Sehr geehrter Ratsuchender,
ich möchte Ihre Frage auf Grund des dargelegten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten:
Ich weise darufhin, dass dies einer ersten Orienteirung über die bestehende Rechtslage dient und ein ggf. persönliches Beratungsgespräch bei einem Anwalt Ihrer Wahl nicht ersetzt.
Frage 1)
Wenn Sie auf dem Papier weiterhin verheiratet bleiben wollen, sollten Ihnen bis auf den zu zahlenden Trennungsunterhalt keine weiteren Nachteile entstehen. Der Kindesunterhalt wäre Ihrerseits auch noch zu zahlen, sofern Ihr Kind im Haushalt Ihrer Frau wohnt.
Da in solch einem Fall in der Regel beide Parteien versuchen wollen Vorteile zu ziehen, sollte hier eine einvernehmliche Lösung erzielt werden, indem beide Parteien die für sich wichtigen Aspekte versuchen werden durchzusetzen. Für Ihre Frau wird es dabei in aller Regel um die Höhe der durch Sie zu leisten Zahlungen gehen.
In der Regel ist der Unterhalt während der gesamten Zeit der Trennung zu zahlen (Trennungsunterhalt).
Auf Grund Ihres Nettoeinkommens ist davon auszugehen, dass Sie diesbezüglich auch leistungsfähig sind, den Kindesunterhalt und den Trennungsunterhalt für Ihre Frau zu zahlen.
Der Unterhaltsberechtigte, der den Trennungsunterhalt erhält, hat in aller Regel kein Interesse sich scheiden zu lassen.
Frage 2)
Grundsätzlich sind Sie gemäß § 1569 BGB
solange nach der Scheidung Ihrer Frau zum Unterhalt verpflichtet, solange diese nicht selbst für ihren Unterhalt sorgen kann.
Ihre Frau hat nach § 1570 BGB
einen Anspruch auf Unterhalt, solange Sie wegen der Pflege und Erziehung des gemeinsamen Kindes einer Erwerbstätigkeit nicht nachkommen kann.
Unerheblich ist, ob bei Inanspruchnahme Ditter (z.B. Kindertagesstätte) erwerbstätig sein könnte oder ob sie angesichts ihres Gesundheitszustandes oder ihrer Ausbildung eine Arbeit finden könnte, da es Ihrer Frau grundsätzlich freisteht, ob sie das Kind selbst betreuen will oder die Betreuungsmöglichkeit durch Dritte nutzt.
Die Zumuntbarkeit einer Erwerbstätigkeit beurteilt sich vor allem nach der Person des Unterhaltsberechtigten und der Möglichkeit der Fremdbetreuung.
Nach bisheriger Rspr. des BGH kann dem Elternteil der die Kindesbetreuung übernimmt, bei einem Alter des Kindes unter 8 Jahren in der Regel nicht zugemutet werden.
Zwischen 8 und 11 Jahren, kommt es auf die Besonderheiten des Einzelfalls an. Bei einem Kind zwischen dem 11. und 15. Lebensjahr kann eine Halbtagstätigkeit zugemutet werden.
Mit Vollendung des 15. Lebensjahres wird eine Vollerwerbsobliegenheit angenommen.
Ihre Frau hat auch einen Anspruch auf Unterhalt nach § 1575 BGB
, sofern Sie in Erwartung der Ehe, bzw. während der Ehe eine Schul-oder Berufsausbildung nicht aufgenommen bzw. abgebrochen hat, wenn er diese oder eine entsprechende Ausbildung wieder aufnimmt.
Frage 2a)
Gemäß § 1572 BGB
würde in diesem Fall ein Anspruch auf Unterhalt Ihrer Frau zur Seite stehen.
Diese Unterhaltspflicht besteht grundsätzlich lebenslang.
Eine zeitliche Begrenzung ist in der Regel nicht möglich, da meist der Genesungszeitpunkt nicht ausreichend sicher vorausgesehen werden kann. Sie hätten eine Auskunftsanspruch über den Verlauf der Krankheit
Voraussetzung ist, dass Ihre Frau zum Zeitpunkt der Scheidung oder zum Zeitpunkt des Endes der Kindeserziehung oder aber zum Zeitpunkt der Beendigung der Ausbildung wegen Krankheit einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen kann. Unerheblich ist hier, ob die Krankheit bereits vor der Ehe vorgelegen hat.
Frage 3)
Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit ergibt sich schon daraus, dass Sie Alles Ihren Fähigkeiten entsprechend dafür unternehmen müssen, um den Kindesunterhalt sicherzustellen.
Grundsätzlich ist Ihrerseits gemäß § 1574 Abs. 1 BGB
nur eine Ihnen angemessene Tätigkeit auszuüben.
Gemäß § 1574 Abs. 2 BGB
ist eine Erwerbstätigkeit angemessen, die Ihrer Ausbildung, Ihren Fähigkeiten, dem Lebensalter und Ihrem Gesundheitszustand, sowie den ehelichen Lebensverhältnissen entspricht.
Danach ist davon auszugehen, dass Sie die derzeit ausgeübte Tätigkeit auch in Zukunft ausüben sollten.
Die Vorschrift des § 1574 BGB
gibt keine Anspruchsgrundlage, sondern dient nur der inhaltlichen Beschränkung der jeweiligen Unterhaltsanspruchsnormen (wie oben dargelegt) der zu erwartenden Erwerbsobliegenheit, konkretisiert also die §§ 1571
, 1572
, 1573 Abs. 1 BGB
.
