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ALG 2 nicht angegebenes Vermögen und automatisierter Datenabgleich

| 27. April 2011 23:33 |
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Sozialrecht


Beantwortet von

Notar und Rechtsanwalt Oliver Wöhler

Sehr geehrte Damen und Herren Anwälte,

Ich benötige Ihre Hilfe bezüglich der Reaktion gegenüber dem Jobcenter auf eine Anhörung nach §24 SGB X im Zuge des automatisierten Datenabgleichs.
Das Problem betrifft den Umfang meines Vermögens und die (zu vermeidenden) Konsequenzen die durch Nichtangabe bei Antragstellung auf ALG2 entstehen können.

Ich bin seit April 2009 im Leistungsbezug von ALG2, jedoch nur mit ca. 40% der Regelleistung, seither eine Teilzeitstellung ausübe.
Laut Anhörung wurden Kapitalerträge in Höhe von 86 € im Jahr 2009 festgestellt, die ich nicht angegeben habe.

Ok. Dies nachzuzahlen wäre ein kleines Übel. Aber leider ist es im Gesamtzusammenhang etwas komplexer.
Ich habe leichtsinniger Weise auch das Sparkonto selbst, auf dem sich heute eine Summe von knapp unter dem Freibetrag (150€/jahr+750) befindet, nicht bei Antragsstellung angegeben, weil
a) Dies ein uraltes Konto ist, dass nachweißlich schon Jahre nicht mehr bedient wurde, sondern als Reserve für besondere Anlässe dienen sollte, daher auch irgendwie aus meinem haushälterischen Bewusstsein ausgeblendet war,
b) Ich glaubte nur kurz im Bezug zu sein und es dann wohl das Amt nicht so intensiv prüfen würde.
Nun bin ich sehr beunruhigt, da ich, wie ich merke, u.U. nun die gesamte Summe als „Einkommen" angerechnet bekommen könnte und damit einer schmerzlichen Rückzahlung gegenüber stehen würde. Darüber hinaus scheint das Damoklesschwert der Sanktionierung oder gar der Strafanzeige über mir zu schweben?

Zwar kann ich evtl. hoffen, dass das Jobcenter nur den Zinszufluss nachfordert. Aber vor 2 Jahren war ich noch jünger und das Guthaben überstieg den Freibetrag um ca 100 €. Somit sind die Voraussetzungen für Sozialbetrug endgültig erfüllt?

Hinzu kommt, dass auf meinen anderen beiden Konten, von denen das Jobcenter weiß, bei Antragstellung zusammen ein Betrag 900€ bestand, der auch von mir belegt wurde. Wenn das summiert würde, käme ich noch weiter über die Grenze.

Weiterhin bestürzt mich, dass man - nach neuesten Erkenntnissen meinerseits - im ALG2-Bezug wohl nicht ansparen darf?
In den letzten 2 Jahren habe ich wenig Ausgaben gehabt und durch meinen recht erheblichen Zuverdienst eine Summe von ca. 3500€ angespart.
Ich kann zwar zweifelsfrei belegen, dass diese Gelder erst nach dem Beginn des Leistungsbezuges erwirtschaftet wurden, habe jedoch Angst, dass diese Summe nun ebenfalls angerechnet würde, da insgesamt ja der Freibetrag weit überschritten ist?? Das fände ich erheblich ungerecht, denn dann hätte ich auch klischeegerecht das Geld in Alkohol anlegen können, bzw. ist es völlig sinnlos zum ALG2 etwas dazu zu verdienen.

Stimmen meine Vermutungen mit der Auslegung bzw. Arbeitsweise des Jobcenters überein? Oder wie ist zu erwarten, dass mein Fall bewertet wird?
Und wie sollte ich zu der Anhörung (bei der eigentlich nur die lückenlose Vorlage der Kontoauszüge verlangt wird) am günstigsten Stellung nehmen, dass ich die unangenehmen Folgen weitestgehend abwenden kann?

Ich hoffe alles transparent dargelegt zu haben und bedanke mich für ihre Hilfe.
MfG

Sehr geehrter Fragesteller,

gerne beantworte ich Ihre Frage.

Die Kapitalerträge wären in der Tat als Einkommen zu bewerten, was letztlich nur in dem Monat, in dem diese gutgeschrieben wurden, zu einer Überzahlung geführt hätte. Geprüft wird der Zeitpunkt der Antragsstellung. Wenn man feststellt, dass zu diesem Zeitpunkt oder irgendwann später, die Vermögensfreigrenze des § 12 SGB II überschritten ist, dann entfällt die Hilfebedürftigkeit und damit der Leistungsanspruch. Man würde Sie dann so behandeln, als dass Sie zunächst das Vermögen verwerten. Je nachdem wie hoch die Überschreitung ist, würde man dann den Anspruch für einen gewissen Zeitraum entfallen lassen.

Man wird auch Ihr jetziges Vermögen prüfen und als Folge wäre es wahrscheinlich, dass Sie aus dem Leistungsbezug herausfallen, weil man Sie darauf verweisen wird, erst das Vermögen zu verwerten. Sie könnten erst wieder einen Antrag stellen, wenn das Vermögen verwertet ist. Man wird die 3500 € mit dem weiteren Vermögen addieren. Sie sollten lückenlos den Verlauf des Guthabens darlegen und nachweisen, wann Sie die neuen Beträge angespart haben. Dies ist wichtig, weil sonst im Extremfall eine komplette Rückforderung seit 2009 erfolgen könnte. Das kan man aber erst beurteilen, wenn man alle Zahlen und Fakten kennen würde. Nach § 60 SGB I sind Sie im Leistungsbezug verpflichtet von sich aus alle wesentlichen Punkte zu nennen und umfassend Auskunft zu erteilen.

Die Beträge wären kein Einkommen, sondern Vermögen.

Wichtig ist in der Tat, dass Sie glaubhaft machen können, dass das Sparkonto wirklich vergessen wurde, wofür spricht, wenn es jahrelang nicht bedinet worden ist. Wenn der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ergangen ist, sollten Sie dringend einen Anwalt aufsuchen und diesen prüfen lassen. Wenn Sie darlegen können, dass Sie die Sparbeträge vergessen haben und die anderen Beträge aus dem laufenden Bezug angespart haben (was rechtlich nichts an der Einordnung als Vermögen ändert), dann gibt es eine realistische Chance um eine Strafanzeige wegen Leistungsbetruges nach § 263 StGB herumzukommen. Sie sollten hier dringend mit offenen Karten spielen, weil es das vorrangige Ziel sein sollte, ein Strafverfahren zu vermeiden.


Bewertung des Fragestellers 30. April 2011 | 23:27

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