Sehr geehrte Fragestellerin,
sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage, diese möchte ich an Hand Ihrer Angaben hier zusammenfassend im Rahmen einer Erstberatung unter Beachtung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:
Ein Wegerecht (z.B. Befahrungsrecht, Leitungsrecht) nach §§ 1018
bis 1029 BGB
als Grunddienstbarkeit nach zivilrechtlichen Vorschriften ist das eine, eine Baulast nach öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften ist das andere.
Für Sie ergeben sich daraus zwei Möglichkeiten (Zivilrecht und öffentliches Recht) auf die Benutzung Ihrer Auffahrt durch G Einfluss zu nehmen und diese zu beschränken oder zu verhindern.
Auf jeden Fall sollten Sie sich zunächst durch die Einholung aktueller Grundbuchauszüge und Anfragen beim Grundbuchamt einen Überblick über die Grundstücke verschaffen.
ZIVILRECHT :
Zunächst wäre der genaue Inhalt des Wegerechts zu klären. Welches Grundstück ist wie genau belastet ("dienende Grundstücke" A,B,C) und welches ist das ("herrschende Grundstück" G; bei Grundstücksteilung vgl. §1025 BGB
). Es wäre denkbar, daß G sein Grundstück zwar begehen, aber nicht befahren darf. Es wäre denkbar, daß G zwar sein Grundstück zulässigerweise geteilt hat, aber das Wegerecht für G´s Grundstück nicht mehr vollumfänglich besteht besteht. Das sehr allgemeine Zitat einer juristischen Fundstelle zu § 1018 BGB
mag zwar zutreffen, jedoch gilt ebenso 1020 BGB, wonach eine Grunddienstbarkeit schonend auszuüben ist. Bereits hieraus sollte sich für G ergeben, daß er Ihnen schon aus nachbarschaftlicher Verbundenheit seine Baupläne etc. offenlegt, denn Sie müssen ja prüfen und abschätzen können, wie der Weg befahren wird.
Die zivilrechtliche Grunddienstbarkeit dient einer Privatperson (nämlich G), jedoch nur in dem grundbuchlich beschriebenem Umfang.
ÖFFENTLICHES RECHT (BAURECHT)
Zur Bebauung seines Grundstücks muß G nachweisen, das dieses erschlossen ist. G hat damit nach Ihren Beschreibungen ein echtes Problem, denn ob er von Ihnen die Eintragung einer öffentlich-rechtlichen Baulast verlangen kann ist fraglich (denn G ist ja keine Behörde). G muss nachweisen, dass sein Grundstück erschlossen ist, und will dieses über die bestehende private Auffahrt (Privatstrasse ? Ist die Straße im Bebauungsplan eingezeichnet ?) von A,B und C befahren. Die Baulast (die Gemeinden führen ein sogenanntes Baulastenverzeichnis) dient dabei grundsätzlich nur G, um gegenüber der Baubehörde nachzuweisen, das sein Grundstück erschlossen ist (§ 30 Abs. 1
Baugesetzbuch BauGB).
Üblicherweise werden Grundstücke über öffentliche Straßen (oder öffentliche Verkehrsflächen) erschlossen. Die Erschließung über Privatstraßen ("Privaterschließung") ist ebenfalls üblich. In Ihrem Fall kommen daher auch Erwägungen des Straßenrechts in Betracht, die hier jedoch nicht umfangreich beschrieben werden können. Um es auf den Nenner zu bringen : Wenn die Erschließung von G´s Grundstück (und weiterer Grundstücke) über Ihre privaterschlossene Straße erfolgen soll, hat G sich an den Erschließungs- und Unterhaltungskosten zu beteiligen. Wenn die Behörde möchte, daß die Auffahrt eine öffentliche Straße werden soll, soll die Behörde sie zur öffentlichen Straße machen/ die Straße übernehmen. Möglicherweise werden sie so die "teure" Privatstraße (die Sie möglicherweise in einigen Jahren erneuern müssen) los. Wenn G´s Grundstück bebaut wir ist immerhin zu befürchten, daß der Straßenbelag enormen Schaden nimmt. Bedenken Sie auch, daß die "Strasse" nicht nur aus dem Straßenbelag, sondern auch aus Leitungen etc. besteht. Wenn die Gemeinde die Straße "enteignen" will werden sie vielleicht eine enorme Last los - ich rate Ihnen zu überdenken, ob dies auf Dauer nicht die beste Lösung für alle wäre. Ob Ihre Kinder (hoffentlich mit den Nachbarkindern zusammen) auf einer öffentlichen oder privaten Strasse spielen merken die Kinder nicht. Regen Sie bei der Behörde z.B. verkehrsberuhigende Maßnahmen ("Spielstraße") an.
Vorschriften über die Beschaffenheit der Straße ergeben sich aus dem Straßenrecht und nicht unbedingt aus der LBO. Die Benutzung der öffentlichen Straßen ist z.B. in der StVO geregelt (Privatstrassenbetreiber hängen üblicherweise ein Schild "Hier gilt die StVO" auf). Möglicherweise ist nicht die Baubehörde, sonder z.B. das Tiefbauamt (Strassenbehörde) für diese Fragen zuständig.