Insoweit hat Ihre Frau schon einen Anspruch darauf, dass Sie eine Ihren Fähigkeiten entsprechende Tätigkeit ausüben, die einen Verdienst ermöglicht, wie derzeit auch.
Der nacheheliche Ehegattenunterhalt kann für den Fall einer Scheidung einvenehmlich durch beide Parteien durch eine Scheidungsfolgenvereinbarung ausgeschlossen werden. Für Ihre Frau dürfte hierfür jedoch kaum Veranlassung bestehen, da Sie maßgeblich von Ihrem Einkommen lebt.
Der Unterhaltsanspruch Ihrer Frau kann unter den Voraussetzungen des § 1579 BGB
beschränkt werden.
Dies würde für den Fall einer kurzen Ehedauer gelten, wobei in Ihrem Fall nicht mehr davon ausgegangen werden kann. Dies gilt allenfalls bis zu einer Dauer von 2 Jahren.
Konkret besagt § 1579 (Beschränkung oder Wegfall der Verpflichtung) BGB folgendes:
Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil 1.
die Ehe von kurzer Dauer war; der Ehedauer steht die Zeit gleich, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen konnte,
2.
der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,
3.
der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,
4.
der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,
5.
der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,
6.
dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder
7.
ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 6 aufgeführten Gründe.
Ich hoffe ich konnte Ihnen Ihre Fragen umfangreich, entsprechend Ihres Einsatzes, beantworten.
Sehr gerne stehe ich Ihnen auch per Online-Direktanfrage zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Liebmann
Rechtsanwalt
Sehr geehrter Herr Liebmann,
vielen Dank für ihre ausführliche Antwort.
Ich habe gehört, dass bei einer Scheidung Rentenpunkte übertragen werden. Umso länger ich verheiratet bin umso mehr Rentenpunkte sind das. Weiter soll sich wohl die Zumutbarkeitsgrenze der Erwerbstätigkeit des Unterhaltsberechtigten bei langen Ehen erhöhen. Beides sehe ich als Nachteil. Sehe ich da was falsch?
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie noch etwas konkreter auf den Fall eingehen könnten:
Unser Kind war, ist, und wird auch in einer öffentlichen Betreuungseinrichtung bleiben. Meine Frau hat also schon gewählt das Kind selbst nur teilweise zu betreuen, sie könnte theoretisch einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder eine annerkannten Ausbildung machen. Hat meine Frau unter diesen Umständen nach einer Scheidung bis zum Alter unseres Kindes von 8 Jahren nun grundsätzlich für den Unterhaltsanspruch eine Verpflichtung zu einer Erwerbstätigkeit oder Ausbildung oder nicht (ggfls. auch für Erhalt des spätern Unterhaltsanspruches bis Kindesalter 15 Jahre bzw. lebenslänglich)?
Freundliche Grüße
Ihr Ratsuchender
Sehr geehrter Ratsuchender,
zunächst möchte ich mich für die verzögerte Beantwortung Ihrer Nachfrage entschuldigen.
Bezüglich der Übertragung der Rentenanwarschaften haben Sie Recht. In Ihrem Fall ist es für Sie ein Nachteil, da Sie auf Grund der längeren Erwerbstätigkeit mehr Rentenpunkte erwirtschaftet haben, die dann zum Teil auf Ihre Frau, die lediglich ein Jahr sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, übertragen werden.
Dies erfolgt im Rahmen des sogenannten Versogungsausgleiches, der im Scheidungsverfahren von Amtswegen durchgeführt wird.
Es besteht zwar die Möglichkeit, den Versorgungsausgleich durch Scheidungsfolgenvereinbarung auszuschließen, jedoch haben die Rentenversicherungsträger hier die Möglichkeit dem zu widersprechen.
Zudem müsste nach Ausschluss des Versorgungsausgleiches mindestens ein Jahr verstreichen bis der Scheidungsantrag gestellt wird, da anderenfalls der Versorgungsausgleich doch durchzuführen ist.
Auch die Erwerbsobliegenheit steigt mit zunehmender Ehedauer.
Ihre Frau ist grundsätzlich bis zum 8. Lebensjahr Ihres Kindes nicht verpflichtet einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Aus diesem Grund sind Sie während dieser Zeit verpflichtet Unterhalt zu zahlen.
Eine Ausbildung kann durch Ihre Ehefrau aufgenommen werden. Für diesen Fall wären Sie aus den dargelegten Gründen ebenfalls zum Unterhalt verpflichtet.
Ihre Frau wäre nach einer möglichen abgeschlossenen Berufsausbildung jedoch im Anschluss nicht verpflichtet, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, sofern Ihr Kind dann noch nicht das 8. Lebensjahr vollendet hat.
Eine Beurteilung, ob Ihre Frau eine Erwerbsobliegenheit trifft, sofern Ihr Kind das 8. Lebensjahr vollendet hat, lässt sich erst dann an Hand der Besonderheiten des Einzelfalls feststellen.
Dies kann dazu führen, dass Ihre Frau weiterhin nicht einer Erwerbstätigkeit nachzugehen braucht, oder aber eine Teilzeitarbeit aufnehmen muss.
Bei beiden ist davon auszugehen, dass Sie weiterhin zum Unterhalt verpflichtet wären, jedoch sich die Höhe des Unterhaltsbertrages, durch die Anrechung des Einkommens Ihrer Frau dann reduziert.
Ich hoffe ich konnte Ihnen Ihre Nachfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Marco Liebmann
Rechtsanwalt