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Dachgrenzüberbau

| 25. August 2008 19:05 |
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Baurecht, Architektenrecht


Beantwortet von

Rechtsanwalt Matthias Juhre

Guten Tag,
wir haben im Jahre 2005 ein EFH gekauft. Im Wohngebiet ist Grenzbebauung vorgeschrieben in der Art, dass Haus an Haus und Garage an Garage gebaut werden muss.
Unser Nachbar hatte jedoch vor, ein freistehendes Fertighaus auf sein Grundstück in 2005 zu bauen und bat uns um Zustimmung zu seinem Freisteller.
Da unsere Giebelwand (fensterlos, Richtung Süden) nun wegen Nichtanbau völlig ungeschützt ist, haben wir im Gegenzug verlangt, unseren Dachüberstand um 20 cm zu seinem Grundstück herauszuziehen (Grenzüberbauung). Es handelt sich bei der Giebelwand um eine Länge von ca. 16 m. Der gesamte Grenzüberbau nimmt somit ca. 3,2 qm ein. Der Nachbar stimmte diesem Grenzüberbau zu. Auf eine schriftliche Vereinbarung haben wir verzichtet (O-Ton: „das ist überhaupt kein Problem…“), zumal sich unser Nachbar als Staatsbeamter (Polizist) zu erkennen gab und wir von einem „Ehrenmann“ ausgegangen sind. Eine wesentliche Beeinträchtigung seines Grundstückes können wir ebenfalls nicht erkennen, da er lt. Baugenehmigung an die Giebelwand eine Garage von 8m Länge anbauen darf.
Nun erhalten wir ein Schreiben seines Rechtsanwaltes, diesen Grenzüberbau bis Mitte September 2008 zurückzubauen.
Weiterhin teilt uns dieser Nachbar in einem Schreiben aus Juli 2006 mit, er habe dem Dachüberbau nicht ausdrücklich zugestimmt (im Rahmen einer anderen Auseinandersetzung – Beschädigung unserer Giebelwand mit Bagger nach Bauarbeiten auf seinem Grundstück) und könne hieraus eine Geldrente ableiten. Da muss man sich doch schon fast die Frage stellen, ob hier eine arglistige Täuschung zur Erschleichung eines geldwerten Vorteils vorliegt.
Dieses Schreiben passt in das fast 3-jährige schikanöse und terrorisierende Auftreten dieses Nachbar gegenüber seiner gesamten Nachbarschaft. Er vertritt zwar das Gesetz, aber Gesetze gelten eben nur für die anderen – nicht für ihn.
Direkt nach seiner Zustimmung haben wir im August 2005 den Dachüberbau vollzogen. Der Nachbar war zu dieser Zeit selbst ständig vor Ort, da sein Fertighaus zu dieser Zeit errichtet wurde. Ein Einspruch gegen diesen Dachüberbau erfolgte nicht (warum auch – er hatte diesem ja zugestimmt!).
Unsere Fragen:
1. Ist die Aufforderung zum Rückbau rechtens?
2. Steht ihm eine Geldrente zu – wie hoch ist diese im Jahr?
3. Können wir verlangen, den Grundstücksanteil (3,2 qm) zum qm-Preis von 2005 käuflich zu erwerben?
4. Da wir beabsichtigen, unser Haus zu verkaufen (wer will schon neben einem solchen Nachbarn wohnen!), ist es uns eigentlich ganz recht, wenn er vor Gericht geht, da die Höhe einer evt. Geldrente sowieso über ein Gericht festgestellt werden muss und wir für einen evt. Hauskäufer auch Rechtssicherheit herstellen möchten. Welches Risiko gehen wir ein, wenn wir auf das Schreiben seines Anwaltes gar nicht reagieren und die Klage abwarten?
Für Ihre Antwort danken wir im voraus.
Grüße

Guten Abend,

1. Nein. Ihr Nachbar kann den Rückbau nicht verlangen, da er gegen den Überbau keinen sofortigen Widerspruch eingelegt hat (§ 912 Abs. 1 BGB ).

