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Änderung eines Gesellschaftsvertrages - Gesellschafterrechte nur einstimmig?

| 9. August 2009 19:40 |
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Gesellschaftsrecht


Beantwortet von


in unter 2 Stunden

Eine GmbH hat ursprünglich nur 1 Gesellschafter gehabt. Durch Mißwirtschaft und der dadurch drohenden Insolvenz mußten 75 % der Gesellschaftsanteile an einen neuen Gesellschafter verkauft werden. Der Ursprüngliche Gesellschafter ist damit nur noch Minderheitsgesellschafter mit 25 % Gesellschaftsanteilen.
Da es im alten Gesellschaftsvertrag diesbezügliche Regelung gab, wollte der neue (Mehrheits)-Gesellschafter 2 Änderungen durchführen:

1. Veräußerung von Geschäftsanteilen nur durch Mehrheitsentscheidung gem. GmbHG von mindestens 75 %
2. Vorkaufsrecht in einem Solchen Fall für den anderen Gesellschafter.

Die Änderungen sollten notariell beurkundet werden.

Der Anwalt des Minderheitsgesellschafters hat mit dem Hinweis, dass Gesellschafterrechte nur einstimmig geändert werden können sofort widersprochen und auf das Urteil der OLG München v. 23.1.07 (AZ 0 3292/07) verwiesen.

Bei Antworten bitte unbedingt relevante Urteile aufführen.

9. August 2009 | 20:59

Antwort

von


(88)
Kurt-Schumacher-Str. 18-20
53113 Bonn
Tel: 02 28/9 57 50 50
Web: https://www.frag-einen-anwalt.de/anwalt/Rechtsanwalt-Hans-Jochen-Boehncke-__l104537.html
E-Mail:

Sehr geehrter Ratsuchender,

das von der Gegenseite benanntes Urteil ist am 23.01.2008 ergangen unter dem Aktenzeichen OLG München 7 U 3292/07 .

Ihre Frage ist natürlich darauf gerichtet, ob andere Gerichte sich (zwischenzeitlich) gegen diese Rechtsmeinung des OLG München durchgesetzt haben. Hierzu gilt:

Nein, es sind keine abweichende Entscheidungen ersichtlich. Gerne ergänze ich dennoch die Antwort ohne Nachfrage mit Hinweisen des Aufsatzes von Frenzel, GmbHR, um den damaligen Streitstand nachzuzeichnen- der Aufsatz liegt aktuell nicht bei mir vor.

Die Abwägung des Sachverhaltes durch das OLG München erfolgte so:

I.
Der Leitsatz der Entscheidung lautet lauf Juris (www.juris.de):

Sieht die Satzung einer GmbH vor, dass über Geschäftsanteile nur mit Zustimmung der Gesellschaft durch Veräußerung oder Belastung verfügt werden kann mit der Ausnahme der zustimmungsfreien Übertragung eines Geschäftsanteils auf einen Mitgesellschafter, so ist für die Beschlussfassung über die nachträgliche Streichung dieser Ausnahmebestimmung die Zustimmung sämtlicher betroffener Gesellschafter erforderlich.

II.
Maßgeblicher Ausgangspunkt Ihrer Rechtsfrage ist § 53 III GmbHG . Dieser lauten:

"§ 53 III GmbHG

(3) Eine Vermehrung der den Gesellschaftern nach dem Gesellschaftsvertrag obliegenden Leistungen kann nur mit Zustimmung sämtlicher beteiligter Gesellschafter beschlossen werden."

III.
Das OLG München begründet laut Juris seine Entscheidung wie folgt:

"Nach § 15 Abs. 1 GmbHG sind die Geschäftsanteile veräußerlich. Die freie Veräußerlichkeit des Geschäftsanteils ist als relativ unentziehbares Mitgliedschaftsrecht zu qualifizieren, das zum Kernbereich der Mitgliedschaft gehört. Unter Berücksichtigung der vorgenannten Umstände ist die beschlossene Streichung des § 11 Abs. 5 der Satzung als zusätzliche nachträgliche Veräußerungsbeschränkung anzusehen. Diese nachträgliche Vinkulierung, die in der Satzung der Beklagten weder vorgesehen noch angelegt ist, bedarf zumindest der Zustimmung des betroffenen Gesellschafters (vgl. Hachenburg-Ulmer-Winter-Löbbe GmbHG, 2005, § 15 Rn. 217¸ Scholz-Winter-Seibt, 10. Aufl., § 14 Rn. 36 GmbHG; Baumbach-Hueck-Fastricht, GmbHG, 18. Aufl., § 15 Rn. 40; so jetzt auch Lutter-Bayer GmbHG, 16. Aufl., § 15 Rn. 43; OLG Dresden GmbHR 2004, 1080 verlangt die Zustimmung aller Gesellschafter)."

IV.
Diese Entscheidung wurde u.a. besprochen laut Juris von: Ralf Frenzel, GmbHR 2008, 983-987 (Aufsatz).

V.
Gegenstand der gerichtlichen Entscheidung war laut Juris folgende Klausel:

"§ 11 der Satzung Verfügung über Geschäftsanteile, Vorkaufsrecht


(1) Über Geschäftsanteile kann nur mit Zustimmung der Gesellschaft durch Veräußerung oder Belastung verfügt werden.


(2) Die Geschäftsführung darf die Zustimmung nur erteilen, wenn ein zustimmender Gesellschafterbeschluss vorliegt, wobei der verfügende Gesellschafter mitstimmen darf.


(3) Die zwingenden Vorschriften des § 17 GmbHG (Teilung von Geschäftsanteilen) bleiben stets unberührt.


(4) Bei Verkauf eines Geschäftsanteils haben die übrigen Gesellschafter im Verhältnis ihrer Geschäftsanteile ein Vorkaufsrecht nach den gesetzlichen Bestimmungen gemäß § 504 ff. BGB , wobei die Frist zur Ausübung des Vorkaufsrechts 3 Monate seit Mitteilung beträgt.


(5) Der Zustimmung der Gesellschaft bedarf es dann nicht, wenn ein Gesellschafter seinen Geschäftsanteil an einen Mitgesellschafter oder an gemeinsame direkte leibliche Abkömmlinge von Herrn J. B. und Frau Mo. B. überträgt. In diesem Falle haben die übrigen Gesellschafter auch kein Vorkaufsrecht gemäß Abs. 4."

VI.
Sehr geehrter Ratsuchender, bitte vergleichen Sie zunächst die von Ihnen erwähnte gesellschaftsvertragliche Regelung mit diesem Zitat.
Sollen erhebliche Abweichungen vorliegen oder Sie diese vermuten, stellen Sie mir im Wege der Nachfrage die konkete Satzungsbestimmung Ihres Unternehmens zur Verfügung.

VII.
Das Landgericht München ging (wohl mehr) in Ihre Richtung und ließ den entsprechenden Beschluss mit folgender Begründung zu (Quelle Juris):

"Der mit 97,5 % aller Stimmen der Beklagten gefasste Beschluss habe die nach § 53 Abs. 2 Satz 1 GmbHG erforderliche Mehrheit von 3/4 der abgegebenen Stimmen erhalten. Eine nach § 53 Abs. 2 Satz 2 GmbHG mögliche abweichende Regelung sei in die Satzung nicht aufgenommen worden. Gesellschafterrechte, die zum Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte zählen, seien zwar unentziehbar. Die zum Zwecke der Streichung der in § 11 Abs. 5 der Satzung enthaltenen Regelung, die mit einer Mehrheit von 97, 5 % der Stimmen vorgenommen worden sei, betreffe jedoch nicht den Kernbereich der Mitgliedschaftsrechte. Zwar bedürfe die nachträgliche Einführung einer Vinkulierung grundsätzlich der Zustimmung aller Gesellschafter im Hinblick auf dem Interessenwiderstreit zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschaftern und den hier vorrangigen Schutz der Minderheit. Da die Satzungsänderung aber nur die Aufhebung der Möglichkeit einer zustimmungsfreien Übertragung auf einen bestimmten Personenkreis zum Gegenstand habe und die Streichung der Regelung in § 11 Abs. 5 der Satzung dem Kläger lediglich die Berechtigung nehme, seinen Geschäftsanteil in Höhe von 2,5 % der Stammanteile an seinen Vater oder seine Schwester ohne Zustimmung der übrigen Gesellschafter zu veräußern, führe eine entsprechenden Veräußerung auch ohne diese Regelung zu keinen ernsthaften Schwierigkeiten des Klägers. Jedenfalls der Mehrheitsgesellschafter J. B. würde einer Übertragung zustimmen, so dass das in § 11 Abs. 1 der Satzung geregelte Zustimmungserfordernis der Gesellschaft ohne weiteres erfüllt werden könne. Dem Kläger werde lediglich eine kleine formale Hürde auferlegt, die ihn faktisch an der Übertragung aber nicht wirklich hindern könne. Daher könne jedenfalls in diesem konkreten Fall nicht mehr von der Beschneidung eines elementaren Rechts des Klägers auf freie Übertragbarkeit seines Gesellschaftsanteils gesprochen werden, die zu seinem Schutz eine einstimmige Beschlussfassung rechtfertigen würde."

VIII.
Der gennante Artikel von Herrn Frenzel stellt den damalig in 2008 vorhandene streitgen Meinungsstand dar.

IX.
Das OLG München stützt sich u.a. auf das Urteil der OLG Dresden vom 10. Mai 2004 (2 U 0286/04 , 2 U 286/04 ).

Ähnlich das Kammrgericht 30.06.2006 (14 U 164/04 ).

X.
Meine eigene Einschätzung lautet ebenfalls so, dass trotz Ihrer 3/4el- Mehrheit das Zustimmungserfordernis des § 53 III GmbHG nicht nachträglich einseitig änderbar ist.











Rechtsanwalt Hans-Jochen Boehncke
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Bewertung des Fragestellers 11. August 2009 | 00:42

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