Sehr geehrte Dame,
im Rahmen einer Erstberatung beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Das Finanzamt will wohl darauf hinaus, dass Sie bzw. Ihr Ehemann zwar bürgerlich-rechtlicher Eigentümer sind, aber eine andere Person, der Vater Ihres Ehemannes, durch das vereinbarte Rückforderungsrecht die Herrschaftsgewalt über das Wirtschaftsgut ausübt und somit der Vater zulagenberechtigt wäre. Die Veräußerungsverbote bzw. die Rückforderungsrechte als solche führen aber m.E. nicht dazu, dass das Wirtschaftsgut steuerlich weiterhin dem Vater zugerechnet wird (BFH BStBl II 1999,263). Wirtschaftliches Eigentum ist nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO
anzunehmen, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die tatsächliche Herrschaftsmacht über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, daß er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer unter Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann (Wacker, § 2 Rn. 60). Der nach Maßgabe des Zivilrechts Berechtigte muß derart ausgeschlossen sein, daß er nicht mehr verfügungsberechtigt ist (Tipke/Kruse, AO, § 39 Rn. 11 m. w. N.). Im Bereich des Betriebsvermögens hat der BFH dagegen bei Übergabe eines Betriebsgrundstücks unter
* Vorbehalt des Nießbrauchs,
* Vereinbarung eines enumerativen Widerrufsrechts,
* Bestellung einer Rückauflassungsvormerkung und
* Einräumung einer unwiderruflichen Vollmacht zur Abwicklung der Rückübertragung
angenommen, daß das wirtschaftliche Eigentum beim Schenker verbleibt (BFH, Urt. v. 05.05.1983, BStBl. II 1983, 631
ff.; Niedersächsisches Finanzgericht, Urt. v. 11.01.1989, EFG 1989, 293 f.). Die Vereinbarung eines Rückforderungsrechts kann deshalb dazu führen, daß der Übergeber wirtschaftlicher Eigentümer des übergebenen Gegenstandes bleibt (Spiegelberger, Vermögensnachfolge, 1994, Rn. 110), so daß die Eigenheimzulagenberechtigung des Erwerbers trotz zivilrechtlichen Eigentums nicht besteht. M.E. trotzdem kein Verlust des wirtschaftlichen Eigentums, solange von dieser Möglichkeit-Rückforderung- noch kein Gebrauch gemacht wurde.
Höchstrichterlich ist Ihre Angelegenheit noch nicht entschieden, so dass die Erhebung einer Klage geboten erscheint; die Interessenvertretung für Sie gegen Ihr zuständiges Finanzamt würde ich gerne übernehmen.
Für Rückfragen stehe ich Ihnen im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion von „Frag einen Anwalt“ gerne zu Verfügung oder auch im Rahmen einer Mandatserteilung; am besten per mail: phermes1@gmx.de
Mit besten Grüßen
RA Hermes
Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt Hermes,
vielen Dank für Ihre umfassende Antwort, die uns schon sehr weitergeholfen hat!
Könnten Sie uns nur noch kurz erklären, was diese Formulierung:
"...daß er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer unter Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann" für uns genau bedeutet? Vielleicht anhand eines Beispiels? Wir verstehen diese Formulierung leider nicht so richtig.
Vielen Dank noch einmal an Sie!
Mit freundlichen Grüßen,
J.Z.
Sehr geehrte Dame,
dies ist eine Umschreibung, wann ein Person wirtschaftlicher Eigentümer ist.
Entscheidend ist dabei insbesondere, ob der bürgerlichrechtliche Eigentümer "für die gewöhnliche Nutzungsdauer" des Gebäudes von der Einwirkung auf sein Eigentum ausgeschlossen wird, wenn also die vereinbarte Nutzungsdauer von Vornherein so angelegt ist, dass das Wirtschaftsgut bei deren Beendigung bei normalem Verlauf der Dinge verbraucht ist (BFH, BFH/NV 2001, 9
).
Dementsprechend ist beispielsweise einem nutzungsberechtigten Leasing-Nehmer ein Gebäude dann gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO
zuzurechnen, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer und die Dauer des vereinbarten Nutzungsrechts sich annähernd decken (BFH- Urteil vom 27. November 1996 X R 92/92
BStBl II 1998, 97
m.w.N.). Ebenso ist das eigentumsähnlich gestaltete (veräußerliche und vererbliche) Dauerwohnrecht im Sinne des § 31 WEG
bisher nur dann als wirtschaftliches Wohnungseigentum beurteilt worden, wenn es zeitlich unbestimmt oder aber auf besonders lange Zeit bestellt war und der Dauerwohnberechtigte zudem sowohl die Finanzierung von Grundstückserwerb und Gebäudeerrichtung als auch die Verzinsung und Tilgung des Fremdkapitals sowie die laufenden Betriebskosten übernommen hatte (BFH-Urteil vom 22. Oktober 1985 IX R 48/82
, BStBl II 1986, 258
).
Mit besten Grüßen
RA Hermes