Sehr geehrte Fragestellerin,
aufgrund Ihrer Schilderungen beantworte ich Ihre Frage in einer ersten rechtlichen Einschätzung wie folgt:
Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens werden anhängige Rechtsstreite von Gesetzes wegen unterbrochen. Soweit noch nicht geschehen, sollten Sie daher Ihrem Insolvenzverwalter von dem Prozess Mitteilung machen. Der Prozess kann aufgrund der Unterbrechung nicht weiterbetrieben werden, es sei denn er wurde von dem Arzt oder dem Verwalter nach § 86 InsO
wieder aufgenommen. Dies ist vorliegend allerdings ausgeschlossen, da Sie schildern, dass es sich um eine Arztrechnung gehandelt hat. Dabei handelt es sich um keine der in § 86 InsO
genannten Forderungen, sondern um eine sog. Insolvenzforderung. Diese hat der Arzt zur Tabelle anzumelden, § 87 InsO
. Dies gilt im Übrigen für sämtliche Forderungen die zum Zeitpunkt der Eröffnung (8.8.06) begründet waren. Damit sind die bis zu Eröffnung entstandenen Verfahrenskosten Insolvenzforderungen. Ob Sie diese Insolvenzforderungen nach Beendigung des Insolvenzverfahrens begleichen müssen hängt davon ab, ob Sie Restschuldbefreiung gewährt bekommen, sowie ob die Forderung von der Restschuldbefreiung umfasst ist.
Anders verhält es sich mit den Anwaltskosten für die von Ihnen nach Eröffnung beauftragte Anwältin. Da diese erst nach Eröffnung begründet wurden, handelt es sich um Neuverbindlichkeiten, die Sie aus Ihrem unpfändbaren Vermögen zu begleichen haben, soweit diese Anwaltsrechnung dem Grunde und der Höhe nach berechtigt ist. Die nachträgliche Kenntnis ist unbeachtlich. Ggf. sollten Sie eine Ratenzahlung anbieten.
Ich hoffe, Ihnen mit meinen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung geben zu haben. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass eine abschließende rechtliche Bewertung Ihres Problems die Kenntnis des vollständigen Sachverhaltes erfordert. Im Rahmen dieses Forums können sich die Ausführungen aber ausschließlich auf Ihre Schilderungen stützen, und somit nur eine erste anwaltliche Einschätzung darstellen.
Ich empfehle Ihnen daher, einen Rechtsanwalt Ihres Vertrauens zu beauftragen, sofern Sie eine abschließende Beurteilung erhalten möchten. Bitten beachten Sie, dass dabei weitere Kosten anfallen.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
Martin P. Freisler
- Rechtsanwalt -
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Antwort
vonRechtsanwalt Martin P. Freisler
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Sehr geehrter Herr Freisler,
vielen Dank für Ihre Antwort.
Eine Frage habe ich noch: Darf der Mediziner die Forderung zur Tabelle anmelden UND den Klageweg weiter beschreiten? Hebelt nicht die Anmeldung der Forderung zur Tabelle die weitere gerichtliche Geltendmachung der Arztkosten aus?
Vorab vielen Dank!
Wie geschildert ist der ursprüngliche Prozess unterbrochen. Der Arzt hat die Forderung zur Tabelle anzumelden.
Nur für den Fall, dass Sie, der Insolvenzverwalter oder ein Gläubiger die Forderung bestritten haben, kann der Arzt den bereits anhängigen Rechtsstreit gegen den Bestreitenden fortführen. Die Kosten dieses Prozesses werden Sie zu tragen haben, wenn Sie die Forderung bestritten haben und sodann im Feststellungsrechtsstreit unterliegen.
Der Arzt kann allerdings nicht den ursprünglichen Rechtsstreit fortführen, wenn die Forderung zur Tabelle festgestellt wurde, da er damit einen neuen Titel erlangt hat und sich der ursprüngliche Rechtsstreit erledigt hat. Ein Bestreiten der Forderung ergab sich aus Ihren Schilderungen nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Martin P. Freisler
Rechtsanwalt
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