Träger der Straßenbaulast bei öffentlichen Straßen ist die Gemeinde (vgl. http://www.luebeck.de/stadt_politik/statistiken/files/PDF/414.pdf) - d.h. die "Gemeinde" Lübeck muß für die Unterhaltung nur dieser öffentlicher Straßen aufkommen.
Ob G die Verpflichtung hat sein Grundstück anderweitig zu erschliessen müsste geprüft werden.
G kann falls er eine bauliche Anlage baut und nutzt diese entsprechend der genehmigten Nutzung (z.B. Wohnnutzung) nutzen. Das Recht die Straße zu befahren erstreckt sich auch auf Besucher etc.
Zu Ihrer 4. Frage nochmal klargestellt: Wird der Wert Ihres Grundstücks nicht höher, wenn Sie die teure Straße loswerden? Ich meine schon, insbesondere wenn keine echte Durchgangsstraße entstehen soll/kann. Bedenken sie die enormen Unterhaltungskosten, die im laufe der Zeit die Erstherstellungskosten um ein Vielfaches überschreiten.
Beschaffen Sie sich insbesondere einen Bebauungsplan.
Bleiben Sie gelassen, und bestehen Sie darauf, daß die Behörde und G Ihnen konkrete Rechtsvorschriften nennt, aus denen sich ergeben sollte, daß Sie eine öffentliche Baulast (ohne Gegenleistung) dulden sollten.
Sollten Sie eine umfassende Rechtsberatung wünschen, können Sie mich gerne kontaktieren. Falls es hart auf hart kommt rate ich Ihnen auf alle Fälle professionellen Rechtsrat durch einen Kollegen oder eine Kollegin einzuholen.
Ich hoffe, Ihren einen hilfreichen ersten Überblick verschafft zu haben. Für das entgegengebrachte Vertrauen bedanke ich mich recht herzlich. Bitte beachten Sie, dass diese Beratung nicht eine umfassende Prüfung an Hand aller Unterlagen und gegebenfalls weiter Ermittlungen zum Sachverhalt ersetzen kann.
Gerne weise ich darauf hin, dass Sie im die Möglichkeit haben eine kostenlose Nachfrage zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Lautenschläger
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 30.06.2007 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Lautenschläger,
vielen Dank für Ihre sehr schnelle, ausführliche und hilfreiche Antwort.
Vorab möchte ich unbedingt klarstellen, dass es sich in unserem Fall NICHT um die Gemeinde Lübeck handelt(ich kenne auch nur den Begriff "Stadt Lübeck"). Ich spreche von der Gemeinde X, in der wir gerade ein Haus gebaut haben, in das wir in Kürze ziehen werden.
Zu Ihren Ausführungen habe ich jetzt noch folgende Verständnisfragen:
1. Was genau bedeutet "schonend" im Zusammenhang mit der gesetzlichen Verpflichtung, "eine Grunddienstbarkeit schonend auszuüben"? Verstehe ich es richtig, dass wir im Falle einer Zustimmung zur Eintragung ins Baulastenverzeichnis in jedem Fall auf eine Gegenleistung bestehen können, die es dann auszuhandeln gilt?
2. Wie oft wird eine Flurkarte aktualisiert? Der Bebauungsplan ist uns als Kopie von der Gemeinde ausgehändigt worden, allerdings ist darauf nicht zu erkennen, welche Parzellen / Grundstücke überhaupt dazugehören (die Nummern fehlen größtenteils). Die Flurkarten, die wir ebenfalls als Kopien erhalten haben, datieren aus verschiedenen Jahren und zeigen nicht die derzeitige Bebauung mit den derzeitigen Grundstücken. Entsprechend wissen wir nicht genau, welches Areal der B-Plan überhaupt umfaßt. Können wir vom Katasteramt eine aktuelle Version in Kopie anfordern?
3. Verstehe ich es richtig, dass unsere Auffahrt auch als Privatstrasse bezeichnet werden kann? Ist ein öffentlicher Weg gleich einer öffentlichen Straße?
4. Würde die Tatsache, dass wir eine Baulast zugunsten G eintragen lassen, der Gemeinde das Recht verschaffen, dass künftig die Grundstücke, die neben G liegen, ebenfalls über unsere Auffahrt erschlossen werden und wir entsprechend auch die Baulast für diese Grundstücke in Kauf nehmen müssen?
Herzlichen Dank im voraus für Ihre Hilfe (vor allem angesichts der Tatsache, dass Sie sich auch am Wochenende Zeit für die Beantwortung nehmen)!
Sehr geehrte Fragenstellerin,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
zu 1.
