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Ausgleichungspflicht unter Abkömmlingen

15. Januar 2010 16:03 |
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Erbrecht


Beantwortet von


19:51

Sehr geehrte Anwälte,
mein Vater ist im Mai 2008 verstorben. Ich bin mit meiner Schwester zu gleichen Teilen erbberechtigt. Der Nachlass besteht aus einer ETW im Wert von rd. 130.000 Euro. Mein Vater hat 1979 meiner Schwester und ihrem damaligen Mann den Kauf eines Unternehmens ermöglicht, indem er selbstschuldnerisch für deren Darlehn gebürgt hat. Das Unternehmen lief allerdings nur auf meinen damaligen Schwager. Noch in demselben Jahr wurde das Unternehmen notleidend und ging im Jahr darauf in Konkurs. Mein Vater ist dann in sämtliche Verpflichtungen der Eheleute eingetreten und hat von 1980 bis 1989 rd. 100.000 Euro gezahlt. Von meinem damaligen Schwager hat er erfolglos gerichtlich versucht, etwas zurückzubekommen, von meiner Schwester hat er eine "moralische Beteiligung" von 150 DEM monatlich bis zu ihrer Wiederverheiratung Ende 1991 verlangt. Danach hat er auch darauf verzichtet. Rückzahlungen sind ansonsten keine erfolgt. Meine Schwester bezeichnet die Zuwendungen meines Vaters als Geldgeschäft, das er aus Profitgründen eingegangen sei. Eine Ausgleichungspflicht sähe sie nicht, für sie sei die Sache erledigt und sie hätte damit nichts (mehr) zu tun (mein damaliger Schwager ist 1997 verstorben). Sie führt hierfür als Begründung an, Alleininhaber des Unternehmens sei ihr damaliger Mann gewesen. Nach meinen Unterlagen schreibt mein Vater, daß er die Verpflichtungen "für die Familie" meiner Schwester eingegangen ist, also um die Zielrichtung, i h r und nicht meinem damaligen Schwager eine Lebensstellung zu schaffen und nach dem Konkurs, unter Einbringung des damals noch vorhandenen Einfamilienhauses, ihre wirtschaftliche Stellung zu sichern. Insofern sind die Zahlungen m.E. ausgleichungspflichtige Zuwendungen (Mehrempfänge/Pflichtteilsergänzungsansprüche einmal außer Betzracht gelassen).
Die Kardinalfrage ist jedoch die der Verjährung. Sind die Ansprüche auf Ausgleichung unter Abkömmlingen (Ausgleichungen unter Gesamtschuldnern, aus dem/den Darlehn heraus und übergegangene Darlehnsforderungen sind in der Tat verjährt) verjährt, dan erübrigen sich weitere Abklärungen zum Thema der Ausgleichungspflicht. Meine Frage also: Wann verjähren die Ansprüche nach § 2050 BGB für Zuwendungen/Ausstattung? Ergänzend interessant wäre für mich um eine tendenzielle Einschätzung zur Ausgleichungspflicht.

15. Januar 2010 | 17:05

Antwort

von


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Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf der Grundlage der von Ihnen gemachten Angaben wie folgt beantworte.
Durch Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben Ihrerseits kann die rechtliche Beurteilung anders ausfallen, so dass die Beratung innerhalb dieses Forums lediglich eine erste rechtliche Orientierung in der Sache darstellt und keinesfalls den Gang zu einem Kollegen vor Ort ersetzen kann.

Dies vorausgeschickt wird das Folgende ausgeführt:

Hinsichtlich der Verjährung ist das Gesetz zur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts (ab dem 01.01.2010) zu beachten, insbesondere die Überleitungsvorschrift des Art. 229 § 23 EGBGB. Zum besseren Verständnis wird diese Vorschrift nachfolgend zitiert:

"§ 23 Überleitungsvorschrift zum Gesetzzur Änderung des Erb- und Verjährungsrechts

(1) Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung in der seit dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung sind auf die an diesem Tag bestehenden und nicht verjährten Ansprüche anzuwenden. Der Beginn der Verjährung und die Verjährungsfrist bestimmen sich nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der vor dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung, wenn bei Anwendung dieser Vorschriften die Verjährung früher vollendet wird als bei Anwendung der entsprechenden Vorschriften nach Satz 1.

(2) Bestimmen sich der Beginn und die Verjährungsfrist nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung, beginnt die Frist nicht vor dem 1. Januar 2010. Läuft die nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der vor dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung bestimmte Verjährungsfrist früher ab als die Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der seit dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung, ist die Verjährung mit Ablauf der Frist nach den vor dem 1. Januar 2010 geltenden Vorschriften vollendet.

(3) Die Hemmung der Verjährung bestimmt sich für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2010 nach den Vorschriftendes Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung.

(4) Im Übrigen gelten für Erbfälle vor dem 1. Januar 2010 die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der vor dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung. Für Erbfälle seit dem 1. Januar 2010 gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 1. Januar 2010 geltenden Fassung, unabhängig davon, ob an Ereignisse aus der Zeit vor dem Inkrafttreten dieser Vorschriften angeknüpft wird."

Nach altem Recht würde der Anspruch nach § 2050 BGB in 30 Jahren verjähren (Beginn: 31.12.2008 - Ende: Ablauf des 31.12.2038).

