Willkommen beim Original und Testsieger.
Online seit 2004, mit über 140.000 Fragen & Antworten. 
00.000
Bewertungen
0,0/5,0
Günstige Rechtsberatung für alle.
Anwalt? Mitmachen

Erblasser war Sozialhilfeempfänger - Erbe ausschlagen

| 13. Mai 2023 10:37 |
Preis: 80,00 € |

Erbrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Helge Müller-Roden

Zusammenfassung

Bei einer Erbschaft beträgt die Frist zur Ausschlagung gem. § 1944 Abs. I BGB sechs Wochen, nachdem Erben von ihrer Erbschaft Kenntnis erlangen, gem. § 1944 Abs. III BGB sogar 6 Monate, wenn sie sich zum fraglichen Zeitpunkt im Ausland aufhalten oder der Erbe im Ausland gelebt hatte.

Meine Mutter ist am 30.1.23 ins Pflegeheim umgezogen. Bei dieser Gelegenheit wurden alle persönlichen Gegenstände, die meine Mutter bei sich haben wollte, mit ins Pflegeheim umgezogen. Der Rest, der in der Wohnung verblieb, ist wertlos und konnte entsorgt werden. Sie hatte einen gesetzlichen Betreuer, der die Räumung und Kündigung der Wohnung zeitnah veranlassen sollte - die Kosten hierfür wären vom Sozialamt übernommen worden. Leider hat der Betreuer bis zum Tode meiner Mutter am 17.4.23 es nicht hinbekommen, die Räumung der Wohnung abzuwickeln. Nach dem Tode meiner Mutter ist er nun nicht mehr zuständig.

Nun stellt der Vermieter Forderungen für die Räumung und Renovierung der Wohnung. Auch die Mietforderungen laufen weiter.
Kann ich dem Vermieter das ok für die Räumung und Renovierung der Wohnung geben und die Wohnung kündigen?
Wer übernimmt hierfür die Kosten?
Wie wäre hier das weitere Vorgehen?
Wen muss ich hier informieren?

Vom Pflegeheim habe ich eine Rechnung über knapp 5.000 EUR erhalten.
Das Vermögen meiner Mutter beläuft sich auf ca. 3000 EUR.

Ich bin der einzige Sohn. Mein Jahreseinkommen beträgt 30.000 EUR.
Kann das Sozialamt Regressforderungen an mich stellen?
Die Kosten für die Bestattung habe ich bereits übernommen.

Ich überlege also, das Erbe auszuschlagen. Bisher gibt es noch keinen Erbschein.
Ich lebe im Ausland, kann aber in Deutschland zu einem Nachlassgericht gehen.
Welche Frist gibt es zur Ausschlagung des Erbes?
Vielen Dank und freundliche Grüße




Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:

Leider teilen Sie nicht mit, ob Ihre Mutter ein Testament errichtet hatte. Ich gehe daher davon aus, dass Sie gesetzlicher Alleinerbe gem. § 1924 Abs. I BGB sind.

Die Ausschlagung der Erbschaft ist in § 1942 BGB geregelt.

Zitat:
Anfall und Ausschlagung der Erbschaft (Anfall der Erbschaft).
(1) Die Erbschaft geht auf den berufenen Erben unbeschadet des Rechts über, sie auszuschlagen.

Gem. § 1944 Abs. I BGB beträgt die Ausschlagungsfrist sechs Wochen, nachdem Sie von ihrer Erbschaft Kenntnis erlangen, gem. § 1944 Abs. III BGB sogar 6 Monate, wenn Sie sich zum fraglichen Zeitpunkt im Ausland aufhalten oder der Erbe im Ausland gelebt hatte, wie in Ihrem Fall.

In § 1944 Abs. II BGB ist der Fristbeginn geregelt. Das ist der Zeitpunkt, in welchem der Erbe von dem Anfall und dem Grund der Berufung Kenntnis erlangt.

Das erfolgt wiederum durch eine schriftliche Benachrichtigung des Familiengerichts, wenn Sie Erbe aufgrund einer Verfügung von Todes wegen geworden sind (z.B. Testament).

Die Kenntnis des Anfalls der Erbschaft setzt voraus, dass Sie vom Erbfall, also vom Tod Ihrer Mutter als Erblasserin Kenntnis erlangt haben.

Den Berufungsgrund kennen Sie, wenn Sie wissen, ob Sie kraft Gesetzes oder durch Verfügung von Todes wegen zur Erbschaft berufen sind (Testament oder Erbvertrag), das Sie kannten bzw. eben wußten, dass keins existiert.

Bei gesetzlicher Erbfolge ist die Kenntnis des Berufungsgrundes dann gegeben, wenn Sie die konkreten Familienverhältnisse kennen, auf deren Grundlage Sie erbberechtigt sind, und Ihnen bekannt ist, dass kein Testament oder Erbvertrag vorliegt, der Ihr Erbrecht ggf. tangiert.

Aber Sie wissen ja, dass Sie gesetzlicher Erbe sind.

Darüber hinaus existieren keine vor Ihnen berufene Erben.

In Ihrem Fall endet die Frist zur Ausschlagung ab 17.10.2023

Die Ausschlagung muss dann von Ihnen persönlich gegenüber dem Nachlassgericht erklärt werden (§ 1945 BGB). Sie können auch eine notariell beurkundete Erklärung der Ausschlagung einreichen lassen.

Das kann jederzeit erfolgen.

Dass Ihre Mutter am 30.01.2023 ins Pflegeheim umgezogen ist, war dem Betreuer bekannt. Ich gehe davon aus, dass der Umzug endgültig sein sollte.

Der Betreuer hätte die Wohnung daher bis zum 03.02.2023 mit Wirkung zum 30.04.2023 kündigen können und müssen.

Dann wäre auch die Räumung besser vorbereitet oder bereits weit fortgeschritten gewesen.

Grundsätzlich haften Sie als Erbe für alle Schulden der Erblasserin (§ 1967 Abs. I BGB).

Solange Sie Erbe sind, können Sie frei über alles verfügen, einen Erbschein benötigen Sie nicht. Aber Sie haften für alle von Ihnen veranlaßten Maßnahmen.

Die Beerdigung hätten Sie nicht bezahlen müssen, wenn Sie nicht Erbe werden (1968 BGB).

Wenn Sie die Erbschaft nunmehr ausschlagen wollen, teilen Sie das dem Vermieter mit, damit er auf eigene Verantwortung tätig werden kann. Geben Sie die Sachen frei.

Wenn Sie aber die Räumung der Wohnung selbst veranlassen haften Sie nicht nur als Erbe sondern auch als Auftraggeber.

Die Rechnung des Pflegeheims über 5.000€ müssen Sie nur dann bezahlen, wenn Sie Erbe bleiben.

Gleiches gilt fürs Sozialamt. Das kann Sie als unterhaltspflichtiger Sohn in Regress nehmen, sofern Ihr Einkommen ausreichend ist.
Das ist beim Jahreseinkommen von 30.000 € (netto/brutto?) wohl nicht möglich, muß aber konkret berechnet werden.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen

Bewertung des Fragestellers 13. Mai 2023 | 14:40

Hat Ihnen der Anwalt weitergeholfen?

Wie verständlich war der Anwalt?

Wie ausführlich war die Arbeit?

Wie freundlich war der Anwalt?

Empfehlen Sie diesen Anwalt weiter?

"

Vielen Dank für die rasche und kompetente Antwort! Kann man nur empfehlen!

"