Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Grundsätzlich gilt, dass der Arbeitsvertrag auf Seiten des Arbeitgebers von einer oder den vertretungsberechtigten Personen unterschrieben werden muss. Wenn also nur beide Geschäftsführer gemeinsam oder ein Geschäftsführer zusammen mit dem Prokuristen vertretungsberechtigt sind, gilt dies grds. auch für den Abschluss eines Arbeitsvertrags.
Da hier nur einer der Geschäftsführer allein den Arbeitsvertrag unterzeichnet hat, stellt sich tatsächlich die Frage nach der ausreichenden Vertretungsbefugnis. Zudem könnte der Vertrag aufgrund der fehlenden zweiten Unterschrift derzeit schwebend unwirksam sein.
Die schwebende Unwirksamkeit kann jedoch noch geheilt werden, indem der zweite Geschäftsführer oder der Prokurist Ihrer Einstellung zustimmt und die noch fehlende Unterschrift nachgeholt wird.
Darüber hinaus käme ggf. eine konkludente Zustimmung in Frage, wenn Sie das Arbeitsverhältnis antreten und von der Arbeitgeberseite die Vertragspflichten, im wesentlichen die Zahlung des Arbeitentgeltes, ebenfalls eingehalten werden. Auch die Grundsätze eines faktischen Arbeitsverhältnisses durch die Arbeitsaufnahme gegen Zahlung des vereinbarten Entgeltes könnten dann evtl. zum Tragen kommen. Da Sie das Arbeitsverhältnis aber noch nicht angetreten haben, müssten Sie aber abwarten, ob der Arbeitgeber Ihre Arbeitsleistung annimmt und seine Vertragspflichten erfüllt. Es bestände also noch eine ziemliche Unsicherheit für Sie.
Auch wenn evtl. die Möglichkeit einer konkludenten Zustimmung durch die Arbeitsaufnahme bestehen kann und damit für Sie ein gewisser Schutz bestände, wäre m. E. der sicherste Weg, die fehlende zweite Unterschrift rechtzeitig vor dem Arbeitsantritt zu klären und die Zustimmung des zweiten Geschäftsführers oder des Prokuristen nachzuholen. Wenn Sie das Thema sachlich und höflich ansprechen, sollte ein Arbeitgeber, der selbst an einem rechtssicheren Vertrag interessiert sein sollte, darin wohl kein Misstrauen sehen sondern ein eigenes Interesse an der Klärung haben.
Ich hoffe, damit Ihre Frage beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin
Sehr geehrte Fr. RAin Jacobi,
vielen Dank für Ihre schnelle und fundierte Antwort.
Eine Nachfrage dazu: Könnte es nicht - selbst im Falle von konkludenter Zustimmung, d.h. wenn das Arbeitsverhältnis z.B. bereits 1 Jahr lang läuft und beide Seiten ihre Vertragspflichten bis dahin erfüllen - irgendwann einmal heißen, ich hätte die Vertretungsbefugnis aufgrund meiner (Aus-)Bildung und meines Berufsstandes damals prüfen müssen? Ich meine, könnte es nachteilig sein, mich angeblich unwissentlich (Fahrlässigkeit?) oder auch wissentlich (vorsätzlich?) auf den Vertrag einzulassen und im zuletzt genannten Fall auf die konkludente Zustimmung "zu spekulieren"?
Danke und mit freundlichen Grüßen!
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich wie folgt beantworten möchte:
Der Arbeitgeber könnte natürlich versuchen, auf diese Weise zu argumentieren. Ob er damit durchkäme, wäre jedoch eine andere Frage, denn dann könnte man sicherlich auch die Gegenfrage stellen, warum der Arbeitgeber trotz fehlender Zustimmung Ihre Arbeitsleistung angenommen und die Vertragspflichten erfüllt hat. Zudem müsste Ihnen der Arbeitgeber nachweisen können - was wohl schwer fallen würde - dass Sie absichtlich oder fahrlässig auf eine konkludente Zustimmung spekuliert haben.
Um solche Probleme zu vermeiden, halte ich es daher für die sicherste Lösung, schon vor Arbeitsbeginn die Vertretungsbefugnis zu klären und die fehlende Zustimmung durch Nachholen der zweiten Unterschrift einzuholen. Evtl. können Sie den Arbeitgeber darauf hinweisen, dass diese Klärung ja auch in seinem Interesse sein sollte und damit nochmals Ihre Qualifikation und Loyalität zum Ausdruck bringen.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin