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Änderung von Urlaubsentgelt bei Zeitarbeit

5. Februar 2013 10:52 |
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Arbeitsrecht


Beantwortet von


12:35

(Az: 9 AZR 382/07 )

Sehr geehrte Damen und Herren,

vorweg erstmal ein Auszug aus meinem Arbeitsvertrag.

Arbeitsvertrag

§ 10 Schlussbestimmungen
Mündliche Nebenabreden bestehen nicht. Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrages bedürfen der Schriftform. Dies gilt auch für die Aufhebung dieser Schriftformklausel

Sollte eine der vorstehenden Bestimmungen ganz oder teilweise unwirksam oder undurchführbar sein oder werden, so wird die Wirksamkeit dieses Vertrages im übrigen hiervon nicht berührt. Die Vertragsparteien verpflichten sich, die unwirksame oder undurchführbare Bestimmung durch eine wirksame oder durchführbare Bestimmung zu ersetzen, die dem der unwirksamen oder undurchführbaren Bestimmung wirtschaftlich möglichst nah kommt. Entsprechendes gilt für eine Lücke im Vertrag.
---
Meine Arbeitszeit ergibt sich aus dem BZA-DGB Tarifvertrag von 2010.
---
Ich bin seit über 5 Jahren immer im selben Einsatzbetrieb, in derselben Abteilung im Einsatz.

Schichtarbeit brauche ich dort nicht zu machen, meine Arbeitszeit ist von 6.00-14.00 Uhr, inkl. 30 Min. Pause

Bei der Arbeitsvertragsunterzeichnung wurde mir gesagt, dass die tägliche Arbeitszeit 7,5 Stunden beträgt, wofür ich aber naturgemäß keinen Zeugen habe.
Ich arbeite bei einer grossen Zeitarbeitsfirma, und im Einsatzbetrieb sind mehrere hundert Leiharbeiter beschäftigt, die alle 7,5 Std. arbeiten.

Da der Arbeitsanfall in meinem Bereich teilweise großen Schwankungen unterworfen ist, kommt es hin und wieder vor, wenn die Arbeit vorzeitig erledigt ist, dass ich meinen Vorgesetzten im Einsatzbetrieb frage ob ich Feierabend machen kann, was er noch nie abgelehnt hat. Das geschieht im Schnitt ca. 2-3 mal im Monat. Das ging teilweise soweit, das ich auch schon mal nach z.B. 5 Stunden Feierabend machte.

Reaktionen wie Anmahnung, bzw. Abmahnung hat es Seitens meiner Zeitarbeitsfirma nie gegeben, und ich wurde von ihr auch nie darauf angesprochen, was meiner Meinung nach daran liegt, das mein Vorgesetzter mit meiner Arbeitsleistung mehr als zufrieden ist.

Überstunden mache ich grundsätzlich nicht freiwillig, egal wieviel Arbeit noch zu erledigen wäre. Habe meinem Vorgesetzten im Einsatzbetrieb mal zu verstehen gegeben, dass ich Überstunden nur auf seine Anordnung hin mache, weil ich nicht einsehe, für meinen mageren Stundenlohn über 14.00 Uhr hinaus zu arbeiten. Seither hat er mich nie gebeten, über 14.00 Uhr hinaus zu arbeiten. Im Gegenteil, wenn ich mal übersehe, das es z.B. schon 14.02 Uhr ist, und er das bemerkt, weist er mich darauf hin und schickt mich nach Hause. (Hat eben ein Herz für Zeitarbeiter).

Nun mein Problem,
seit dem 1. Juli 2012 trat der Zusatztarifvertrag bezgl. Branchenzuschlag in Kraft.
Seit diesem Tag vergütet mir meine Zeitarbeitsfirma Urlaubs- und Krankheitstage nur noch auf Basis meiner individuellen vertraglichen Arbeitszeit.

Dagegen habe ich Klage eingereicht, der Gütetermin ist gescheitert.

In einem offiziellem Mitarbeiterbrief der Geschäftsleitung, der nie an die Mitarbeiter verteilt wurde, und den ich erst auf intensive
Nachfrage erhielt, steht folgende

Begründung:
Aufgrund uns vorliegender Gutachten und Kommentierungen, unter anderem seitens des Bundesarbeitgeberverbandes der Personaldienstleister BAP sehen wir uns in der Situation, die bisherige Auslegung der Tarifvertragsregelung des Zeitfaktors bei Urlaub und Krankheit anzupassen. Wir folgen bei dieser Auslegung auch dem BUrlG.

