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Diese Antwort ist vom 10.10.2016 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Generell ist der Arbeitgeber durch die Bezugnahmeklausel an den Tarifvertrag gebunden, auch wenn Sie keiner Gewerkschaft angehören.
Der Arbeitgeber muss Sie also auch entsprechend des Tarifvertrages vergüten. Soweit die Theorie. In der Praxis werden neue Mitarbeiter oft in eine zu niedrige Entgeltgruppe eingruppiert. Soweit der Arbeitnehmer einzelne Punkte der höheren Entgeltgruppe nicht bzw. noch nicht erfüllt ist dies auch nicht zu beanstanden.
Erfüllen Sie jedoch alle Voraussetzungen der EG J, müssen Sie auch dementsprechend bezahlt werden. Sie sollten sich an den Betriebsrat wenden, oder falls keiner existiert die Eingruppierung reklamieren.
Solange Sie keinen Festvertrag haben, besteht ein erhebliches Risiko, dass Sie bei "Beschwerden" einen solchen auch nicht erhalten werden.
Wenn eine Gewerkschaft in Ihrem Unternehmen vertreten ist, sollten Sie sich überlegen bei dieser Mitglied zu werden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rückfrage vom Fragesteller
11.10.2016 | 10:10
Sehr geehrter Herr Brödel,
„Der Arbeitgeber muss Sie also auch entsprechend des Tarifvertrages vergüten. Soweit die Theorie. In der Praxis werden neue Mitarbeiter oft in eine zu niedrige Entgeltgruppe eingruppiert. Soweit der Arbeitnehmer einzelne Punkte der höheren Entgeltgruppe nicht bzw. noch nicht erfüllt ist dies auch nicht zu beanstanden."
Gibt es hierfür eine Gesetzesquelle zum nachlesen (z.B. Gerichts-Urteil) oder ist dies auf Grund gängiger Praxis zur Rechtsauffassung geworden?
„Solange Sie keinen Festvertrag haben, besteht ein erhebliches Risiko, dass Sie bei "Beschwerden" einen solchen auch nicht erhalten werden."
Letztes Jahr habe ich mein duales Studium im Unternehmen abgeschlossen. Nach Betriebsvereinbarung besteht die Pflicht der Entfristung der Studenten nach 1-Jähriger Bewährung. Die Personalabteilung hat mir die Entfristung bereits mündlich zugesichert. Nach Unterschrift des unbefristeten Vertrages werde ich meine Vergütung beim Betriebsrat beanstanden.
Bisher habe ich alle gestellten Aufgaben zur vollsten Zufriedenheit erfüllt (in Mitarbeitergespräch auch schriftlich so festgehalten), aber noch nicht das komplette Aufgabengebiet meiner Stellenbeschreibung abgearbeitet. Der Jahresabschluss steht noch bevor (Ende des Jahres, Anfang des kommenden Jahres). Welche Anpassung der Vergütung finden Sie aktuell bzw. nach Jahresabschluss angemessen oder macht generell eine Beanstandung erst nach Jahresabschluss Sinn? (1 Gehaltstufe entsprechen ca. 250 €).
„Wenn eine Gewerkschaft in Ihrem Unternehmen vertreten ist, sollten Sie sich überle-gen bei dieser Mitglied zu werden."
Welche zusätzlichen Vorteile kann mir zum Thema Gehalt die Gewerkschaft bringen? (Der Arbeitsvertrag ist bereits an den Tarifvertrag gebunden.) Würde eine Gewerkschaft eventuell mehr für eine bessere Vergütung kämpfen?
Vielen Dank im Voraus!
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt
11.10.2016 | 16:39
Gerne beantworte ich Ihre Nachfragen:
1. Grundsätzlich müssen Sie nach Tariflohn bezahlt werden und haben einen Anspruch auf Bezahlung nach Tariflohn. In der Praxis ist die Eingruppierung häufig problematisch. Der Arbeitgeber wird im Zweifel anführen, dass Sie (zumindest noch nicht) alle Voraussetzungen der höheren Stufe erfüllen. Hinzukommt, dass durch eine arbeitsvertragliche oder tarifvertragliche Ausschlussfrist die "falsche Eingruppierung" und die damit verbundene möglich Nachforderung meist auf mehrere Monate begrenzt ist, solange die Forderung nicht geltend gemacht wurde oder die Eingruppierung reklamiert wurde.
2.
Sie sollten sich keinesfalls davon abbringen lassen, Ihre Rechte durchzusetzen. Ich gebe nur aus der Praxis zu bedenken, dass die Einforderung von höherem Gehalt oft zu innbetrieblichen Problemen führen kann. Umso stärker der Betriebsrat im Unternehmen ist und umso größer das Unternehmen, desto weniger Probleme sind regelmäßig zu erwarten.
Ich würde erst reklamieren, wenn Sie sicher eine unbefristete Stelle haben. Zudem sollten Sie von der höheren Entgeltgruppe geforderten Tätigkeiten auch tatsächlich ausüben.
3.
Sofern die zuständige Gewerkschaft Ihren Betrieb betreut, kennt diese normalerweise alle aktuellen Gegebenheiten, da Sie mit dem Betriebsrat in ständigem Kontakt steht. Die Gewerkschaft kennt auch regelmäßig die Entwicklungen in ähnlichen Betrieben. Zudem ist bei einem hohen Organisationsgrad in der Firma die Durchsetzungskraft der Mitarbeiterrechte und -forderungen natürlich stärker.
Hinzukommt, dass Sie meistens über die Gewerkschaft Rechtsschutz und sonstige Leistungen in Anspruch nehmen können. Informieren Sie sich am besten im Internet über die Leistungen der zuständigen Gewerkschaft oder vor Ort, ob der Betrieb durch die Gewerkschaft auch tatsächlich betreut wird.
Einige Leistungen bspw. (höhere Abfindungen) bei betriebsbedingten Kündigungen können auch nur für Gewerkschaftsmitglieder gelten.