Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes im Rahmen einer ersten rechtlichen Einschätzung gerne nachfolgend beantworte.
Können Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung die rechtlichen Bedingungen gemäß TzBfG in dieser Form aushebeln?
Nein, auch tarifliche Regelungen müssen mit § 4 TzBfG
vereinbar sein. Die in dieser Vorschrift geregelten Diskriminierungsverbote stehen nach § 22 TzBfG
nicht zur Disposition der Tarifvertragsparteien.
Die von Ihnen zitierten Regelungen behandeln Arbeitnehmer in Teilzeit auch schlechter als Arbeitnehmer in Vollzeit.
Fraglich ist dann, ob hierfür ein sachlicher Grund vorliegt. Bei Vorliegen eines sachlichen Grundes ist eine Schlechterstellung von Teilzeitarbeitnehmern auch im Entgeltbereich zulässig.
Allein das unterschiedliche Arbeitspensum berechtigt jedoch nicht zu einer unterschiedlichen Behandlung von Vollzeit- und Teilzeitkräften. Gesetzlich zulässige Rechtfertigungsgründe müssen anderer Art sein. Dies kann z.B. bei unterschiedlicher Art der Tätigkeit (leitend - nicht leitend) der Fall sein. Darüber hinaus ist ein solcher Rechtfertigungsgrund vorliegend nicht unmittelbar zu erkennen.
Zumindest leitende Angestellte in Teilzeit sollten daher aber aus der Betriebsvereinbarung anteilige Altersfreizeit herleiten können.
Die Regelungen aus dem Manteltarifvertrag der IG BCE vom 24. Juni 1992 in der Fassung vom 16. März 2009 müssten eingehender auf einen möglichen sachlichen Rechtfertigungsgrund überprüft werden, was im Rahmen dieser Erstberatung leider nicht möglich ist.
In der Vergangenheit wurde die unterschiedliche Gewährung von Altersteilzeit von der Rspr. teilweise damit gerechtfertigt, dass Vollzeitarbeitnehmer sich diese Ansprüche über die Jahre vorgehender Tätigkeit erworben hätten oder dass die Altersteilzeit nicht entgeltbezogen sei. Diese Argumente tragen inzwischen wohl nicht mehr.
Das aktuellste Urteil in dieser Hinsicht dürfte BAG, Urteil vom 22. 10. 2008 - 10 AZR 734/07
sein.
Jedenfalls wenn Sie leitender Angestellter sind, sehe ich daher gute Erfolgsaussichten einen anteiligen Anspruch aus der Betriebsvereinbarung herzuleiten. Anderenfalls müssten wie erwähnt nochmals die Motive und sonstigen Auslegungshilfen des Tarifvertrags genauer untersucht werden, ob sich hier ein sachlicher Rechtfertigungsgrund findet.
Falls nicht, gibt es eine Möglichkeit, per Eilantrag oder Ähnlichem dagegen vorzugehen, da naturgemäß in meinem fortgeschrittenen Alter die Zeit drängt?
Nein, die Anforderungen an einstweiligen Rechtsschutz sind hinsichtlich der einzutreten drohenden Nachteile höher als in Ihrem Fall geschildert. Hier wären Sie auf den regulären Klageweg in der Hauptsache angewiesen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Ivo Glemser, Rechtsanwalt
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