Sehr geehrter Fragensteller,
ich beantworte Ihre Fragen wie folgt:
1. Ist ein Verstoß gegen § 99 BetrVG
nach 2 Jahren ausgeschlossen?
a) Der Frage liegt ein falsches Verständnis von § 99 BetrVG
zugrunde. Es handelt sich bei der Vorschrift um ein so genanntes Beteiligungsrecht des Betriebsrates. Aktivlegitimiert in einem möglichen Klageverfahren vor dem Arbeitsgericht ist nur der Betriebsrat. Für die Rechtsstellung des einzelnen Arbeitnehmers gilt das Prinzip der Trennung von personeller Einzelmaßnahme einerseits und zugrundeliegendem Arbeitsvertrag andererseits. Auch bei fehlender Zustimmung kann daher der Arbeitsvertrag wirksam sein.
b) Ja, der Betriebsrat hätte - wenn die weiteren Voraussetzungen des § 99 BetrVG
erfüllt sind - beteiligt werden müssen.
2. Rechtliche Zulässigkeit der Vergütungsvereinbarung, da sie unter der letzten EG liegt?
Hier ist zu differenzieren:
a) Aus Ihrer Frage geht nicht hervor, wodurch die Tarifbindung Ihres Arbeitgebers nach § 3 TVG
begründet wird. Sie können diesen Punkt ggf. ergänzen. Einen Anspruch auf den Tariflohn nach einer EG haben sie nur, wenn es einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag, einen Tarifvertrag aufgrund beiderseitiger Tarifbindung oder einen Tarifvertrag aufgrund wirksamer Bezugnahme im Arbeitsvertrag gibt. Ich gehe davon aus, dass dies alles nicht der Fall ist. Demnach gelten für Sie allenfalls die in § 3 Abs. 2 TVG
genannten Regeln. Demzufolge bringt Sie auch eine so genannte Eingruppierungsklage nicht weiter, da es keinen für Sie als ATler gültigen Tarifvertrag gibt, in den Sie eingruppiert werden könnten.
b) Es verbleiben dann nur die allgemeinen Vertragskontrollmöglichkeiten. Man könnte prüfen, ob Ihr Arbeitsvertrag und die darin enthaltene Vergütung mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbar ist (AGB-Recht) oder gegen den allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verstößt. Dazu sind allerdings weitere Informationen erforderlich.
3. Wie stehen die Erfolgschancen?
Eine Prognose lässt sich derzeit nicht abgeben. Zunächst wäre es sinnvoll, wenn Sie Ihr Klageziel genau herausarbeiten. Wenn ich Sie richtig verstehe, wollen Sie eine höhere Vergütung erreichen (?). Nach meinem derzeitigen Informationsstand können Sie dieses Ziel nur über einer Klage, die sich auf die unter Nr. 3b
genannten Anspruchsgrundlagen stützt erreichen.
4. Übertragbarkeit auf andere Fälle
Grundsätzlich würde sich das von Ihnen erstrittene Urteil nur in der Argumentation auf die anderen Fälle auswirken. Jedes Urteil ist eine Einzelfallentscheidung und jeder Einzelfall ist anders.
5. Ansprüche der ATler auf sonstige Leistungen
Hier gilt das oben unter Nr. 3 Gesagte. Es ist zunächst noch zu klären, wie die Tarifbindung des Arbeitgebers begründet ist. Eine mögliche Anspruchsgrundlage für diese Zusatzleistungen wäre der allgemein arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz. Gute Chancen hätten Sie u.a. dann, wenn andere ATler diese Leistungen bekommen. Dann müsste der Arbeitgeber darlegen und beweisen, was Sie von diesen anderen Arbeitnehmern unterscheidet vgl. LAG Rheinland-Pfalz v. 12.02.2014, Az: 4 Sa 309/13
.
6. Dauer
Ein arbeitsgerichtliches Verfahren dauert je nach Gericht zwischen 2 und 9 Monaten. In der Regel ist ein Verfahren aber (mit Güte- und Kammertermin) innerhalb von 3 Monaten abgeschlossen - zumindest in Baden-Württemberg.
Ich hoffe, dass ich Ihnen weiterholfen konnte und bitte Sie die noch offenen Punkte zu ergänzen.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Lenas Tilman Götz,
vielen Dank für Ihre Antwort!
Zu 1.: In Absprache mit dem Betriebsrat werden wir in der Sache „Hand-in-Hand" gehen. Es wird also nochmal ein Gespräch mit der Betriebsleitung ausgemacht, in dem wir ein Angebot unterbreiten. Sollte das nichts bringen, wird der Betriebsrat/die Gewerkschaft (weiß nicht, wer nun „namentlich" Kläger ist) vors Arbeitsgericht gehen. Werde die Woche auch in die Gewerkschaft eintreten (wusste bis dato nicht, dass das als „AT" möglich ist) Somit kann, wenn ich Sie richtig verstehe, § 99 zwar nicht von mir, aber doch vom BR verlangt werden?
Zu 2 a) Es gibt einen Manteltarifvertrag zwischen Arbeitgeber(verband?) und Gewerkschaft. Dem liegt auch ein Entgelttarifvertrag zugrunde. (Ich hoffe Sie verstehen mich, ist nicht so meine Materie ;-)) In dem MTV steht genau drin, wer quasi „zugehörig" ist (zeitlich/räumlich/persönlich glaube ich) Da in diesem nur leitende Positionen und Positionen, die über der letzten Entgeltgruppe liegen, ausgeschlossen sind, muss demnach eine Eingruppierung schon erfolgen, oder?
Vielen Dank vorab für Ihre erneuten Mühen!
Freundliche Grüße
Sehr geehrter Herr Fragensteller,
ich beantworte Ihre Nachfragen wie folgt:
zu 1): Ja, wie bereits ausgeführt, kann nur der Betriebsrat die Rechte aus § 99 BetrVG
geltend machen.
zu 2): Ich gehe davon aus, dass die genannten Tarifverträge nicht allgemeinverbindlich sind und dass in Ihrem Arbeitsvertrag keine Bezugnahme enthalten ist. In diesem Fall habe Sie nur dann Anspruch auf eine Vergütung entsprechend der EG, wenn Sie ebenfalls tarifgebunden sind. Da Sie das nicht sind, gilt § 4 Abs. 1 TVG
für Sie nicht. Das heißt für Sie ist das, was in Ihrem Arbeitsvertrag maßgeblich. Wie bereits ausgeführt, verbleiben dann nur die allgemeinen Vertragskontrollmöglichkeiten.
Mit freundlichen Grüßen
RA Götz