Sehr geehrter Fragesteller,
ich bedanke mich für das Einstellen Ihrer Frage, welche ich Ihnen aufgrund des geschilderten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes gerne wie folgt beantworten möchte:
Ob der Nachlassinsolvenzverwalter das Sofa von Ihnen zurückverlangen kann, hängt maßgeblich davon ab, welche Frist seit der Schenkung des Sofas an Sie verstrichen ist.
Ziel der Insolvenzanfechtung ist es, Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen, welche die Gläubiger eines Insolvenzschuldners benachteiligen.
Im Insolvenzverfahren ist der Insolvenzverwalter berechtigt, für die Insolvenzmasse nachteilige Handlungen des Schuldners anzufechten. Die Folgen einer Verschiebung von Vermögensteilen zu Lasten einzelner oder aller Gläubiger können auf diese Weise rückgängig gemacht werden. Damit soll eine gleichmäßige Befriedigung der Gläubiger gewährleistet werden.
Die Grundkonzeption der Insolvenzanfechtung ist, dass Gläubiger, die besonderes Wissen über die wirtschaftliche Situation des späteren Schuldners ausnutzten, nicht besser behandelt werden sollen als die restlichen Gläubiger. Anders als bei der Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB
können bei der Insolvenzanfechtung nicht nur Willenserklärungen angefochten werden, sondern alle „Rechtshandlungen“ des Insolvenzschuldners, hier des Nachlasses, wenn sie in zeitlicher Nähe zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder unter Bedingungen, die eine Rückgewähr an die Insolvenzmasse und ein Zurückstehen der Rechtssicherheit und des Verkehrsschutzes als gerechtfertigt erscheinen lassen, erfolgt sind.
Im Einzelnen sind in §§ 129 ff. InsO
die folgenden Tatbestände geregelt:
1.Kongruente Deckung (§ 130 InsO
): insbesondere Zahlungen auf fällige Schulden kurz vor der Insolvenz
2. Inkongruente Deckung (§ 131 InsO
): insbesondere Zahlungen auf nicht fällige Schulden kurz vor der Insolvenz
3. Unmittelbar nachteilige Rechtshandlungen (§ 132 InsO
) kurz vor der Insolvenz
4. Vorsätzliche Benachteiligung (§ 133 InsO
) in den letzten zehn Jahren vor der Insolvenz
5. Unentgeltliche Leistungen (§ 134 InsO
) in den letzten vier Jahren vor der Insolvenz
Da es sich in Ihrem Fall um eine unentgeltliche Lesitung, eine Schenkung, handelt, gilt hier die Vierjahresfrist. Sollte diese noch nicht verstrichen sein, hat der Insolvenzverwalter grundsätzlich das Recht, das Sofa herauszuverlangen.
Allerdings ist in §134 Abs. 2 InsO
bestimmt, dass eine Leistung dann nicht anfechtbar ist, wenn sie auf ein gebräuchliches Gelegenheitsgeschenk gerichtet ist. Man kann in Ihrem Falls icherlich durchaus die Meinung vertreten, dass das geschenkte Sofa diese Voraussetzung erfüllt, es sei denn, es handelt sich um ein besondere wertvolles Sofa. Sie können diesen Ausschlussgrund dem Insolvenzverwalter mitteilen und vorerst eine Herausgabe verweigern. Sollten Sie hierfür anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen wollen, stehe ich Ihnen hierfür selbstverständlich gerne zur Verfügung, Sie können sich gerne per Email mit mir in Verbindung setzen und mir den bisherigen Schriftverkehr mit dem Insolvenzverwalter zukommen lassen.
Sollten Sie dennoch zur Herausgabe verpflichtet werden können,
entsteht durch die Anfechtung ein schuldrechtlicher Rückgewähranspruch auf Leistung an die Insolvenzmasse. Diesen Anspruch kann der Insolvenzverwalter einziehen, das heißt er kann außerprozessual vom Anfechtungsgegner dessen Erfüllung verlangen oder, wenn nicht freiwillig geleistet wird, den Anspruch durch Erhebung einer Leistungsklage geltend machen.
Als Empfänger einer unentgeltlichen Lesitung haben Sie diese jedoch nach § 143 Abs. 2 InsO
nur insoweit zurückzugewähren, soweit Sie durch diese noch bereichert sind. D.h. befindet sich das Sofa nicht mehr in Ihrem Besitz, müssen Sie es auch nicht herausgeben. Dabei müssen Sie aber unbedingt beachten, dass dies nur solange gilt, wie Sie von der Gläubigerbenachteiligung und Ihrer Herausgabepflicht nichts wissen! Sollte das Sofa also momentan noch in Ihrem Besitz sein, dürfen Sie es jetzt NICHT mehr weitergeben, ansonsten haften Sie trotzdem auf Herausgabe.
Die Kosten hat hier derjenige zu tragen, der das Sofa haben möchte, also der Gläubiger bzw. der Insolvenzverwalter.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick gegeben zu haben, und stehe Ihnen für weitere Rückfragen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Müller
Rechtsanwältin
Hallo Frau Müller,
vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort. Nur noch eine kleine Frage:
Muß ich gegenüber dem Insolvenzverwalter der Anfechtung widersprechen (nicht berechtigt) oder ihm miteilen, daß ich das Sofa nicht herausgeben kann und werde. Muß ich auf sein Verlangen hin den Namen des Beschenkten preisgeben?
Vielen Dank.
Sehr geehrter Fragesteller,
bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihre Nachfrage erst jetzt beantworte.
Den Namen des Beschenkten müssen Sie nicht preisgeben, sagen Sie nur, dass das Sofa nicht mehr in Ihrem Besitz ist. Vorsichtshalber können Sie der Anfechtung auch widersprechen.
Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Müller
Rechtsanwältin