Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Zu
1. Gelten Einnahmen und Gewinn als "mühevoll erarbeitet" und werden somit auf das ALG angerechnet? Die Einstufung als Vermietung/Verpachtung wäre mir lieber.
-Das zu berücksichtigende Einkommen richtet sich grundsätzlich nach § 11 SGB II
.
Hierunter fallen "Einnahmen in Geld oder Geldeswert abzüglich der nach § 11b abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a genannten Einnahmen. [...]"
Darunter werden also auch Ihre Einnahmen aus der Vermietung fallen.
Vermietung und Verpachtung fällt unter die Berechnung des Einkommens in sonstigen Fällen nach § 4 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) Stand 21.03.2013.
Danach ist in diesen Fällen wiederum § 2 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) Stand 21.03.2013 entsprechend anzuwenden, sprich die Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Arbeit.
Somit wird die Vermietung/Verpachtung ebenfalls als Einkommen betrachtet.
Zu
2. Wie werden Zahlungen, Einnahmen bzw. Gewinn verteilt und auf das ALG angerechnet? Wann gelten die Zahlungen als erarbeitet?
- Dies richtet sich nach § 11 Abs. 2, Abs. 3 SGB II
:
(2) Laufende Einnahmen sind für den Monat zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Zu den laufenden Einnahmen zählen auch Einnahmen, die an einzelnen Tagen eines Monats aufgrund von kurzzeitigen Beschäftigungsverhältnissen erzielt werden. Für laufende Einnahmen, die in größeren als monatlichen Zeitabständen zufließen, gilt Absatz 3 entsprechend.
(3) Einmalige Einnahmen sind in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen. Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, werden sie im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen.
Hier ist § 3 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-V) Stand 21.03.2013 zu beachten.
Die entscheidenden Absätze möchte ich an dieser Stelle gerne zitieren:
(1) Bei der Berechnung des Einkommens aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft ist von den Betriebseinnahmen auszugehen. Betriebseinnahmen sind alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum (§ 41 Absatz 1 Satz 4
des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch) tatsächlich zufließen. Wird eine Erwerbstätigkeit nach Satz 1 nur während eines Teils des Bewilligungszeitraums ausgeübt, ist das Einkommen nur für diesen Zeitraum zu berechnen.
(2) Zur Berechnung des Einkommens sind von den Betriebseinnahmen die im Bewilligungszeitraum tatsächlich geleisteten notwendigen Ausgaben mit Ausnahme der nach § 11b
des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzusetzenden Beträge ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften abzusetzen.
(4) Für jeden Monat ist der Teil des Einkommens zu berücksichtigen, der sich bei der Teilung des Gesamteinkommens im Bewilligungszeitraum durch die Anzahl der Monate im Bewilligungszeitraum ergibt. Im Fall des Absatzes 1 Satz 3 gilt als monatliches Einkommen derjenige Teil des Einkommens, der der Anzahl der in den in Absatz 1 Satz 3 genannten Zeitraum fallenden Monate entspricht. Von dem Einkommen sind die Beträge nach § 11b
des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzusetzen.
(5) Ist auf Grund der Art der Erwerbstätigkeit eine jährliche Berechnung des Einkommens angezeigt, soll in die Berechnung des Einkommens nach den Absätzen 2 bis 4 auch Einkommen nach Absatz 1 Satz 1 einbezogen werden, das der oder die erwerbsfähige Leistungsberechtigte innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten vor wiederholter Antragstellung erzielt hat, wenn der oder die erwerbsfähige Leistungsberechtigte darauf hingewiesen worden ist. Dies gilt nicht, soweit das Einkommen bereits in dem der wiederholten Antragstellung vorangegangenen Bewilligungszeitraum berücksichtigt wurde oder bei Antragstellung in diesem Zeitraum hätte berücksichtigt werden müssen.
Grundsätzlich sind die Einnahmen also dann für den Bewilligungszeitraum zu berücksichtigen, wenn sie anfallen, also im sog. Zuflussmonat.
Ein Verteilzeitraum für einmalige Einnahmen von sechs Monaten wäre (nur) dann zu bilden, wenn der Leistungsanspruch in dem ersten (bei erbrachten Leistungen: nachfolgenden) Monat der Berücksichtigung entfallen würde, § 11 Abs 3 S 3 SGB II
. Eine einmalige Einnahme wird also nicht etwa über den Zuflussmonat hinaus Vermögen, sondern bleibt für den gesamten „Verteilzeitraum" Einkommen (BSGE 101, 291
ff) und ist zu berücksichtigen, solange die Mittel verfügbar sind.
Dies ist bei Ihnen, wenn ich Sie richtig verstanden habe, jedoch nicht der Fall.
Hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auf die Absatzbeträge des § 11b SGB II
, die in Ihrem Fall entsprechend Ihrer Einnahmen berücksichtigt werden müssten.
Zu
3. Kann ich die Anrechnung auf das ALG vermeiden, indem ich mich kurzzeitig vom Leistungsbezug abmelde? Vielleicht eine Woche?
- Sie sind für den ganzen Bewilligungszeitraum zur Angabe von Veränderungen, insb. im Hinblick auf Einnahmen, verpflichtet.
Zu
4. Sollten monatsweise angerechnete Einnahmen in einem Monat die ALG-Leistung überschreiten, bleiben dann diese 30 Tage Anspruch erhalten?
- Falls Sie damit meinen, dass sich hierdurch der Bewilligungszeitraum verlängert, dann leider nicht.