Insofern G über Ihre Auffahrt sein Grundstück erschliessen möpchte sollte er sich grundsätzlich an den Erstherstellungs- und Unterhaltungskosten der Auffahrt beteiligen. Schonend heist, dass Sie als Eigentümer des belasteten Grundstücks (=der Auffahrt) durch das Wegerecht nur insoweit eingeschränkt werden sollen, als es zur sachgemässen Nutzung von G´s Grundstück erforderlich ist. G darf wohl nicht zahllose weitere Grundstücke mitanschliessen.
zu 2.
Sie sollten sich dringend beim Baurechtsamt eine Kopie des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans verschaffen. Auch beim Grundbuchamt dürften Sie bei Schilderung des Sachverhaltes ein "berechtigtes Interesse" zu entsprechenden Informationen haben - teilen Sie dem Baurechtsamts und G mit, dass Sie ohne diese Unterlagen sich gehindert sehen die Sache umfassend zu überdenken.
zu 3.
Sie sollten feststellen, ob die Auffahrt eine Privatstraße oder eine öffentliche Verkehrsfläche ist - das ergibt sich aus dem Bebauungsplan.
Ihre Auffahrt wurde vermutlich privat erschlossen (im Gegensatz zur öffentlichen Erschliessung). Privat heisst in diesem Zusammenhang, dass Sie (oder ihr Rechtsvorgänger) die Straße auf eigene Kosten gebaut hat - öffentliche Strassen werden bekanntlich vom Strassenbaulastträger gebaut und unterhalten.
Straßen- und Wegegesetz des Landes Schleswig-Holstein (StrWG)
§ 2 Öffentliche Straßen
(1) Öffentliche Straßen sind Straßen, Wege und Plätze, die dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind.
(2) Zu den öffentlichen Straßen gehören:
1. der Straßenkörper, insbesondere der Straßengrund, der Straßenunterbau, die Straßendecke, die Brücken, Tunnel, Durchlässe, Dämme, Gräben, Entwässerungsanlagen, Böschungen, Stützmauern, Trenn-, Rand-, Seiten- und Sicherheitsstreifen sowie die Gehwege und Radwege, auch wenn sie ohne unmittelbaren räumlichen Zusammenhang im Wesentlichen mit der für den Kraftfahrzeugverkehr bestimmten Fahrbahn gleichlaufen,
2. der Luftraum über dem Straßenkörper,
3. das Zubehör, das sind die Verkehrszeichen, die Verkehrseinrichtungen und -anlagen aller Art, die der Sicherheit des Straßenverkehrs oder dem Anliegerschutz dienen, einschließlich der Lärmschutzanlagen, und die Bepflanzung,
4. die Nebenanlagen, das sind Anlagen, die überwiegend den Aufgaben der Straßenbauverwaltung dienen, z.B. Straßenmeistereien, Gerätehöfe, Läger, Lagerplätze, Ablagerungs- und Entnahmestellen, Hilfsbetriebe und -einrichtungen.
(3) ...
Vgl. auch : http://sh.juris.de
Letztlich entscheidend dürfte die straßenrechtliche Widmung sein. Weitere Einzelheiten können im hiesigen Rahmen nicht ausgeführt werden.
zu. 4. Wohl nicht, denn die bestehenden Wegerechte können nicht masslos (z.B. durch Grundstücksteilungen) ausgeweitet werden.
Ich rate Ihnen nochmals zu überprüfen, ob Sie nicht nach Durchsicht aller Unterlagen die Möglichkeit ergreifen wollen um zu versuchen die "Last" (des Wegerechts/der Baulast) loszuwerden. Machen Sie sich nochmals klar, daß die Auffahrt jetzt zwar neu sein mag, aber bereits in wenigen Jahren erhebliche Kosten verursachen wird. Wenn die Gemeinde/Stadt (Gemeinde im Rechtssinn als untere Verwaltungsbehörde) die Straße für den öffentlichen Verkehr freigeben will, soll die Gemeinde die privat erschlossene Frage "übernehmen".
Auch G hat sich an den Erschliessungskosten zu beteiligen.
Im Rahmen einer Mandatserteilung bin ich und selbstverständlich meine Kollegen und Kolleginnen gerne bereit Ihnen zu Ihrem Recht zu verhelfen.
Mit freundlichen Grüssen
P. Lautenschläger
Rechtsanwalt
P.S.
Landesbauordnung für das Land Schleswig-Holstein (LBO)
§ 4 Bebauung der Grundstücke mit Gebäuden
(1) Das Baugrundstück muss nach seiner Beschaffenheit für die bauliche Anlage so geeignet sein, dass durch Wasser, Feuchtigkeit sowie andere chemische, physikalische oder biologische Einflüsse Gefahren oder unzumutbare Belästigungen nicht entstehen.
(2) Gebäude dürfen nur errichtet werden, wenn das Grundstück in angemessener Breite an einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche liegt oder wenn das Grundstück eine befahrbare, öffentlich-rechtlich gesicherte Zufahrt zu einer befahrbaren öffentlichen Verkehrsfläche hat; bei Wohnwegen kann auf die Befahrbarkeit verzichtet werden, wenn wegen des Brandschutzes Bedenken nicht bestehen.