Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich auf Grundlage Ihrer Angaben im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworte:
Damit eine Entlohnung von 38,5 Stunden erfolgt, müssen grundsätzlich 38,5 Arbeitsstunden geleistet werden. Bei einer 5-Tage-Woche wären das z. B. 7,7 Arbeitsstunden pro Tag. Arbeitsstunden sind die Stunden, in denen tatsächlich gearbeitet wird, also die Arbeitszeiten abzüglich Pausen etc. Ist also die Arbeitszeit z. B. von 8.00 bis 16.00 Uhr und hat man eine halbe Stunde Mittagspause, hat man 7,5 Arbeitsstunden erbracht. Für diese 7,5 Stunden wird dann die Vergütung fällig.
Welche Zeiten als Arbeitszeiten bzw. Arbeitsstunden zu berücksichtigen sind und welche Pausen oder andere Rüstzeiten abzuziehen sind, ergibt sich meist aus dem Arbeitsvertrag oder durch Verweis aus dem Tarifvertrag.
Ihre Partnerin sollte daher vorsorglich unter Abzug der Pausenzeiten prüfen, wie viele Arbeitsstunden sie tatsächlich geleistet hat. Es ist sicherlich auch angebracht, dass sie einen eigenen Stundenzettel führt, in dem sie die täglichen Arbeitsstunden aufschreibt. So ist ein Vergleich mit den abgerechneten Stunden am besten möglich und man hat eine Argumentationshilfe. Mit den von ihr berechneten Arbeitsstunden müssen dann die abgerechneten Arbeitsstunden verglichen werden. Lässt sich dann eine Differenz feststellen, die nicht von Ihnen aufgeklärt werden kann, sollte sich Ihre Partnerin unbedingt an das Personal- oder Lohnbüro wenden und auf diese Differenz und die fehlerhafte Berechnung des Arbeitsentgelts hinweisen.
Inwieweit Überstunden anzurechnen und zu vergüten wären, sollte sich ebenfalls aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass Überstunden in Freizeit abgegolten werden und nicht immer besonders vergütet werden. Wurde im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart, dass keine Zulagen für Wochenenden und Feiertagen gezahlt werden, wäre anhand eines evtl. geltenden Tarifvertrags zu klären, ob dieser Ausschluss zulässig ist oder ob diese Arbeitsstunden in anderer Weise abgegolten werden.
Bevor der Vertrag von Ihrer Partnerin nicht mehr erfüllt wird, ist vorrangig zu klären, weshalb zu wenige Stunden in der Abrechnung berücksichtigt wurden und werden. Insoweit ist ein klärendes Gespräch mit der Lohnbuchhaltung und/oder der Personalabteilung sicherlich angebracht. Dabei sollte auch der eigene Stundenzettel vorgelegt werden, damit die Differenz in den Arbeitsstunden besser geprüft und geklärt werden kann. Eine Aufklärung und Einigung geht immer einer Kündigung vor.
Einen ausreichenden Grund, den Vertrag nicht länger zu erfüllen - was eine fristlose oder fristgerechte Kündigung bedeuten würde - sehe ich hier aber noch nicht gegeben. Es käme u. U. eine fristgerechte Kündigung in Betracht, wenn Ihre Partnerin unter diesen Umständen nicht länger an dem Arbeitsverhältnis festhalten will und auch eine Klärung oder Einigung mit dem Arbeitgeber scheitern würde. Aber auch dann sollte der Schritt der Kündigung wohl überlegt sein.
Denn wird das Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung beendet, wird in den meisten Fällen eine 12 wöchige Sperrfrist für das Arbeitslosengeld verhängt. Nur wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses absolut unzumutbar war oder bei der Kündigung ein neues Arbeitsverhältnis bereits in Aussicht stand, das unvorhergesehen nicht angetreten werden kann, kann diese Sperrfrist evtl. verkürzt werden oder entfallen. In den meisten Fällen wird aber bei einer Eigenkündigung - egal ob fristgerecht oder fristlos - die 12-wöchige Sperrfrist zu verhängen sein.
Der von Ihnen geschilderte Sachverhalt, dass evtl. zu wenig Stunden abgerechnet werden, stellt m. E. derzeit noch keinen Grund dar, die Sperrfrist vom Arbeitsamt im Falle einer Kündigung entfallen zu lassen. Es müsste sich dann schon um erhebliche Lohnrückstände handeln und eine Einigung/Klärung mit dem Arbeitgeber müsste gescheitert sein.
Mein Ratschlag wäre daher, erst einmal mit dem Arbeitgeber die Stundendifferenz zu klären und ggf. die Nachzahlung der zu wenig gezahlten Vergütung zu versuchen, soweit dies noch möglich ist. Darüber hinaus sollte mit dem Arbeitgeber geklärt werden, wie ein verbindlicher Stundennachweis geführt werden kann, um solche Missstände in der Zukunft zu vermeiden.
Des weiteren sollte wegen der Bezahlung von Überstunden, Wochenend- und Feiertagsarbeit der Arbeits- und ggf. Tarifvertrag geprüft werden.
Sofern Ihre Partnerin diesbezügliche eine anwaltliche Vertretung wünscht, kann Sie sich auch gern mit meiner Kanzlei in Verbindung setzen.
Ich hoffe, Ihnen und Ihrer Partnerin mit meiner Antwort erst einmal weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Silke Jacobi
Rechtsanwältin