Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ihre Frage fasse ich so zusammen: Sie sind polnische Staatsangehörige und arbeiten in den Niederlanden, dies seit November 2012 für ein deutsches Unternehmen. Ab Mai 2014 werden Sie zwar weiterhin in der Niederlanden wohnhaft sein, aber in Deutschland arbeiten.
Sie möchten wissen, ob Sie in Deutschland einen Anspruch auf das staatliche Eltern- bzw. Kindergeld haben.
Zunächst zum Elterngeld. Voraussetzung für einen Anspruch auf Elterngeld ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (BEEG) grundsätzlich, dass der Berechtigte einen Wohnsitz bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat. Das ist bei Ihnen weder ab November 2012 noch ab Mai 2014 der Fall.
Allerdings handelt es sich bei Elterngeld um eine Familienleistung im Sinne von Art. 73 der VO (EWG) Nr. 1408/71. Deshalb gilt das BEEG auch für Grenzgänger, die ein Arbeitsverhältnis in Deutschland, ihren Wohnsitz aber im EU-Ausland haben (vgl. Roller in: Handbuch des Fachanwalts Sozialrecht, 3. Auflage, Köln 2012, Seite 1287 unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung, BT-Drucks. 16/1889, S. 18
). Jedoch werden etwaige, dem Elterngeld vergleichbare ausländische Leistungen gem. § 3 Abs. 1 Satz 1
Nr. 3 BEEG auf das Elterngeld angerechnet. Nach § 3 Abs. 3 BEEG
ruht ein Elterngeldanspruch bis zur möglichen Höhe einer vergleichbaren ausländischen Leistung, solange diese nicht beantragt wird.
Zusammengefasst heißt das: Sobald Sie Grenzgängerin sind, mithin ab Mai 2014, steht Ihnen ebenso Elterngeld aus Deutschland bzw. dem Ausland zu, wie einem in Deutschland wohnhaften Arbeitnehmer.
Was für Sie bzw. den Kindsvater von Interesse sein könnte: Selbst der Ehegatte eines Grenzgängers, der selbst kein Grenzgänger ist, kann einen Anspruch auf das deutsche Elterngeld haben (EuGH, Urteil vom 18.07.2007, Az. C-212/05
"Hartmann").
Die Höhe des Elterngeldes ist abhängig vom Netto-Einkommen im Sinne des § 2c BEEG
, das Sie im Bemessungszeitraum (grundsätzlich den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes) verdient haben. Bereits ab einem Netto-Einkommen von 2.700,00 € erhalten Sie den Elterngeld-Höchstsatz von 1.800,00 € (67 Prozent). Rechtsprechung dazu, ob insoweit auch Auslöse als Einkommen zu berücksichtigen ist, liegt nicht vor, wobei allerdings viel für eine entsprechende Berücksichtigung spricht. Zur schnellen, wenngleich überschlägigen Berechnung des Elterngeldanspruchs kann ich auch auf den Elterngeldrechner des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unter www.bmfsfj.de/Elterngeldrechner verweisen. Hier kann auch das Elterngeld bei Teilzeittätigkeit während der Elternzeit berechnet werden.
Zum Kindergeld: Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) kann erhalten, wer nach § 1 Abs. 1
und 2 des Einkommensteuergesetzes nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht nach § 1 Absatz 3
des Einkommensteuergesetzes als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird und u.a. in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagentur für Arbeit nach dem SGB III steht oder versicherungsfrei nach § 28 Absatz 1 Nummer 1 SGB III
ist. Ob Sie gegenwärtig in Deutschland arbeitslosenversichert sind, ergibt sich aus der Frage nicht. Für Grenzgänger gilt jedoch das Kindergeldrecht des Beschäftigungsstaates. Das heißt, dass Sie spätestens ab Mai 2014 auch in Deutschland kindergeldberechtigt sein werden.
Hinsichtlich der weitergehenden Frage, ob, wenn es um Elternrechte ginge, generell nach deutschem Recht vorgegangen werden könne, ist eine eindeutige Antwort nicht möglich. Soweit hiermit jedoch Elternrechte aus dem Familienrecht (z.B. Umgangsrecht, Sorgerecht, Kindesunterhalt) gemeint sind, ist deutsches Recht nicht anwendbar.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Corinna Ostermann-Schmidt, Rechtsanwältin
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