In der Betriebsratszeitung steht folgende

Begründung der Geschäftsführung:
Zunächst einmal muss man zwischen dem Geldfaktor (= wieviel erhält der Mitarbeiter in der Stunde) und dem Zeitfaktor (= wieviel Stdunden werden vergütet) unterscheiden.
Der Geldfaktor richtet sich nach wie vor nach dem Lohnausfallprinzip, hinsichtlich des Zeitfaktors ist die vertragliche Arbeitszeit des Mitarbeiters maßgeblich. Eine Rücksprache bei unserem Arbeitgeberverband BAP, die diese Vorgehensweise seit Jahren für alle Anwender des BZA-Tarifvertrages so berät, ergab, dass "........" das in der Vergangenheit (zugunsten der MA) falsch gemacht hat.
Wir haben deshalb unsere Praxis analog zu den anderen Tarifanwendern entsprechend angepasst.

Ich verfasse gerade die erweiterte Klageschrift, da ich schon wieder Urlaub zwischendurch genommen hatte, welcher wiederum nur mit 7 Stunden vergütet wurde.
Folgende Frage:
1.
Ist es ratsam, meine Forderungen nach dem 13 Wochen Schnitt zu stellen, oder sollte ich lieber gleich eine Betriebliche Übung ins Spiel bringen?
(Bis Juni 2012 hat mir mein Arbeitgeber 5 Jahre lang Urlaub und Krankheit mit 7,5 Stunden vergütet, obwohl der 13 Wochen Schnitt immer darunter lag)
Es wird ja vielleicht schwer genug werden, den Richter davon zu überzeugen, dass mit mir mündlich (Wie mit den anderen Zeitarbeitern hier auch) eine Arbeitszeit von 7,5 Stunden täglich vereinbart wurde. Ich denke, wenn ich den nicht überzeuge, ist das Kind doch sowieso in den Brunnen gefallen, also warum nicht gleich Betr. Übung, sehe ich das falsch?

(In der Güteverhandlung ließ sich mein Arbeitgeber nur von 2 Disponentinnen vertreten, von meinen unterschiedlichen Arbeitszeiten haben die nicht gesprochen, haben nur gesagt, die halbe Stunde Differenz zwischen Vertragsarbeitszeit von 7 Stunden, und der tatsächlichen Arbeitszeit von 7,5
Stunden wären Überstunden)


Danke.

mit freundlichen Grüssen!

P.S. Eine Klage unseres Betriebsrates in dieser Sache ist vor dem Arbeitsgericht am laufen. Die Güteverhandlung ist gescheitert.




5. Februar 2013 | 11:23

Antwort

von


(654)
Heinz-Fangman-Str. 2
42287 Wuppertal
Tel: 0202 76988091
Web: https://www.kanzlei-scheibeler.de
E-Mail:

Sehr geehrter Fragesteller,

Ihre Anfrage lässt sich ohne weitere Informationen Ihrerseits nicht beantworten. Zunächst bitte ich um Mitteilung, welcher Branchentarifvertrag auf den Betrieb Anwendung findet, an den Sie überlassen sind, da es hier verschiedene Tarifverträge für verschiedenen Branchen gibt.

Zudem bitte ich um Mitteilung, ob Sie diesbezüglich eine Änderungsvereinbarung zu Ihrem Arbeitsvertrag unterschrieben haben. Wenn nein, bitte ich um Mitteilung der Passage aus Ihrem Arbeitsvertrag, die auf den BZA-Tarifvertrag verweist. Ich unterstelle hierbei, dass Sie kein Gewerkschaftsmitglied sind, da Sie ansonsten wohl Rechtsschutz von der Gewerkschaft erhielten. Anderenfalls bitte ich um Mitteilung.

Nach Erhalt der Informationen im Wege der Nachfragefunktion werde ich dann weiter Stellung nehmen.

Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Elke Scheibeler, Rechtsanwältin


Rechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Rückfrage vom Fragesteller 5. Februar 2013 | 11:37

Im Einsatzbetrieb gilt der Tarifvertrag Metall und Elektro, NRW.
Eine Vertragsänderung diesbezüglich habe ich nicht unterschrieben.

Für das Arbeitsverhältnis gelten in ihrer jeweils gültigen Fassung die zwischen dem Bundesverband Zeitarbeit Personaldienstleistungen e.V. (BZA) und der DGB -Tarifgemeinschaft Zeitarbeit geschlossenen Branchentarifverträge (Manteltarifvertrag, Entgelt- und Entgeltrahmentarifvertrag)

Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt 5. Februar 2013 | 12:35

Sehr geehrter Fragesteller,

besten Dank für die weiteren Informationen.

