Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Zunächst vorweg: Da Sie nicht den Weg einer Direktanfrage an den Kollegen Mack gewählt haben, sondern Ihre Frage im allgemeinen Bereich eingestellt haben und mir diese Frage zugeteilt wurde, erlaube ich mir, diese zu beantworten. Die Kosten für die Beantwortung richten sich gemäß den Nutzungsbedingungen dieser Plattform nach dem von Ihnen bereits ausgelobten Honorar.
Zu Ihrer Frage: Der Gesetzgeber hat mit § 632 Abs. 3 BGB
den Regelfall definiert und klargestellt, dass Kostenvoranschläge dann, wenn keine andere ausdrückliche Vereinbarung getroffen ist, als vorvertragliche Leistung unentgeltlich zu erfolgen haben. Kostenvoranschläge sind nur dann vergütungspflichtig, wenn dies vor Annahme des Angebots in einer ausdrücklichen (vom eigentlichen Auftrag unabhängigen) und unmissverständlichen Vereinbarung mit dem Kunden geregelt wird (BGH, 03.12.1981 - VII ZR 368/80
). Eine formularmäßig bestimmte Vergütungspflicht von Kostenvoranschlägen ist dagegen mit dem wesentlichen Grundgedanken der Regelung des § 632 Abs. 3 BGB
nicht zu vereinbaren, benachteiligt den Kunden deshalb unangemessen und ist unwirksam (OLG Karlsruhe, 29.12.2005 - 19 U 57/05
). Sollte es sich also um einen einseitig vorformulierten Text gehandelt haben, der regelmäßig vom Fachhändler gegenüber seinen Kunden verwendet wird, besteht daher durchaus die Möglichkeit, das die Vereinbarung unwirksam ist
Wenn Ihre Frau allerdings eine individuelle Vereinbarung dahingehend unterschrieben hat, dass der Kostenvoranschlag bei Nichtannahme des Angebotes mit 150,- EUR netto zu vergüten ist, so unterfällt eine solche Vereinbarung zunächst einmal der Vertragsfreiheit und ist grundsätzlich wirksam. Da Sie schreiben, dass Ihre Frau zur Unterschrift „genötigt" wurde, die Vereinbarung zu unterschreiben, ist die Vereinbarung aber möglicherweise wegen Täuschung oder Drohung anfechtbar (§ 123 BGB
). Des Weiteren kommt in Betracht, dass der Vertrag gem. § 134 BGB
wegen Verstoßes gegen ein Verbotsgesetz (Nötigung, § 240 StGB
) unwirksam ist. Auch kommt eine Unwirksamkeit des Vertrages gem. § 138 Abs. 1 BGB
wegen Sittenwidrigkeit in Betracht. Gem. § 138 Abs. 2 BGB
ist insbesondere ein solches Rechtsgeschäft sittenwidrig, welches unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen entsteht und bei welchem die Leistung in einem krassen Missverhältnis zur Leistung steht. Da es sich hierbei aber stets um Ausnahmen vom bereits genannten Grundsatz der Vertragsfreiheit handelt, müssen schon besondere Umstände vorliegen, damit diese greifen. Ein einfaches „Drängen" zum Vertragsschluss reicht nicht aus.
Zusammenfassend: Grundsätzlich ist Ihre Frau an die getroffene Vereinbarung gebunden (pacta sunt servanda – Verträge sind einzuhalten) und muss die Vergütung bezahlen. Lediglich wenn einer der oben genannten Ausnahmetatbestände greifen sollte oder die Vergütungsvereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingungen des Fachhändlers einzustufen wären (was beides ohne Kenntnis aller Details im Rahmen dieser Erstberatung leider nicht abschließend beurteilt werden kann), wäre die Vereinbarung unwirksam bzw. könnte durch Anfechtung rückwirkend vernichtet werden. In diesem Fall würde eine Vergütungspflicht natürlich nicht bestehen und die Forderung müsste nicht beglichen werden.
Ich hoffe, Ihnen eine erste hilfreiche Orientierung ermöglicht zu haben. Bei Unklarheiten benutzen Sie bitte die kostenfreie Nachfragefunktion.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
Brandsweg 20
26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: https://www.jan-wilking.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Jan Wilking