Abschließend hoffe ich, Ihnen mit meiner Antwort einen ersten Überblick über die Rechtslage verschafft zu haben.
Hierbei möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es sich bei dieser Antwort, basierend auf Ihren Angaben, lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes handelt. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
Sie können natürlich gerne im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal mit mir Verbindung aufnehmen.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin Helmerking,
leider trifft Ihre ausführliche Antwort nicht auf meine Frage zu.
Ich hatte unter dem Thema Arbeitslosengeld gefragt, häufig unrichtigerweise als ALG I bezeichnet, und Hinweise auf die praktische Handhabung durch die Arbeitsangentur erbeten. ALG (I) ist in SGB III geregelt.
Sie haben im Themenbereich ALG II / Grundsicherung geantwortet und fast ausschließlich aus SGB II zitiert.
Ich bitte Sie um zutreffende Beantwortung meiner Frage.
Mit freundlichem Gruß
Sehr geehrter Fragesteller,
ich bitte das Missverständnis zu entschuldigen.
Die Anrechnung von Nebeneinkommen richtet sich dann nach § 155 SGB III
.
"§ 155 Anrechnung von Nebeneinkommen
(1) Übt die oder der Arbeitslose während einer Zeit, für die ihr oder ihm Arbeitslosengeld zusteht, eine Erwerbstätigkeit im Sinne des § 138 Absatz 3 aus, ist das daraus erzielte Einkommen nach Abzug der Steuern, der Sozialversicherungsbeiträge und der Werbungskosten sowie eines Freibetrags in Höhe von 165 Euro in dem Kalendermonat der Ausübung anzurechnen. Handelt es sich um eine selbständige Tätigkeit, eine Tätigkeit als mithelfende Familienangehörige oder mithelfender Familienangehöriger, sind pauschal 30 Prozent der Betriebseinnahmen als Betriebsausgaben abzusetzen, es sei denn, die oder der Arbeitslose weist höhere Betriebsausgaben nach."
Mit § 155 SGB III
soll zum einen die Motivation des Arbeitslosen gestärkt werden, eine Nebenbeschäftigung aufzunehmen und andererseits klargestellt werden, dass das aus der Beschäftigung erzielte Entgelt auf das Arbeitslosengeld angerechnet wird. In Abs. 1 S. 1 wird die Anrechnung von Nebeneinkommen aus einer Erwerbstätigkeit iSd § 138 SGB III
geregelt und in S. 2 die Anrechnung für selbständige Tätigkeiten und Tätigkeiten als mithelfender Familienangehöriger entsprechend für anwendbar erklärt.
Ausgangspunkt für die Bestimmung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit ist § 15 Abs. 1 S. 1 SGB IV
, so dass bei S. 2 der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn das Arbeitseinkommen des Selbständigen darstellt. Der Gewinn ist ausgehend von § 4 EStG
durch Betriebsvermögensvergleich (Bilanz) oder Überschussrechnung zu ermitteln und ergibt sich aus dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen des laufenden und des vergangenen Wirtschaftsjahres zuzüglich des Wertes der Einnahmen und vermindert um den Wert der Einlagen. Dabei ist grds. nur das Einkommen zu berücksichtigen, welches im Zeitraum des Leistungsbezuges erwirtschaftet wurde.
Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Vermietung und Verpachtung sind nur dann zu berücksichtigen, wenn sie auf einem feststellbaren persönlichen Arbeitseinsatz beruhen.
Aufgrund der Tatsache, dass Sie Ihre Wohnmobilvermietung bereits als Gerwerbe angemeldet haben, wird sie wohl nicht als reine Vermietung laufen können.
Abgesehen davon wird sicherlich auch ein persönlicher Arbeitseinsatz Ihrerseits feststellbar sein, da Sie sich jedes Jahr um die Vermietung kümmern müssen.
Die Vermietung wäre nur dann nicht zu berücksichtigen, wenn sie so gut wie keinen Arbeitseinsatz Ihrerseits erforderlich macht (z.B. Suchen eines neuen Mieters für eine Bestandsimmobilie).
Allerdings ist das Arbeitseinkommen bei der Ausübung einer selbständigen Tätigkeit pauschal um 30 Prozent der Betriebseinnahmen als Betriebsausgaben zu bereinigen, es sei denn, der Arbeitslose weist höhere Betriebsausgaben nach. Insofern steht dem Arbeitslosen ein Wahlrecht zu, ob er von der Pauschale Gebrauch macht oder die einzelnen Betriebsausgaben nachweist. Dabei ergeben sich die als Betriebsausgaben anzusehenden Aufwendungen aus den §§ 4 Abs. 4a bis 8, 7 EStG
.
Der Freibetrag in Höhe von 165 Euro ist für den Kalendermonat der Ausübung anzurechnen.
Zur Anrechnung ist Folgendes anzumerken:
Das bereinigte Nebeneinkommen wird sodann auf das Arbeitslosengeld angerechnet, so dass sich dieses entsprechend vermindern kann. Eine Anrechnung findet nur für den Kalendermonat statt, in dem die Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird (Abs. 1 S. 1). Dazu wird das monatliche Nebeneinkommen ermittelt, um die Abzugsbeträge bereinigt und nachfolgend vom Monatszahlbetrag des Arbeitslosengeldes abgezogen.
Stellt sich also für Sie die Frage, ob Sie nicht ganzjährig Ihre Tätigkeit ausüben möchten.
Ich hoffe, Ihre Frage nunmehr richtig beantwortet zu haben und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Katharina Helmerking
Rechtsanwältin