das würde auch gelten, wenn ich als hälftiger Eigentümer den Mietvertrag gar nicht kenne. Oder anders gesagt, wenn ein Mietvertrag ohne Mietzahlung bestanden hat, braucht der Bewohner auch weiterhin keine Miete zahlen. Ist das wirklich richtig?"
Zum größten Teil entspricht dies der Wahrheit.
Sie können nur die hälftige vereinbarte Miete verlangen. Nur wenn keine Vereinbarung über die Miethöhe bestimmt wurde, können Sie die hälftige ortsübliche Miete beanspruchen.
Jedoch ist eine Vereinbarung über keinen Mietzins (mietfrei) eine bestimmte Vereinbarung die einer ortsüblichen Mietzinsannahme entgegensteht.
Soweit Sie den Mietvertrag nicht kennen, können Sie gegenüber dem anderen Vermieter (Ihrer Schwester) einen Auskunftsanspruch geltend machen.
Dagegen obliegt Ihnen der Beweis der Mietzinshöhe als Vermieter.
Hier liegt ein tatsächliches Problem, soweit Ihre Schwester eine mündliche Vereinbarung behauptet, gibt es keine (anderen) Nachweise bzw. Zeugen mehr.
Hinsichtlich des Mietzinses ergibt sich leider ein Indiz für Ihre Schwester aufgrund der fehlenden monatlichen Zahlungen.
Soweit sich ergeben sollte, dass Ihre Schwester tatsächlich mietfrei wohnen durfte, so ist wegen § 566 Abs.1 BGB
diese Vereinbarung auch gegenüber Ihnen wirksam.
"Gibt es keine Möglichkeit, von der Schwester eine Entschädigung zu bekommen?"
Die gab es, aber nun nicht mehr.
Sie hätten rechtzeitig nach dem Tod Ihrer Mutter gegenüber Ihrer Schwester die Kündigung nach § 1056 Abs. 2 Satz 1 BGB
aussprechen müssen. Dies wäre möglich gewesen, da hinsichtlich des Anteils Ihrer Schwester die Konfusion eingetreten war. Ihre Schwester konnte sich nicht selbst kündigen. Sie hätten nicht deren Zustimmung zur Kündigung bedurft.
Nach Ablauf der Kündigungsfrist hätten Sie eine Nutzungsentschädigung vereinbaren oder die Teilungsversteigerung verlangen können.
Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Auskunft geben zu können.
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Ich hoffe, dass ich Ihnen eine erste Orientierung in der Sache geben konnte.
Sollte sich der Sachverhalt doch etwas anders darstellen, nutzen Sie bitte die Nachfrage.
Sie können mich jederzeit über die Kontaktdaten in meinem Profil erreichen und auch in anderen Angelegenheiten beauftragen.
Es sei noch der Hinweis erlaubt, dass die rechtliche Einschätzung ausschließlich auf den von Ihnen mitgeteilten Tatsachen beruht und dass durch das Hinzufügen oder Weglassen von weiteren tatsächlichen Angaben die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen kann.
Antwort
vonRechtsanwalt Heiko Tautorus
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