Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich im Rahmen einer Erstberatung wie folgt beantworten möchte:
Frage 1:
Im Dezember 2011 hat der 22j. Sohn mal wieder einen Job gehabt, den er durch viel Einsatz seiner Geschwister bekommen hat. Nach zwei Wochen hat er diesen wieder hin geschmissen. Nach langem hat er mir nun vor einigen Tagen Endlich die Abrechnung gegeben. Ihm wurden 390,-€ netto ausgezahlt. Hier von werden mir als Haushaltsvorstand etwa 220,-€ von der Arge angerechnet und bei der Leistung abgezogen. Mein Sohn weigert sich jedoch mir diese 220,-€ geben, wo bei er diese auch schon ausgegeben hat. Kann ich mich gegen die Kürzung bei der Arge wehren, so dass diese dann direkt an ihn heran treten und von Ihm das Geld einfordern? Ich kann ansonsten die Miete nicht bezahlen.
Ich gehe davon aus, dass mit „ich" Ihre Lebensgefährtin gemeint ist. Grundsätzlich gehören zu einer Bedarfsgemeinschaft alle Personen, die gemeinsam in einem Haushalt leben. Diese erhalten Arbeitslosengeld II, wenn ihr gemeinsames Einkommen und Vermögen nicht ausreicht, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Damit eine solche Bedarfgemeinschaft vorliegt, ist es notwendig, dass die der BG angehörenden Personen eine Leben- und Wirtschaftsgemeinschaft bilden. Es muss also „aus einem Topf" gewirtschaftet werden (so BSG Az: B 14 AS 2/08
). Das bedeutet, dass der Sohn Ihrer Lebensgefährtin im Innenverhältnis verpflichtet ist, seiner Mutter seinen Arbeitslohn zumindest anteilig zur Verfügung zu stellen, da dieser als „Einkommen" in die Bedarfgemeinschaft geflossen ist.
Das Problem ist leider, dass sich das Jobcenter zum einen nicht darum schert, was im Innenverhältnis der Mitglieder der Bedarfgemeinschaft passiert, zum anderen, der Bevollmächtigte der BG – also Ihre Lebensgefährtin – Ansprechpartnerin hinsichtlich des Rückzahlungsanspruches ist.
Es besteht zwischen Mutter und Sohn sicherlich aus welcher Anspruchsgrundlage auch immer ein Anspruch auf Zufluss des Arbeitslohnes in die Bedarfgemeinschaft. Das Problem ist nur die Durchsetzbarkeit. Die Mutter müsste rechtliche Schritte gegen ihren Sohn einleiten und das ist sicherlich nicht gewollt.
Man könnte versuchen, die Auflösung der Bedarfgemeinschaft anzustreben, also dass jeder für sich „wirtschaftet". Das Problem ist, dass der Sohn selbst arbeitslos ist. Bis 25 Jahre hat er kein Recht darauf, zusätzliche Mietkosten zu verursachen. „Getrennte Kassen" kann man auch in einer Wohnung haben, Sie wären hierfür nur beweispflichtig, was hier das Problem sein dürfte.
Frage 2:
Habe sie eine rechtliche Möglichkeit ihn aus der Bedarfsgemeinschaft und Wohnung zu entfernen das er in eine eigene Wohnung oder WG zieht? Es ist eine Belastung für mich da er zu dem auch noch sehr frech ihr gegenüber ist, bzw. habe ich die Möglichkeit mir in Dortmund eine Wohnung zu nehmen wo die Arge den Umzug übernehmen muss? Denn wenn der jüngste im Sommer auszieht werden wir sowie so wegen der Größe der Wohnung umziehen müssen.
Muss sie wirklich dann noch drei Jahre in einer anderen Wohnung mit ihm ziehen bevor sie nach Dortmund ziehen kann?
§ 22 Abs.
V SGB II sieht einen Aus- bzw. Umzug eines unter 25-jährigen nur dann vor, wenn „schwerwiegende Gründe" vorliegen. Ein solcher schwerwiegendern Grund liegt zum Beispiel dann vor, wenn die Eltern-Kind- Beziehung nachhaltig gestört ist, durch Gewalt, sexuelle Übergriffe und Dinge dieser Art. Nach der Rechtsprechung müssen die Konflikte und Beziehungsstörungen das normale Maß des Üblichen deutlich überschreiten ( LSG Berlin- Brandenburg, Az: L 5 B 1121/05). Eine dauerhaft gestörte Eltern- Kind – Beziehung liegt erst dann vor, wenn ernsthafte Versuche der Beteiligten, die bestehenden Konflikte zu lösen, ohne Erfolg geblieben sind, für eine ernsthafte Konfliktbewältigung ist regelmäßig professionelle Hilfe in Form einer Erziehungsberatung z.B. in Anspruch zu nehmen, sofern dies nicht von Anfang an als aussichtslos erscheint (SG Stuttgart, Az: L 5 AS 383/09
).
Sie sehen also, dass es – leider – sehr schwierig ist, dass Kind in eine eigene Wohnung uns aus der BG zu bekommen, bevor es 25 ist. Ich würde Ihnen empfehlen, beim Jobcenter vorstellig zu werden und die Probleme mit dem Sohn in allen Ausprägungen zu schildern. Sie bieten ebenfalls an, einen Psychologen o. ä. aufzusuchen, teilen aber mit, dass das Verhältnis auch im Hinblick auf Sie zerrüttet ist. So hat man eine Chance, nicht sofort, aber wenn Sie hier beharrlich sind und eventuell anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen, besteht eine Möglichkeit. Es gibt viel Kritik am § 22 SGB II
und wie Sie hier sehen, zu Recht.
Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
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