Sehr geehrte Fragestellerin,
gerne beantworte ich Ihre Fragen auf Grundlage des geschilderten Sachverhalts wie folgt:
I. Wirksamkeit des AT-Vertrags
Der von Ihnen geschlossene außertarifliche Vertrag (AT-Vertrag) ist grundsätzlich wirksam, auch wenn das Fixgehalt unterhalb der höchsten tariflichen Vergütungsgruppe liegt. Ein AT-Status setzt rechtlich voraus, dass die Entgeltregelungen im Haustarifvertrag (HTV) dies zulassen und Sie aufgrund Ihrer Position tatsächlich Führungsaufgaben mit entsprechender Verantwortung wahrnehmen. Das Bundesarbeitsgericht hat klargestellt, dass ein AT-Vertrag nicht automatisch unwirksam wird, wenn das Fixgehalt niedriger als die höchste Tarifgruppe ist. Entscheidend ist vielmehr, ob der HTV Mindestabstände oder klare Vorgaben zur AT-Vergütung enthält.
II. Anspruch auf tarifliche Eingruppierung
Obwohl AT-Mitarbeiter im HTV häufig als vom Geltungsbereich erfasst bezeichnet werden, sieht der von Ihnen geschilderte Tarifvertrag ausdrücklich vor, dass sie nicht in die tariflichen Vergütungsgruppen eingruppiert werden. Damit wird eine tarifliche Eingruppierung faktisch ausgeschlossen. Ein Anspruch auf die Vergütung der höchsten Tarifgruppe (90.506 € jährlich) ergibt sich daher nur dann, wenn der HTV dies ausdrücklich vorsieht oder wenn Ihre Tätigkeiten objektiv der höchsten tariflichen Fallgruppe entsprechen. Ohne eine solche Grundlage bleibt es bei der individuellen Vergütung nach dem AT-Vertrag.
III. Nachzahlung der Differenz
Ein Anspruch auf Nachzahlung der Differenz zur höchsten Tarifgruppe besteht nur, wenn der HTV eine Mindestabstandsklausel oder eine feste Gehaltsuntergrenze für AT-Mitarbeiter vorsieht. Ist dies – wie in Ihrem Fall – nicht geregelt, hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass kein Anspruch auf eine tarifliche Differenz besteht. Variable Vergütungsbestandteile sind zudem nur dann zu berücksichtigen, wenn sie garantiert sind. Eine bloße Zielvergütung reicht hierfür nicht aus.
IV. Bedeutung von Fixgehalt und variabler Vergütung
Für die Frage, ob ein AT-Gehalt über der höchsten Tarifgruppe liegt, ist grundsätzlich das garantierte Fixgehalt maßgeblich. Variable, leistungsabhängige Vergütungen werden nur dann einbezogen, wenn sie vertraglich zugesichert und nicht lediglich vom Erreichen bestimmter Ziele abhängig sind. Da Ihr Fixgehalt bei 73.200 € und selbst Ihr Gesamtpotenzial (85.200 €) unterhalb der höchsten Tarifgruppe liegt, wird die AT-Grenze derzeit nicht überschritten.
V. Handlungsmöglichkeiten zur Anpassung des Gehalts
Soll eine AT-Vergütung erreicht werden, die Ihrer Führungsverantwortung entspricht, bleibt Ihnen vor allem die Verhandlung mit dem Arbeitgeber. Dabei können Sie auf branchenübliche Gehälter, Ihre Position im Unternehmen sowie Vergleichsgehälter verweisen. Der Betriebsrat kann nach § 99 BetrVG bei Eingruppierungsfragen einbezogen werden und gegebenenfalls Unterstützung leisten. Ein rechtlicher Anspruch auf Anpassung besteht ohne Mindestabstandsklausel nicht, sodass die Durchsetzung gerichtlicher Nachforderungen wenig erfolgversprechend ist.
VI. Strategische Vorgehensweise
Sinnvoll erscheint es, zunächst das Gespräch mit dem Arbeitgeber zu suchen und eine Gehaltsanpassung oberhalb der höchsten Tarifgruppe einzufordern, um den AT-Status abzusichern. Hilfreich kann es sein, den Betriebsrat einzuschalten und die tarifliche Systematik aufzugreifen. Sollte keine Einigung erzielt werden, bliebe die Möglichkeit, eine gerichtliche Überprüfung der Eingruppierung oder des Vertragsinhalts zu beantragen. Die Erfolgsaussichten hängen jedoch stark von den konkreten Formulierungen des HTV und Ihres Arbeitsvertrages ab.
Ich hoffe diese Informationen helfen Ihnen weiter und stehe Ihnen für Rückfragen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Hussein Madani
Rechtsanwalt
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