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Formulierung über ABR in Scheidungsfolgevereinbarung eindeutig oder nicht?

22. Oktober 2012 14:32 |
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Familienrecht


Beantwortet von


15:32

Sehr geehrte Damen und Herren,

schon einmal im voraus vielen Dank für Ihren sachkundigen und schnellen Rat.

Mein Noch-Ehemann (Scheidung läuft derzeit) und ich, wir haben uns am 01.09.2010 getrennt. Damals noch unter einem Dach, bis klar war, wo und wie wir jeder unser weiteres Leben gestalten. Im Zuge dessen, haben wir im Dezember 2013 einvernehmlich eine Scheidungsfolgevereinbarung (SFV) mit Hilfe unserer Anwälte und notariell beglaubigt verabschiedet. Darin haben wir die aus unserer Sicht wichtigsten Dinge vorab geklärt (Erbverzicht. mein Unterhaltsverzicht. etc.).

Im § 5 unserer SFV haben wir das Thema Sorgerecht/ Kindesunterhalt aufgeführt. Dort steht wortwörtlich geschrieben:

...." ... Wir stellen keine Anträge zur Übertragung der elterlichen Sorge oder eines Teils der elterlichen Sorge auf einen Elternteil und zur Regelung des Umgangs der Eltern mit den Kindern, weil wir uns über das Fortbestehen der Sorge und über den Umgang einig sind. Die drei gemeinsamen Kinder leben im Haushalt der Ehefrau, die auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht für alle drei Kinder hat.

Dem Ehemann wird ein großzügiges Umgangsrecht eingeräumt, wobei der Aufenthalt im Einzelnen zwischen den Eltern abzustimmen ist. ..." ...

Nun meine Frage dazu. Ist diesem Text eindeutig zu entnehmen, wer das ABR hat? Bezieht sich das Wort 'auch' im zweiten Satzteil (... Die drei gemeinsamen Kinder leben im Haushalt der Ehefrau, die auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht für alle drei Kinder hat. ...) darauf, dass nicht nur die Kinder im Haushalt der Ehefrau leben, sondern sie (die Ehefrau) darüber hinaus auch das ABR für alle 3 Kinder hat oder bezieht sich das Wort 'auch' darauf, dass nicht nur die Ehefrau sondern auch der Ehemann das ABR hat?

Ergänzen möchte ich noch, dass mein Noch-Ehemann und ich, bisher davon ausgegangen sind, dass ich das (alleinige) ABR habe, uns jedoch kürzlich von einer Mitarbeiterin in einer Familienberatungsstelle (aufgesucht aufgrund unserer Differenzen bgzl. Kindesumgang) gesagt wurde, dass zum einen das ABR per SFV gar nicht zugesprochen werden kann (sondern nur gerichtlich) und das zum anderen der Text nicht eindeutig ist. Mein Noch-Ehemann bezieht sich nun darauf und stellt plötzlich alles in Frage.
Ich sollte vielleicht auch noch erwähnen, dass ich damals mit den 3 Kindern von München nach Berlin gezogen bin (was eigentlich und immer und schon lange unser gemeinsamer Plan war). Der Kindesvater wohnt nun, 1,5 Jahre später, wieder in unmittelbarer Nähe und daher gibt es einige Dinge, die akut geklärt werden müssen.

Sollte das ABR eindeutig bei mir liegen kann, wie kann ich argumentieren? Wenn nicht, wäre eine gerichtliche Vertragsauslegung die einzige Möglichkeit? Wer müsste wie vorgehen um Klarheit zu schaffen?

Danke und beste Grüße

22. Oktober 2012 | 15:34

Antwort

von


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Sehr geehrte Frau R.,

das Aufenthaltsbestimmungsrecht ist ein Teil des Sorgerechts. Rechtliche Veränderungen in diesem Status können nicht durch Vereinbarung der Eltern erfolgen, sondern können wirksam nur durch das Gericht beschlossen werden. Rein formal ist es also so, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht weiter bei Ihnen und Ihrem Mann als Eltern liegt. Sie können dieses dann auch nur gemeinsam ausüben. Dies gilt für alle anderen Aspekte des Sorgerechts auch.

Allerdings ist davon zu unterscheiden der faktische Aufenthalt. Diesbezüglich besteht nach der Vereinbarung und der bisher geübten Praxis ja Einigkeit dahin, dass die drei Kinder bei Ihnen leben.

Da, wie gesagt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht nicht durch Vereinbarung zwischen Ihnen als Eltern übertragen werden kann, kommt es auf die genaue Auslegung des von Ihnen zitierten Satzteils bezüglich des Aufenthaltsbestimmungsrechts nicht mehr an. Allerdings bin ich der Auffassung, dass rein sprachlich dieser Satzteil nur so verstanden werden kann, dass Sie das Aufenthaltsbestimmungsrecht haben sollten. Eine andere Auslegung macht schon deshalb keinen Sinn, weil die Eltern ja schließlich gemeinsam das entsprechende Recht haben, wenn nichts anderes vereinbart ist beziehungsweise geregelt ist. Eine ausdrückliche Erwähnung, dass auch Ihnen das Aufenthaltsbestimmungsrecht zustehen soll wäre damit überflüssig gewesen, nur das andere Verständnis, dass Sie alleine das Aufenthaltsbestimmungsrecht haben sollten, macht dann überhaupt Sinn.

