Sehr geehrter Fragensteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen wie folgt beantworten. Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen, so dass die Beratung innerhalb dieses Forums lediglich eine erste rechtliche Orientierung in der Sache darstellt.
§ 1953 Abs. 1 BGB
(Bürgerliches Gesetzbuch) formuliert als Rechtsfolge für die Ausschlagung einer Erbschaft, dass „der Anfall (der Erbschaft) an den Ausschlagenden als nicht erfolgt gilt". Derjenige, der also form- und fristgerecht eine Erbschaft ausschlägt, soll nach den gesetzlichen Vorschriften von Anfang an nicht als Erbe angesehen werden.
Damit die Situation eines Nachlasses, um den sich überhaupt niemand kümmert, vermieden wird, schreibt § 1953 Abs. 2 BGB
gleichzeitig vor, dass im Falle der wirksamen Ausschlagung derjenige als Erbe berufen ist, der Erbe sein würde, wenn der Ausschlagende im Zeitpunkt des Erbfalls nicht gelebt haben würde.
Daher würden Sie bei einer Ausschlagung Ihrer Eltern nachrücken. Dies ist aus rechtlicher Sicht auch nicht verwerflich. Es ist durchaus legitim das Erbe zugunsten von Dritter auszuschlagen.
Was Sie vorliegend befürchten ist ein Rückgriff durch den Sozialleistungsträgers. Wobei hier die Pflegeversicherung nicht Rückgriff nimmt, sondern das Sozialamt falls Pflegeleistungen und Eigenes Vermögen nicht ausreichen.
Grundsätzlich kann der Sozialleistungsträger auf Schenkungen zurückgreifen, die in den letzten 10 Jahren erfolgt sind. Hierbei ist ggf. anzumerken, dass dieser Rückgriff oftmals dadurch umgangen wird, indem die Schenkung an die Enkelkinder erfolgt, da diese nicht unterhaltsverpflichtet sind.
Ein Rückgriff bzw. Rückgängigmachung der Ausschlagung kommt hingegen nicht in Betracht, da bei der Ausschlagung der Erbfall als nicht erfolgt angesehen wird. Allenfalls könnte der Sozialleistungsträger prüfen, ob durch die Ausschlagung in den letzten 10 Jahren die Bedürftigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt wurde. Dies kann man ggf. bei einer Ausschlagung annehmen, da durch die Annahme ggf. eine Bedürftigkeit abgewehrt worden wäre. Allerdings muss man hier auch berücksichtigen, dass der Ausschlagung in erster Linie eine Besserstellung der eigenen Kinder dienen sollte und keine bewusste Schädigung des Sozialleistungsträgers beabsichtigt ist. Insofern wäre eine Einzelfallbetrachtung vorzunehmen. Dies könnte zur Folge haben, dass ein Anspruch auf Grundsicherung reduziert wird.
Unabhängig davon gilt es natürlich zu beachten, dass Sie bei einer Bedürftigkeit Ihrer Eltern nach§ 1601 BGB
bei entsprechender Leistungsfähigkeit unterhaltsverpflichtet wären. Die Leistungsfähigkeit ergibt sich dann aus Ihren Vermögensverhältnissen und Lebensumständen wie z.B. weiteren Unterhaltsverpflichteten.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
Knoll
Eine Bedürftigkeit ist ja nicht absehbar, weil alles seit vielen
Jahren bestens läuft ohne staatl. Hilfe. Ausreichende Rente und Immobilienvermögen ist ja auch noch da. Es ist eben nur der Fall einer langedauernden (nicht absehbaren) Pflegeunterbringung. Aber das weiß ja Stand heute keiner.
In welchem Fall als Beispiel würde eine Reduzierung auf Grundsicherung in Erwägung gezogen und was bedeutet das im Pflegefall?
Besten Dank für die bisherige sehr gute Beantwortung.
Wie Sie bereits erwähnen, gegenwärtig besteht keine Bedürfigkeit und ist auch nicht vorehersehbar. Eine Reduzierung der Grundsicherung würde nur in Betracht kommen wenn eine absichtliche bzw. böswillige Herbeiführung vorliegen würde. In der Regel sind dies solche Fälle in dennen bereits Pflegeleistungen und Sozialleistungen bezogen werden, wenn dann eine Ausschlagung einer Erbschaft erfolgt, dann sieht die Rechtsprechung hier in der Regel eine absichtliche Herbeiführung der Bedürftigkeit, bzw. eine Vereitelung etwas an dieser Bedürftigkeit zu ändern.
Sollte einmal ein Fall eintretten, dass eine lange Pflegedauer eintritt und in diesem Zusammenhang dann eine Bedürftigkeit auftreten sollte - weil das vorhandene Vermögen aufgebraucht wurde -, dann kann man hier m.E. Ihren Eltern kein Vorwurf gemacht werden. Denn zum Zeitpunkt der Ausschlagung verfügten Ihre Eltern über eine gute wirtschaftliche Situation und somit ist bzw. war die Ausschlagung der Erbschaft eine reine gestalterische Maßnahme zugunsten der Kinder. So dass man hier nicht von einer selbstverschuldeten Situation sprechen, denn die Bedürftigkeit war zu diesem Zeitpunkt nicht vorhersehbar.