Sehr geehrter Fragesteller,
ich möchte bitte noch folgende Angabe von Ihnen haben. Wenn ich Sie richtig verstehe, soll der GF Gesellschafter vom Amt des GF abberufen werden?
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
U. Avanas
Ja, es geht um die sofortige Abberufung des GF. Das über eine Gesellschafterversammlung eine Abberufung möglich ist, steht außer Frage. Gleichfalls ist bekannt, dass per Einstweiliger Verfügung sicherzustellen ist, dass der GF Stimmverbot in der Versammlung erhält. Jedoch ist eine Einberufung einer Gesellschafterversammlung mit weniger als 10% Stammkapital nicht möglich. Deshalb die Frage, ob es noch eine weitere Möglichkeit gibt! Beachten Sie bitte die Pattsituation sowohl der beiden Gesellschafter (A und C mit jeweils 26%) und die Erbengemeinschaft (A, C, D und E als Erbengemeinschaft 48%). Auch in der Erbengemeinschaft besteht eine Pattsituation! Nochmals: Eine ordentliche Gesellschafterversammlung für 2011 wurde nicht durchgeführt, weder wurde der Jahresabschluß getroffen noch wurde der GF entlastet.
Vielen Dank
Hierzu möchte ich folgendes auf Ihre Nachfrage ergänzen. Grundsätzlich gilt nach § 47 Abs. 1 GmbHG
dass Beschlüsse nur nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen erfolgen können.
Gem. § 50 Abs. 1 GmbHG
kann eine Minderheit von 10 % die Berufung einer Versammlung verlangen. Insoweit ist Ihre Aussage zutreffend.
Es gibt dennoch Möglichkeiten, die Einberufung der Gesellschafterversammlung zu verlangen, auch wenn eine Beteiliung unter 10 % gegeben ist. Sie könnten mit der sog. "actio pro socio" für die Gesellschaft im eigenen Namen auf Einberufung der Gesellschafterversammlung klagen. Denn die Einberufung der Gesellschafterversammlung gehört zu den gesellschaftsrechtlichen Treuepflichten.
Insoweit besteht eine Mitwirkungspflicht der übrigen Gesellschafter auf Einberufung der Versammlung. Es handelt sich um eine einklagbare Nebenpflicht. Die "actio pro socio" ist gesetzlich nicht geregelt, jedoch von der Rechtsprechung entwickelt und anerkannt.
Über dieses Instrument wären Sie in der Lage, eine Versammlung zu berufen, in der der Beschluss gefasst wird, den A abzubestellen.
Eine weitere Alternative kann sich aus dem Instrument der Notgeschäftsführung in entsprechender Anwendung des § 29 BGB
ergeben.
Voraussetzung für eine Bestellung ist, dass ein für die organschaftliche Vertretung der GmbH unentbehrlicher Geschäftsführer fehlt oder aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen an der Geschäftsführung gehindert ist. Diese Erfordernisse sind eng auszulegen, so daß treuwidrige und unzweckmäßige Ausübung der Geschäftsführertätigkeit grundsätzlich nicht ausreichen. Ferner muss ein dringender Fall gegeben sein, der nur anzunehmen ist, wenn die Gesellschaftsorgane selbst nicht in der Lage sind, innerhalb einer angemessenen Frist den Mangel zu beseitigen. Hierfür kann allerdings genügen, dass sich die Gesellschafter nicht einigen können. Ein dringender Fall ist auch anzunehmen, wenn der Gesellschaft oder einem Beteiligten ohne Notgeschäftsführerbestellung Schaden drohen würde oder eine alsbald erforderliche Handlung nicht vorgenommen werden könnte (BayOLG BB 1997,2546
; DB 1998,2360; OLG Frankfurt aM GmbhR 2001,436).BayObLG Rpfleger 1996, 114
).
Ich hoffe Ihre Fragen soweit beantwortet haben zu können. Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
U. Avanas
Sehr geehrter Fragesteller,
ich habe vergessen zu erwähnen, dass der A abberufen werden soll?
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt
U. Avanas
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich möchte mich für die verspätete Antwort entschuldigen.
Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich die Funktion hat, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage zu geben. Eine persönliche Beratung/Vertretung kann und soll hierdurch nicht ersetzt werden. Hinzufügen oder Weglassen wesentlicher Tatsachen kann zu einer anderen Beurteilung des Falles führen. Unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsangaben und des von Ihnen gebotenen Einsatzes beantworte ich Ihre Frage wie folgt:
Geschäftsführer können bei fehlen anderweitiger Regelung in der Satzung jederzeit ohne vorliegen besonderer Gründe gem. §§ 38 Abs. 1
, 46 Nr. 8 GmbHG
abberufen werden.