Nach neuem Recht und der Abschaffung des § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB verjährt der Anspruch aus § 2050 BGB in der Regelverjährungsfrist von 3 Jahren.
Da die Verjährung nach der Altfassung des § 197 Abs. 1 Nr. 2 BGB nicht vor der Verjährungsfrist nach der Neufassung endet, ist insoweit auf die Regelung ab dem 01.01.2010 zurückzugreifen.
(Verjährungsbeginn: 01.01.2010 - Ende: Ablauf des 31.12.2012).

Vor diesem Hintergrund ist ein etwaiger Ausgleichsanspruch aus § 2050 BGB noch nicht verjährt.

In der Sache setzt § 2050 Abs. 1 BGB voraus, dass Abkömmlinge verpflichtet sind, dasjenige, was sie von dem Erblasser bei dessen Lebzeiten als Ausstattung erhalten haben, bei der Auseinandersetzung untereinander zur Ausgleichung zu bringen, soweit nicht der Erblasser bei der Zuwendung ein anderes angeordnet hat.

Der Begriff der Ausstattung ist weit auszulegen und erfasst alle Vermögenspositionen, die ein Abkömmling von seinen Eltern zur Hochzeit als Aussteuer erhalten hat.
Zuwendungen, die als Hilfe in die Selbständigkeit und zur Existenzgründung gegeben werden, fallen jedenfalls unter den Begriff der Ausstattung.

Die Zuwendung Ihres Vaters ist unter diesem Gesichtspunkt schon deshalb problematisch, da das Unternehmen allein dem Schwager zuzuordnen gewesen ist. Ihre Schwester hat unter formalen Gesichtspunkten daran nicht partizipiert.

Zuschüsse im Sinne von § 2050 Abs. 2 BGB liegen insoweit nicht vor.

Andere Zuwendungen unter Lebenden sind nach § 2050 Abs. 3 BGB nur dann zur Ausgleichung zu bringen, wenn der Erblasser bei der Zuwendung die Ausgleichung angeordnet hat.
Dieser Tatbestand ist nach Ihrem Sachvortrag auch nicht erfüllt.

Abschließend bewerte ich die Aussichten der Geltendmachung eines Ausgleichsanspruch nach § 2050 Abs. 1 BGB als tendenziell wenig erfolgversprechend.

Ich hoffe, dass ich Ihnen in der Sache weiterhelfen konnte.
Für eine kostenlose Rückfrage stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Sollten Sie eine darüber hinausgehende Vertretung in Erwägung ziehen, empfehle ich Ihnen eine Kontaktaufnahme über die unten mitgeteilte E-Mail-Adresse. Die moderne Kommunikation ermöglicht insoweit auch die Überbrückung größerer Entfernungen.



Rechtsanwalt Karlheinz Roth

Rückfrage vom Fragesteller 15. Januar 2010 | 18:31

Vielen Dank für die schnelle Antwort.
Im Gegensatz zu der Tatsache, daß die Firma auf meinen Schwager eingetragen war, sind meine Schwester und er alle Verträge, die zur Finanzierung der Firma dienten, privat eingegangen und haben diese gemeinsam unterschrieben. Ohne Zustimmung seiner Frau hätte er die Darlehn auch nicht bekommen. Meine Schwester haftete also für die Darlehn genauso und die Übernahme der Verpflichtungen durch meinen Vater kam ihr ebenso wenn nicht überwiegend zugute, denn dies schützte hauptsächlich, wenn nicht ausschließlich ihre Existenz, denn mein Schwager leistete den Offenbarungseid. Für meinen Schwager hätte er das nicht getan, ihn hat er im Gegenteil verklagt. Meine Schwester war damals unpfändbar, hätte aber wirtschaftlich ansonsten schwer für viele Jahre zu tragen gehabt, was mein Vater damit verhindert hat und was er auch als seine Pflicht angesehen hat. Ist dies nicht als Ausstattung oder Zuwendung im Hinblick auf die gemeinsamen Darlehnsverbindlichkeiten anzusehen, losgelöst von der auf den Schwiegersohn eingetragenen Firma (was unter solchen Umständen wohl der Gewohnheit entsprach und wo doch z.B. die Übernahme der Schulden des Schwiegersohnes in der Retsprechung schon als ausgleichungspflichtig angesehen werden könnten)?
MfG

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 15. Januar 2010 | 19:51

Sehr geehrter Ratsuchender,

vielen Dank für Ihren Nachtrag.

Bei der Frage der Ausstattung gibt es keine Punktentscheidung, sondern es kommt immer auf den Einzelfall an.
Von einer Starthilfe in die Selbständigkeit kann jedenfalls nach meiner Rechtsauffassung keine Rede sein.

Die Zuwendungen können unter Berücksichtigung der von Ihnen genannten Umstände aber zur Begründung oder zu Erhaltung der Lebensstellung beigetragen haben, so dass darin durchaus eine ausgleichspflichtige Ausstattung gesehen werden kann.

Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.


P.S.: Sie sind unter der von Ihnen angegebenen Adresse in W. nicht zu ermitteln.
Es wäre hilfreich, wenn Sie dies per E-Mail mir gegenüber kurz aufklären könnten.



Mit freundlichen Grüßen
aus Hamburg
RA K. Roth

www.kanzlei-roth.de

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