Sehr geehrter Fragesteller,
es ist nachvollziehbar, dass Sie sich bereits im Vorhinein zum Abschluss Ihrer Ausbildung und des sich daran anschließenden Zulassungsverfahrens Gedanken über mögliche Probleme machen, ich kann Sie jedoch beruhigen:
Die von Ihnen benannten Normen sind in der Tat als Auffangtatbestände zu verstehen, die also die Möglichkeit eröffnet sollen, auch Fälle zu erfassen, die in der Auflistung von § 16 WPO
nicht enthalten sind.
Wichtig ist dies deshalb, weil der Beruf des Wirtschaftsprüfers zum Teil auch ein öffentliches Amt darstellt, mithin eine besondere Vorbildfunktion zu erfüllen ist. Ähnlich wie bei einem Beamten, erwartet man also beispielsweise auch ein im Privatleben unauffälliges Verhalten. Darunter fallen würden aber nur massive Verstöße, wie beispielsweise die offene Teilnahme an einer ausländerfeindlichen Demonstration und die wiederholte Verbreitung entsprechender Parolen in der Öffentlichkeit.
Beide von Ihnen benannten Ereignisse sind typische Jugendverfehlungen, bezüglich derer Sie sich keine Sorgen zu machen brauchen.
Was die Begebenheit mit der Bierflasche vor der Diskothek angeht, ist offensichtlich nicht einmal ein Ermittlungsverfahren gegen Sie eingeleitet worden. Die Angelegenheit findet sich also lediglich in einem Bericht der damals Dienst habenden Beamten und wurde danach allem Anschein nach ergebnislos archiviert.
Soweit Sie die Angelegenheit mit dem Roller schildern, kann ich nicht genau bestimmen, nach welcher Vorschrift das Verfahren gegen Sie eingestellt worden ist. Vermutlich wurde das Verfahren seinerzeit wegen Ihres Alters - auch wenn Sie bereits volljährig waren - nach § 45 JGG
eingestellt. Diese Norm entspricht der Einstellung bei Erwachsenen wegen Geringfügigkeit.
Solche Einstellungen werden nicht im Bundeszentralregister eingetragen. Dies gilt übrigens sogar für bestimmte verfahrensbeendende Umstände, die bis vor dem Jugendrichter geführt wurden. Hier gab es aber nicht einmal ein Gerichtsverfahren.
Ich kann Sie also ganz klar beruhigen: Sie gelten weder als vorbestraft, noch als ungeeignet zur Berufsausübung. Bitte führen Sie sich - umgekehrt gedacht - auch § 16 Abs. 1 Ziff. 2 WPO
vor Augen. Danach werden die Hürden für strafrechtliche Vorverurteilungen sehr hoch gehangen: Der Verlust der Amtsfähigkeit setzt nach § 45 StPO
die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe wegen eines Verbrechens von mindestens einem Jahr voraus.
Ich hoffe, Sie hiermit etwas beruhigt zu haben und wünsche Ihnen viel Erfolg für den Abschluss Ihrer Ausbildung.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin
Beruhigt haben Sie mich schon. Jedoch war meine Beleidigung an den Türsteher (ein Mitbürger mit Migrationshintergrung) wirklich sehr hart und auch sehr rassistisch. Anzumerken wäre aber, dass ich wirklich angetrunken war. Aus solchen Gründen trinke ich auch nicht mehr, weil ich mich einfach nicht unter Kontrolle habe.
Sie schreiben als WP hat man eine besondere Vorbildsfunktion.
Derartige einmalige Verfehlungen (gerade auch im Jugendalter) sind also für die Beurteilung der Fähigkeit zur Ausübung dieses besonderen Amtes komplett irrelevant?
Folgende Frage blieb für mich noch unbeantwortet:
Angenommen, im schlimmsten Falle, man müsste die Versagung der Bestellung einklagen, so würden Sie sagen, dass es fast schon absurd wäre, dieses Verfahren nicht zu gewinnen? (aufgrund dieser rassistischen Beleidigung)
Sehr geehrter Fragesteller,
bei Beleidigungstaten handelt es sich um so genannte Antragsdelikte. Der betreffende Beamte hätte also definitiv gegen Sie nicht nur Anzeige erstatten - also ein offizielles Verfahren gegen Sie einleiten - müssen, sondern auch ausdrücklich einen Strafantrag stellen müssen. Über beides wären Sie über die für Sie örtlich zuständige Staatsanwaltschaft schriftlich mit einer Möglichkeit zur Stellungnahme aufgefordert worden. Da dies nicht geschehen ist, schrieb ich, dass ein Verfahren gegen Sie nicht offiziell geführt wurde.
Inzwischen sind die Taten verjährt, so dass auch keine Möglichkeit mehr besteht, die Angelegenheiten aktenkundig zu machen.
Es gilt daher definitiv: Sie sind nicht vorbestraft und eine damalige Verurteilung wäre - selbst wenn Sie erfolgt wäre - im Erziehungsregister und nicht im allgemeinen Bundeszentralregister eingetragen worden. Die dortigen Einträge würden bei einer Anfrage nicht an den Anfragenden weitergegeben.
Selbst wenn dies jedoch anders wäre, unterlägen Sie längst der Löschung.
Sie sehen also: Es gibt eine ganze Reihe von "wenns und abers", die es mich klar ausschließen lassen, dass der damalige Vorfall Ihnen heute Probleme machen könnte.
Würde die Angelegenheit dennoch "ausgegraben", würde sie vor Gericht als einmalige Jugendverfehlung gewertet, die - auch angesichts Ihres weiteren Werdegangs - keineswegs schwerwiegend ist und auf Ihr aktuelles Zulassungsverfahren keinerlei Einfluss mehr hätte.
Mit freundlichen Grüßen
Daniela Désirée Fritsch
Rechtsanwältin