Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Obwohl die DNA-Analyse eine Übereinstimmung der Erbmerkmale zu 99,97% ergab, scheint das Gericht, so meine Vermutung aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung, noch "Restzweifel" bezüglich der Abstammung zu haben. Dafür spricht auch die Anordnung, die Witwe Ihres Vaters anzuhören.
Wenn der Richter das für erforderlich hält, haben Sie so gut wie keine Möglichkeit zu verhindern, daß weiter Beweis erhoben wird.
Wenn das Gericht das persönliche Erscheinen anordnet, ist der Betreffende gehalten, dieser Anordnung zu folgen. Da die Witwe zu dem ersten Termin nicht erschienen ist, können Sie anregen, kurzfristig einen weiteren Termin anzuberaumen und der Witwe anzudrohen, gegen sie ein Ordnungsgeld im Fall des Fernbleibens zu verhängen. Dieser Anregung wird das Gericht, sofern es nicht bereits von sich aus zu dieser Maßnahme greift, folgen.
2.
Sollte die Witwe dem neuen Termin mit einer Entschuldigung (z. B. Vorlage eines ärztlichen Attests) erneut fernbleiben, besteht die Möglichkeit, die Witwe vor dem sog. ersuchten Richter anzuhören. Das wäre das Gericht des Wohnsitzes der Witwe. In diesem Fall würde die Akte mit den Beweisfragen an dieses Gericht, also an den ersuchten Richter, gesandt. Das ist nach Ihrer Schilderung nun - konsequenterweise - geschehen. Sie werden nun den Termin abwarten müssen.
An dem Termin könnten Sie teilnehmen.
3.
Das Verhalten des Gerichts erscheint mir unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung keineswegs unlogisch.
Deshalb empfehle ich Ihnen, das Ergebnis dieses Termins abzuwarten. Ratsam kann auch die Einschaltung eines Rechtsanwalts vor Ort sein, wobei ich die Entscheidung des Gerichts allerdings abwarten würde.
4.
Es ist verständlich, daß Ihnen die Dauer des Verfahrens lang erscheint. Da Sie den Antrag vor einem Jahr gestellt hatten und zwischenzeitlich ein Gutachten erstellt werden mußte, ist die Verfahrensdauer aber durchaus normal und deshalb nicht zu beanstanden.
Wenn das Gericht die Witwe Ihres Vaters angehört hat, dürfte mit einer Entscheidung zu rechnen sein. So schwer es auch fallen mag: Bis dahin sollten Sie sich noch gedulden. Eine Möglichkeit, das Verfahren derzeit zu beschleunigen, haben Sie nicht.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt
Antwort
vonRechtsanwalt Gerhard Raab
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Sehr geehrter Herr Raab,
bitte beantworten Sie mir noch meine Frage ob das Schreiben meiner Stiefmutter an den Notar in Frankreich, in dem sie meine Kindschaft bestätigt, vor Gericht als gültige Zeugenaussage angenommen werden kann.
Ihrer Feststellung, die Haltung des Gerichts sei nicht unlogisch, muss ich heftig widersprechen. Unlogisch sind die Zweifel, zum einen an der Ehrsamkeit meiner Mutter und zum anderen an meiner Ehrlichkeit. Das Gericht lässt die besonderen Umstände im Nazi-Deutschland und in einem kleinen bayerischen Dorf außer Acht.
Weiß man denn nicht, dass sich meine Mutter durch ihre Beziehung zu einem Kriegsgefangenen größter Gefahr an Leib und Leben ausgesetzt hat? Ihr zu unterstellen, sie habe auch noch mit anderen Männern geschlafen ist wirklich unerhört beleidigend.
Kann man sich nicht vorstellen, welchen Anfeindungen meine Mutter und ich in den 40er und 50er Jahren ausgesetzt waren? Ich selbst habe in meiner Kindheit und Jugend seelische und körperliche Misshandlungen und Missbrauch ertragen müssen aufgrund meiner französischen und unehelichen Abstammung.
Was sieht der Richter heute in mir, wenn er Zweifel an der Rechtmäßigkeit meines Antrags stellt?
Eine Betrügerin, die 65 Jahre lang die Zugehörigkeit zu ihrer französischen Familie vorgetäuscht hat und jetzt auch noch die behördliche Bestätigung beantragt. Das ist höchst zynisch. Ich bin fassungslos.
Muss ich womöglich auch noch mit den Kosten für das unnötige Gutachten und das vom Gericht angeordnete Verfahren rechnen?
Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Nachfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Ein Schreiben mag ggf. als Urkundenbeweis in Betracht gezogen werden, eine Zeugenaussage ist es nicht.
Da ich den Inhalt der gesamten Akte nicht kenne, kann ich nur vermuten, daß das Gericht diesem Schreiben nicht die Beweiskraft beimißt, die das Gericht als Entscheidungsgrundlage für erforderlich ansieht. Das erscheint auch nicht vollkommen abwegig, da die Witwe Ihres verstorbenen Vaters, also Ihre Stiefmutter, zur Vaterschaft nur vom Hörensagen etwas aussagen kann.
2.
Wenn ich als Rechtsanwalt einen Sachverhalt beurteile, prüfe ich - ebenso wie das Gericht - die prozessualen Gegebenheiten. Das Vorgehen des Gerichts erscheint auf der Basis Ihrer Schilderung in keinem Punkt abwegig oder gar unlogisch. Der juristische Laie, dem prozessuale Zusammenhänge nicht geläufig sind, betrachtet den Fall dagegen unter (persönlichen) Aspekten, die jedoch mit der Rechtslage oftmals nicht in Einklang stehen.
Sie schreiben, unlogisch seien die Zweifel, zum einen an der Ehrsamkeit Ihrer Mutter und zum anderen an Ihrer Ehrlichkeit. Daran zweifelt das Gericht, und soviel läßt sich aus der Sachverhaltsschilderung ablesen, keineswegs. Das Gericht muß aber die Beweismittel ausschöpfen, die zur Verfügung stehen, um zu einer Entscheidung zu gelangen, die auch einer Überprüfung im Fall der Einlegung eines Rechtsmittels standhält.
Damit ein Gericht zu einer Entscheidung gelangen kann, müssen Tatsachen soweit wie möglich erforscht werden. Die Gefährlichkeit der Beziehung Ihrer Mutter zu einem Franzosen im Dritten Reich steht außerhalb jeden Zweifels. Daraus ergibt sich aber nach den Grundsätzen der Beweiswürdigung nicht zwingend die Vaterschaft.
3.
Da ich die Einzelheiten des Falls nicht kenne, kann ich zur Kostentragungspflicht bezüglich des Gutachtens leider nichts sagen.
4.
Es ist verständlich, daß Sie sich in Ihrer Ehre gekränkt fühlen. Andererseits ist das Gericht an Gesetz und Rechtsprechung gebunden.
Ich hoffe, daß ich Ihnen den Unterschied zwischen Beweis und Beweiswürdigung einerseits sowie den persönlichen Interessen andererseits ein wenig näher bringen konnte.
Ich wünsche Ihnen ein ruhiges und erholsames Weihnachtsfest und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab
Rechtsanwalt