Sehr geehrter Ratsuchender,
auf der Grundlage des von Ihnen angegebenen Sachverhalts beantworte ich Ihre Fragen hiermit im Rahmen einer Erstberatung wie folgt:
Grundsätzlich ist § 1004 BGB
maßgebend: Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.
Der Anspruch ist aber ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist, § 1004 Abs. 2 BGB
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Grundlage für die Duldungspflicht in Bezug auf Wasser-/Abwasserleitungen ist tatsächlich normaler Weise die Eintragung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Grundbuch, welche bei Ihnen nach Ihren Angaben aber nicht gegeben ist.
Mangels Angaben ihrerseits gehe aufgrund Ihrer persönlichen Daten davon aus, dass das Grundstück in Sachsen-Anhalt belegen ist. In den „neuen" Bundesländern wurden für die Mitbenutzung von privaten Grundstücken bis 03.10.1990 aber keine solche Dienstbarkeiten bestellt und bereits eingetragene Dienstbarkeiten wurden 1954 von Amts wegen gelöscht.
Für Anlagen und Leitungen der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung wurde für die vor dem 03.10.1990 begründeten Mitbenutzungsrechte ein bis 31.12.2010 geltender Bestandsschutz im Rahmen des Einigungsvertrages festgelegt. Mit dem Grundbuchbereinigungsgesetz vom 20.12.1993 - GBBerG - in Verbindung mit der Sachenrechtsdurchführungsverordnung vom 20.12.1994 - SachenR-DV - wurde zu Gunsten der Versorgungsunternehmen durch Gesetz beschränkte persönliche Dienstbarkeiten formell begründet, ohne dass ein Grundbucheintrag zu erfolgen hätte.
Es kommt also sehr wohl in Betracht, dass ein solcher Bestandsschutz bei Ihnen zur Duldung verpflichtet.
Nach dem 31.12.2010 erlöschen diese Belastungen eines Grundstückes allerdings, wenn sie nicht aus dem Grundbuch ersichtlich sind. Der Zweckverband müsste also entsprechend dem vorgegebenen Verfahren, wenn er die Leitungen weiter nutzen will, einen Antrag auf Erteilung der Anlagen- und Leitungsrechtsbescheinigung bei der zuständigen Unteren Wasserbehörde einreichen. Die Untere Wasserbehörde macht diesen Antrag in "ortsüblicher Weise" bekannt, das heißt regelmäßig in der regionalen Tageszeitung. Nur hierdurch erfährt auch der Eigentümer von dem Antrag und der beabsichtigten Eintragung in das Grundbuch und müsste in diesem Verfahren Widerspruch einlegen, wenn er das Leitungsrecht abwenden will und erforderlichenfalls Klage vor dem Verwaltungsgericht dagegen erheben. Dort würde eine Interessenabwägung (öffentliche Interessen / Ihre privaten Interessen) stattfinden. Wenn der Antrag bewilligt wird, dann folgt die Eintragung in das Grundbuch.
Da mir nicht bekannt ist, wie lange der Erwerb des Grundstücks zurück liegt bzw. wann die letzte Grundbucheinsicht durch Sie erfolgte, ist es daher sogar möglich, dass zwischenzeitlich eine Eintragung erfolgte, wenn das vorstehende Verfahren bereits zwischenzeitlich stattgefunden hätte, ohne dass Sie die öffentliche Bekanntmachung wahr genommen hätten.
Grundlage für eine Duldungspflicht bei Wasserver(!)sorgungsleitungen kann aber auch die AVB Wasser V sein, wenn man selbst Anschlussnehmer ist (siehe hierzu § 8 AVB Wasser V) und als aktuelles Beispiel Urteil des BGH vom 28.04.2010 (allerdings bezogen auf Stromleitungen), Az. VIII ZR 223/09
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Bitte beachten Sie, dass die Erstberatung in diesem Untermenü der Plattform keiner ausführlichen Prüfung einer Sach- und Rechtslage entsprechen kann.
Ich hoffe, Ihnen Ihre Fragen im Rahmen einer ersten rechtlichen Einschätzung hinreichend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwältin Britta Möhlenbrock
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