Zunächst möchte ich voranstellen, dass die Verletzung von Treuepflichten grundsätzlich eine Abbestellung des GesGF zur Folge haben kann. Das wirtschaften eines Gesellschafters in die eigene Tasche ist jedenfalls eine grobe Verletzung der Pflichten eines Geschäftsführers i.S.d. § 38 Abs. 2 GmbHG
(OLG Zweibrücken NZG 1998,385
).
Liegt ein wichtiger Grund wie hier vor, der die Fortsetzung der bisherigen Geschäftsführerstellung unzumutbar macht, kann in der Regel stets Abberufung erfolgen. Denn A hat nicht nur in die eigene Tasche gewirtschaftet, sondern gleichwohl auch einer Dame Prokura entgegen § 46 Nr. 7 GmbHG
erteilt.
Ist die Geschäftsführerstellung aber als unentziehbares Mitgliedschaftsrecht gewährt, können Treuepflicht gebieten, dass Gesellschafter stattdessen mit Einschränkung der Geschäftsführerstellung (z.B. Gesamtsgeschäftsführung) einverstanden ist, sofern Ihre Fortsetzung auf dieser veränderten Basis zumutbar ist. Der abzuberufende Gesellschaftergeschäftsführer hat dies seinerseits anzubieten, der Gesellschaft auf entsprechende Änderung keinen Anspruch hat.
Bei Gesellschaftergeschäftsführern kann sich Einschränkung der freien Abberufbarkeit, auch wenn keine dahingehende Regelung in der Sitzung getroffen und erst recht kein Mitgliedschaftsrecht auf Geschäftsführerstellung zuerkannt ist, aus dem Treubindungen der Gesellschafter untereinander ergeben. Liegt hier eine namhafte Beteiligung des Gesellschafters A in Höhe von 55 % vor, haben Mitgesellschafter darauf bei Abberufungsentscheidungen Rücksicht zu nehmen. Bei der Entscheidung der Abberufung sind die Gesamtumstände heranzuziehen, auch Verdienste für die Gesellschaft, der Erfolg der bisherigen Geschäftsführung usw.
Allerdings kann im Gesellschaftsvertrag die Zulässigkeit des Widerrufs auf den Fall beschränkt werden, dass wichtige Gründe denselben notwendig machen, § 38 Abs. 2 GmbHG
. Insoweit ist zunächst maßgebend, ob in Ihrer Satzung eine entsprechende Regelung vorhanden ist oder nicht. Sollte eine entsprechende Regelung vorhanden sein, müssten Sie die Vorrausetzungen der Regelung prüfen.
Allerdings kann sich bei Gesellschafter-Geschäftsführern aus den Treuebindungen der Gesellschafter untereinander eine Einschränkung der freien Abberufbarkeit ergeben, auch wenn die Satzung keine dahingehende Regelung trifft. Zwar dürfen die Anforderungen insoweit nicht auf das Vorliegen eines wichtigen Grundes gesteigert werden. Es muss jedoch ein sachlicher Grund vorliegen, der einen verständigen Entscheidungsträger zur Abberufung veranlassen würde. Bei der Entscheidung sind die Gesamtumstände heranzuziehen. Die Abberufung obliegt der Gesellschafterversammlung. Grundsätzlich kann der Abzuberufende als Gesellschafter bei dem Abberufungsbeschluss der Gesellschafterversammlung mitstimmen, also eventuell durch seine Stimme die Abberufung verhindern.
Dies gilt jedoch nicht für die Abberufung aus wichtigem Grund. Nach der Rechtsprechung ist der Abzuberufende hier vom Stimmrecht ausgeschlossen (BGHZ 34, 367
(371) = MDR 1961, 573
; BGHZ 97, 29 (33) = MDR 1986, 562
; OLG Stuttgart GmbHR 1995, 228; OLG Frankfurt/Main GmbHR 1993, 161
(162). Das ist in dem allgemeinen Prinzip begründet, dass niemand Maßnahmen durch seine Stimme verhindern darf, die sich aus wichtigem Grund gegen ihn richten.
Da die Bestellung des Geschäftsführers zweiaktig ist, nämlich Bestellung durch die Gesellschafterversammlung und den Abschluss des Anstellungsvertrages, ist es auch erforderlich, dass der Anstellungsvertrag außerordentlich fristlos, hilfsweise ordentlich und fristgemäß gekündigt wird.
Bezogen auf Ihre Fragestellung und vorbehaltlich der Regelungen in der Satzung, die mir nicht bekannt sind, kann ich Ihnen nach meiner vorläufigen Einschätzung mitteilen, dass der Gesellschaftergeschäftsführer in der von Ihnen geschilderten Situation abberufen werden kann.
Ich hoffe, meine Ausführungen konnten Ihren gestellten Fragen einer ersten rechtlichen Einschätzung und Beantwortung zuführen.
Bei Verständnisproblemen nutzen Sie bitte die Nachfragefunktion. Sollten 'Sie weitere anwaltliche Unterstützung benötigen, können Sie mich auch gerne direkt unter 040 876 021 60 anrufen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulas Avanas
Rechtsanwalt