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Akademiker auf Stundenbasis bezahlen?

| 16. Oktober 2013 10:59 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von

Rechtsanwältin Yvonne Bellmann

Sehr geehrte Damen und Herren,


wir sind ein kleines Dienstleistungsunternehmen, welches mit Großkonzernen in Projekten zusammenarbeitet.
Sofern Mitarbeiter für diese Projekte notwendig sind, werden wir per Werksvertrag oder per Arbeitnehmerüberlassung von diesen Kunden beauftragt. Unsere (festangestellten und immer deutlich besser, als Tarif bezahlten) Mitarbeiter (keine gewerblichen Mitarbeiter, sondern Akademiker) arbeiten teilweise bei unseren Kunden vor Ort und teilweise bei uns selber die Projekte ab.

Die Geschäftsbeziehungen zwischen einem Großkonzern und einem kleinen Dienstleistungsunternehmen werden zunehmend mittels vorgegebener Rahmenverträge geregelt. Nun werden immer mehr Eingriffe in unsere Vertragsgestaltung mit unseren Mitarbeitern indirekt vorgenommen. Beispielsweise werden jährliche Stundenzahlen vorgegeben, keinerlei Deckungsbeitrag mehr bei anfallender Mehrarbeit gewährt, Zwangsurlaube durchgesetzt und selbst das Kalkulationsschema wird vorgegeben.

Dieser Situation geschuldet planen wir, selbst bei Akademikern auf eine Gehaltsabrechnung auf Stundenbasis bei Neuverträgen umzustellen.

1. Ist das grundsätzlich zulässig?

Nach unserem Wissenstand beträgt die gesetzlich zu zahlende jährliche Arbeitsstundenzahl (bei einer 40 Stundenwoche) 2078 Stunden. Abzüglich Feiertage und Urlaub (bei uns immer 30) kommen wir auf ca. 1740 mit dem Kunden abrechenbaren Stunden.

2. Wäre es zulässig hinsichtlich der Vergütung einen Ansatz in der Art zu wählen, dass wir die 2078 Stunden gemäß vergleichbarer Tarifsätze zahlen und dies auch vertraglich immer zusichern, aber künftig unsere deutlich bessere Zahlung anhand der dem Kunden tatsächlich zu berechnenden Stunden bemessen und somit beispielsweise für die 1740 Stunden einen Zuschlag von x€ pro Stunde gemäß Nachweis unserem Mitarbeiter zahlen. Wenn dies zulässig wäre, wie verhält es sich bei Krankheit? Ist dann nur der „Grundstundenlohn" zu zahlen?

Vielen Dank schon einmal für die Beantwortung dieser Fragestellung!

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank für die Anfrage. Vorweg möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Forum dafür gedacht ist, einen ersten Eindruck zu der Rechtslage zu vermitteln. Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Teilen des Sachverhalts kann es durchaus zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommen.

Unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhalts und Ihres Einsatzes möchte ich Ihre Fragen nunmehr wie folgt beantworten:

"1. Ist das grundsätzlich zulässig?"

Im Rahmen der Vertragsfreiheit können Sie grundsätzlich auch mit Akademikern auch bei einer Festanstellung ein Entgelt vereinbaren, das auf Stundenbasis abgerechnet wird.

Es gibt aber keine gesetzlich zu zahlende jährliche Stundenzahl. Wenn ein Stundenlohn vereinbart wird, dann werden auch nur die tatsächlich geleisteten Stunden gezahlt.

Etwas anderes würde nur gelten, wenn Sie eine 40-Stunden-Woche und einen bestimmten Stundenlohn vereinbaren. Dann wären diese 40 Stunden auch zu bezahlen. Plus- oder Minusstunden könnten dann auf einem Zeitkonto erfasst werden.


"2. Wäre es zulässig hinsichtlich der Vergütung einen Ansatz in der Art zu wählen, dass wir die 2078 Stunden gemäß vergleichbarer Tarifsätze zahlen und dies auch vertraglich immer zusichern, aber künftig unsere deutlich bessere Zahlung anhand der dem Kunden tatsächlich zu berechnenden Stunden bemessen und somit beispielsweise für die 1740 Stunden einen Zuschlag von x€ pro Stunde gemäß Nachweis unserem Mitarbeiter zahlen."