Zunächst teile ich mit, dass der Tarifvertrag über die Branchenzuschläge für die Metall- und Elektroindustrie erst zum 01.11.2013 in Kraft getreten ist. Sie haben aufgrund der langen Überlassungsdauer von mehr als neun Monaten daher einen Anspruch auf einen Zuschlag von 50 %, begrenzt auf das Entgelt eines vergleichbaren Arbeitnehmers im Entleiherbetrieb. In dem Tarifvertrag gibt es auch keine neue Regelung zur Berechnung des Urlaubs.

Ich gehe davon aus, dass der Zusatztarifvertrag auf Ihr Arbeitsverhältnis Anwendung findet wegen der von Ihnen mitgeteilten dynamischen Bezugnahmenklausel im Arbeitsvertrag, die auf den jeweils gültigen Tarifvertrag verweist, Anwendung findet. Auf die von Ihnen zitierte Schlussbestimmung, die wegen Verstoßes gegen das von Ihnen genannte Urteil des BAG AZ 9 AZR 382/07 unwirksam ist, da eine betriebliche Übung nicht berücksichtigt wird, kommt es nicht an.

Der Zusammenhang zwischen den Branchentarifvertrag und der Neuregelung der Urlaubs- und Krankheitstage ist daher rein faktischer Natur, da Ihre Arbeitgeberin so wohl versucht, die Zusatzkosten durch die Zuschläge wettzumachen. Sie ist offenbar der Ansicht, dass Sie ein Teilzeitbeschäftigter sind, da Sie im Schnitt weniger als 151,67 Stunden im Monat arbeiten, was einer 35-Stunden-Woche im Durchschnitt entspricht.

Ich nehme aber an, dass mit Ihnen keine Teilzeitvereinbarung getroffen, sondern schlicht auf den BZA-Tarifvertrag verwiesen wurde, so dass gemäß § 2 eine regelmäßige Monatsarbeitszeit von 151,67 Stunden gilt, die bei einer dauerhaften Überlassung an ein Kundenunternehmen nur bis zu einer 40 Stunden /Woche VERLÄNGERT werden kann.

Wenn Sie teilweise weniger Stunden arbeiten, aber nie Überstunden machen, müsste dies dazu führen müssen, dass die Minusstunden auf Ihrem Arbeitszeitkonto gemäß § 4 gesammelt werden müssten. Sie haben gleichwohl Anspruch auf ein sog. verstetigtes Gehalt von 151,67 Stunden monatlich, sind aber gehalten die Minusstunden binnen 12 Monaten auszugleichen, d. h. Sie hätten auf Anordnung Überstunden machen müssen. Hierzu wurden Sie jedoch nie angewiesen, was aber nicht Ihr Verschulden ist.

Sie können somit wie folgt argumentieren: Ihnen wurde in den letzten 13 Wochen zu Unrecht offenbar ein Gehalt ausgehend von Ihrer tatsächlichen Arbeitszeit ausbezahlt, während Sie in Wahrheit Anspruch auf ein verstetigtes Gehalt von 151,67 Stunden hatten. Diese sollten Sie dann wegen der Ausschlussfristen gleich mit einklagen. Aus diesem Gehalt ist dann ein Stundenlohn zu berechnen. Es sind dann so viele Stunden auszuzahlen, wie nach dem verstetigten Lohn ausgefallen sind (Dörner im Erfurter Kommentar, § 11 BUrlG Rn. 19). Dies sind somit 7,5 Stunden.

Nachteil dieser Argumentation ist, dass Sie ggf. Stunden nacharbeiten müssen. Dafür erhalten Sie aber dann ein regelmäßiges verstetigtes Monatsgehalt. Was bei Ihnen offenbar nie eingerichtet wurde ist ein Arbeitszeitkonto, was ein Verstoß gegen den Tarifvertrag ist.

Ihr Problem dreht sich somit nicht darum, ob es eine betriebliche Übung in Bezug auf die Auszahlung der Überstunden gibt, sondern es geht um das nicht eingerichtete Arbeitszeitkonto.

Eine abschließende Prüfung und Stellungnahme ist natürlich nur nach Durchsicht aller Unterlagen möglich. Dies ist eine Ersteinschätzung im Sinne einer Erstberatung und keine abschließende Begutachtung.

Da Sie aufgrund der zusätzlich angeforderten Informationen keine Möglichkeit der Nachfrage mehr haben, bitte ich Sie, diese per E-Mail an mich zu richten. Ich würde diese und meine Antwort als sog. Ergänzung noch in das Forum setzen.

ANTWORT VON

(654)

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