2. Grundsätzlich kann der Eigentümer eines überbauten Grundstücks eine Geldrente verlangen. Diese bestimmt sich der Höhe nach auf Grundlage des Verkehrswertes: Zu entschädigen ist der konkrete Nutzungsverlust infolge des Überbaus (der wohl im Fall des Dachüberbaus gleich Null ist), hilfsweise das übliche Nutzungsentgelt. Letzteres dürfte für wenige m² kaum der Rede wert sein.

Nach Ihrer Schilderung kann Ihr Nachbar jedoch von Ihnen keine Rentenzahlung verlangen, denn er hat einen schuldrechtlichen Verzicht erklärt. Ein solcher Verzicht ist an keine Form gebunden, kann also auch mündlich erklärt werden. In einem Rechtsstreit müssten Sie insoweit den Beweis führen. Da Sie aber einen nachvollziehbaren Grund für den Überbau angeben können, könnte es schon möglich sein, dass Sie das Gericht überzeugen.

3. Nein, Sie können dies nicht verlangen. Den Abkauf kann nur der Eigentümer des überbauten Grundstücks, bzw. genauer: der Rentenberechtigte, fordern (§ 915 Abs. 1 Satz 1 BGB ). Fraglich ist hier aber schon, ob Ihr Nachbar rentenberechtigt ist (siehe oben).

4. Sie gehen kein besonderes Risiko ein, wenn Sie eine Klage abwarten. Im Gegenteil: Je länger Ihr Nachbar wartet, desto mehr seiner Ansprüche verjähren. Mit Ablauf des Jahres verjährt z. B. der Anspruch auf Rentenzahlung für 2005.

Was die gerichtliche Klärung angeht: Zu beachten ist hier, dass Ihre Vereinbarung mit dem Nachbarn - selbst wenn Sie gerichtlich festgestellt wird - nicht auch zugunsten eines Grundstückskäufers wirken würde. Ein Verzicht auf die Überbaurente wirkt nur dann gegenüber Rechtsnachfolgern, wenn er im Grundbuch eingetragen ist (§ 914 Abs. 2 Satz 2 BGB ). Da dies nicht der Fall ist, könnte für einen Käufer durch den Prozess keine Rechtssicherheit hergestellt werden (hierfür müsste der Überbau entfernt werden).


Mit freundlichen Grüßen

M. Juhre
Rechtsanwalt


_______________
ra-juhre@web.de

Rückfrage vom Fragesteller 26. August 2008 | 13:30

Doch noch eine kleine Nachfrage:
Was ist eine Lästigkeitsprämie und gibt diese einem Rechtsnachfolger (Käufer) Rechtssicherheit?

Danke vorab für Ihre Antwort.

Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 26. August 2008 | 15:10

Zu Ihrer Nachfrage:

Eine »Lästigkeitsprämie« wird an nachrangige Grundpfandgläubiger gezahlt, um das kostspielige Zwangsversteigerungsverfahren zu vermeiden und stattdessen das Grundstück freihändig verkaufen zu können. Auf Ihren Fall passt dies nicht, da Ihr Nachbar nicht berechtigt ist, den Kauf in irgendeiner Weise rechtlich zu stören.

Aber Sie können natürlich mit Ihrem Nachbarn eine Regelung treffen, durch die alle Ansprüche aus dem Überbau abgegolten wären: Sie müssten eine Einmalzahlung anbieten und im Gegenzug den Verzicht auf weitere Forderungen ins Grundbuch eintragen lassen. Der Verzicht würde, wie gesagt, auch für den Grundstückskäufer wirken. - Es kann alternativ dazu auch die Höhe der jährlichen Überbaurente im Grundbuch eingetragen werden (wenn Ihr Nachbar mit einer Einmalzahlung nicht einverstanden ist). Auch dies würde für den Käufer Rechtssicherheit bewirken. Für die Erklärungen zum Grundbuch müssten Sie einen Notar aufsuchen.

Wenn zu keiner Regelung im Grundbuch gefunden werden kann, gilt immerhin: Maßgeblich für die Höhe der Rente ist der Zeitpunkt der Grenzüberschreitung. Spätere Änderungen der Benutzbarkeit des Nachbargrundstücks oder des Bewertungsmaßstabs bleiben unberücksichtigt. Ein Käufer kann sich wenigstens darauf verlassen, dass die Rente immer in gleicher Höhe anfällt.


Mit freundlichen Grüßen

M. Juhre
Rechtsanwalt

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