Auch dies kann im Rahmen der Vertragsfreiheit vereinbart werden. Es ist ja möglich, eine Art festes Grundgehalt auf Basis einer 40-Stunden-Woche zu vereinbaren und darüber hinaus ein zusätzliches Entgelt für die tatsächlich bei diesem Kunden geleisteten Stunden.


"Wenn dies zulässig wäre, wie verhält es sich bei Krankheit? Ist dann nur der „Grundstundenlohn" zu zahlen?"

Nach § 47 Abs. 1 S. 1 SGB V beträgt das Krankengeld 70 vom Hundert des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt (Regelentgelt). Für die Berechnung des Regelentgelts ist nach § 47 Abs. 2 S. 1 SGB V das von dem Versicherten im letzten vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit abgerechneten Entgeltabrechnungszeitraum, mindestens das während der letzten abgerechneten vier Wochen (Bemessungszeitraum) erzielte und um einmalig gezahltes Arbeitsentgelt verminderte Arbeitsentgelt durch die Zahl der Stunden zu teilen, für die es gezahlt wurde. Es wäre demnach das gesamte Entgelt für die Berechnung des Krankengeldes heranzuziehen, da auch das zusätzliche Entgelt ein Vergütungsbestandteil wäre.

Jedoch wird das Regelentgelt nach § 47 Abs. 6 SGB V ohnehin nur bis zur Höhe des Betrages der kalendertäglichen Beitragsbemessungsgrenze berücksichtigt. Die kalendertägliche Beitragsbemessungsgrenze beträgt in der Kranken- und Pflegeversicherung im Jahr 2013 131,25 €. Ich gehe daher davon aus, dass es schon deshalb nicht mehr auf die zusätzliche Zahlung ankommen wird.


Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Bellmann, Rechtsanwältin

Rückfrage vom Fragesteller 17. Oktober 2013 | 09:49

Sehr geehrte Frau Rechtsanwältin Bellmann,

vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.

Zur Verdeutlichung und um eine eventuelle Unklarheit zu bereinigen möchte ich nun versuchen, eine mögliche Textpassage im Arbeitsvertrag zu formulieren:


„… der Arbeitnehmer erhält eine Grundvergütung in Höhe von 20,00 € pro Stunde und somit 12 gleiche hohe Monatsgehälter im Jahr von jeweils 3.463,33 €. Dies ist garantiert.
Für seinen Einsatz bei unseren Kunden erhält er für jede tatsächlich dem Kunden abrechenbare Stunde 2,00 € als Zusatzprämie. Die Zusatzprämie wird im Folgemonat abgerechnet. Es wird kein Zeitkonto geführt. Überstundenzuschläge werden nicht gezahlt…."

Nach Ihren Ausführungen dürfte dies somit im Rahmen der Vertragsfreiheit umsetzbar sein.

Mir ging es bei dem Thema „Krankheit" genau genommen nur um die sogenannte Lohnfortzahlung im Krankheitsfall über bis zu 6 Wochen. Bleiben wir mal bei unserem Beispiel und 6 Wochen Krankheit:

Welche Berechnung ist richtig?
a.) 6 Wochen á 5 Tage á 8 Stunden * 20,00 € = 4.800,- €
b.) 6 Wochen á 5 Tage á 8 Stunden * 22,00 € = 5.280,- €


Vielen Dank jetzt schon für die Verdeutlichung und viele Grüße

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 17. Oktober 2013 | 11:39

Sehr geehrter Fragesteller,

vielen Dank, dass Sie von der Möglichkeit der Nachfrage Gebrauch machen.

Ja, die Formulierung wäre in der Art von der Vertragsfreiheit umfasst und könnte so vereinbart werden.

Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall umfasst nach § 4 Abs. 1 EFZG das dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit zustehende Arbeitsentgelt. Der Arbeitnehmer erhält also grundsätzlich diejenige Vergütung, die er bezogen hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig erkrankt wäre (sog. Lohnausfallprinzip). Wenn der Arbeitnehmer also für die Zeit, in der er arbeitsunfähig erkrankt ist und Lohnfortzahlung erhält, bei dem Kunden gearbeitet und demnach 22,- €/Stunde verdient hätte, dann sind diese 22,- € auch maßgebend. Die Berechnung b) wäre dann richtig.

Ich hoffe, dass ich die Nachfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten konnte und verbleibe

mit freundlichen Grüßen
Yvonne Bellmann
Rechtsanwältin

Bewertung des Fragestellers 17. Oktober 2013 | 12:47

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