Nachdem dies nun auch um schon längere Zeit, offensichtlich deutlich mehr als ein Jahr, geschieht, müsste es schon sehr gewichtige Gründe dafür geben, dass plötzlich der Aufenthalt der Kinder bei Ihnen in Frage gestellt wird. Wenn jetzt Ihr Mann an der Auffassung ist, dass die Kinder besser bei ihm leben sollten spricht einmal dagegen, dass sie in der Vereinbarung etwas anderes beschlossen haben und in der Vergangenheit auch etwas anderes gelebt wurde. Sofern also nicht bei den Kindern erhebliche Probleme aufgetreten sind und die Kinder (je nachdem wie alt diese sind) entsprechende Wünsche zum Wechsel deutlich äußern, führte das so genannte Kontinuitätsprinzip dazu, dass ein Gericht in jedem Fall deutlich dazu tendieren würde und müsste, das Aufenthaltsbestimmungsrecht bei Ihnen zu belassen, weil damit dann auch der Aufenthalt der Kinder bei Ihnen verbunden wäre. Wollte Ihr Mann Aussicht auf Erfolg dieses ändern, müssten Sie ungeeignet zur Erziehung sein, damit das Kindeswohl es erfordert, dass die Kinder zum Vater kommen. Dies erscheint unrealistisch.

Wenn also jetzt tatsächlich ein darüber gestritten wird, wo die Kinder leben sollen, dann muss im Rahmen des laufenden Scheidungsverfahrens die entsprechende Klärung erfolgen (d.h. von Ihnen bzw. Ihrem Anwalt ein entsprechender Antrag gestellt werden). Es ist sinnvoll, das als sog. Folgesache anhängig zu machen, weil dann die Gebühren und Kosten deutlich geringer sind, als wenn dies extra in einem Verfahren ausgestritten wird.


Rechtsanwalt Jörg Klepsch
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Familienrecht

Rückfrage vom Fragesteller 23. Oktober 2012 | 14:07


Sehr geehrter Herr Klepsch,

ganz herzlichen Dank für Ihre schnelle und verständliche Antwort. Sie hat mir sehr geholfen. Gerne würde ich noch eine Unsicherheit klären wollen.

Die Frage nach der Eindeutigkeit der Formulierung hatte nur bedingt die Ursache darin, dass der Kindesvater nun möchte, dass unsere Kinder (im Übrigen 8, 6 und 4 Jahre alt) jetzt ganz bei ihm leben. Die Intention war vielmehr, dass wir eine ganz unterschiedliche Auffassung vom Umgang haben.

Während er das Wechselmodell bevorzugt (leider auch aufgrund der Einsparung bzw. erheblichen Verringerung seiner monatlichen Zahlungen für die Kinder) und ich zu einer 14-tägigen Umgangsregelung tendiere (WE alle zwei Wochen, Ferien hälftig, Feiertage abwechselnd etc.).
Mir war es also wichtig zu erfahren, ob ich den Umgang aufgrund des ABR bzw. aufgrund unserer Vereinbarung bestimmen kann, oder darf ich das nicht so einfach? Ist hier das seit über einem Jahr gelebte (da gab es den Umgang aufgrund der Entfernung sogar nur alle 4-8 Wochen) auch maßgebend oder werden die Karten neu gemischt, da sich die Situation verändert hat und er nun in unmittelbarer Nähe wohnt?

Vielen Dank für Ihren fachkundigen Rat.

Beste Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 23. Oktober 2012 | 15:32

Sehr geehrte Frau R.,

das ist im Grunde genommen eine neue weitere Frage. Umgangsrecht und Sorgerecht sind zwei vollkommen unterschiedliche Aspekte, das Aufenthaltsbestimmungsrecht gestattet es nicht, alleine über den Umgang zu bestimmen und entscheiden. Selbst das alleinige Sorgerecht würde nicht dazu führen, dass Sie vollkommen autonom über die Frage des Umgangs entscheiden könnten. Der Umgang mit dem anderen Elternteil ist sowohl Recht und Pflicht des anderen Elternteils als auch (vor allem) ein Recht des jeweiligen Kindes. Welcher Umgang, wie viel und wann ist am Wohl des Kindes zu orientieren.

Die bisherige Praxis ist wenig tauglich für die Frage, welcher Umgang für die Kinder gut ist. Die Situation hat sich eben grundsätzlich geändert, so dass die Frage des Umgangs neu überdacht und geregelt werden muss.

Ob das Wechselmodell tatsächlich ein sog. echtes Wechselmodell ist, vermag ich natürlich derzeit nicht zu beurteilen. Allerdings ist nicht jeder über das normale Umgangsrecht alle zwei Wochen hinausgehender Umgang ein Umstand, der dazu berechtigt, weniger Unterhalt zu bezahlen. Im Gegenteil, in aller Regel ist das nämlich nicht gerechtfertigt. Ob ein Wechselmodell (welches Modell auch immer: eine Woche Mama, eine Woche Papa; dreieinhalb Tage Mama, dreieinhalb Tage Papa; drei Tage hier, 4 Tage dort; usw.) für die Kinder tatsächlich gut und sinnvoll ist, kann nur individuell bestimmt werden. Die Erfahrung zeigt, dass vor allem bei Schulkindern diese Wechsel sich nicht positiv auswirkten. Das bedarf aber einer individuellen Besprechung.

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