Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Beim Bezug von Arbeitslosengeld II (= Hartz IV) gibt es Freigrenzen für das Vermögen. Es gilt ein Vermögensfreibetrag von 150 Euro pro vollendetem Lebensjahr. Mindestens sind 3.100 Euro und maximal 9.750 Euro pro Person plus 750 Euro Rücklagen für notwendige Anschaffungen anrechnungsfreies Vermögen.
ALG II Empfänger, die vor dem 1. Januar 1948 geboren sind, haben einen erhöhten Freibetrag in Höhe von 520 Euro pro vollendetes Lebensjahr, maximal jedoch 33.800 Euro. Wer nach dem 31. Dezember 1957 und vor dem 01. Januar 1964 geboren wurde, erhält einen Grundfreibetrag in Höhe von höchstens 9.900 Euro. Wer nach dem 31. Dezember 1963 geboren wurden, dem steht ein Vermögens-Grundfreibetrag in Höhe von höchstens 10.050 Euro zu.
Angenommen Ihre Freundin wäre also 40 Jahre alt, so beliefe sich der Freibetrag auf 6.000 Euro.
Eine Schenkung (vor allem bei Geld) kann auch als Einkommen gewertet werden. Auch das Einkommen kann auf den Hartz IV-Satz angerechnet werden. Hier ist die Freigrenze noch niedriger. Hierzu gibt es auch bereits eine entsprechende Entscheidung des Bundessozialgerichts, das eine Hartz-IV-Bezieherin letztendlich zur Rückzahlung verurteilt hat (Az. B 4 AS 46/11 R
).
Aber auch bei Sachgeschenken ist Vorsicht geboten, sofern diese "nicht angemessen" sind. Was angemessen ist entscheidet die Behörde im Einzelfall. Entscheidungen hierzu gibt es vor allem bei Geschenken für Kinder zum Geburtstag oder Weihnachten.
Ihre Idee mit der Kontovollmacht bzw. der Überlassung einer Kreditkarte dient letztendlich der Umgehung der gesetzlichen Anrechnungsregelungen und würde einer Überprüfung wohl im Ergebnis nicht stand halten. Allerdings ist die Freundin nur verpflichtet, eigene Bankkonten und eigenes Vermögen anzugeben. Da das Konto auf Ihren Namen lauten würde und sie nur eine Verfügungsberechtigung hätte, handelt es sich streng genommen nicht um ihr eigenes Vermögen. Wenn Sie aber Geld abhebt und dies ihrem Vermögen zuführt, müsste dies angegeben werden. Auch der Kauf bzw. die Bezahlung eines Gegenstandes stellen letztendlich einen Vermögenszuwachs dar.
Zur Idee mit dem Darlehen:
Im Grundsatz ist alles, was einem ALG-II-Empfänger zufließt, Einkommen. D.h. es muss beim Jobcenter angegeben werden und wird dann entsprechend auf die Leistung angerechnet. Etwas anderes gilt bei einem Darlehen. Dieses stellt kein Einkommen dar, weil die Vermögenslage nicht verändert wird, da das Geld zurückgezahlt werden muss, es verbleibt nicht „zur endgültigen Verwendung" (so das Bundessozialgericht, Urteil vom 17.6.2010, Az.: B 14 AS 46/09 R
). Dies gilt selbstverständlich auch, wenn man sich das Geld von Verwandten „leiht", bzw. juristisch korrekt ausgedrückt: Als zinsloses Darlehen gewähren lässt.
Auf eine besondere Zweckbestimmung für die Zahlung kommt es nicht an, es geht lediglich darum, ob ein wirksamer Darlehensvertrag nach dem BGB abgeschlossen wurde, so das Bundessozialgericht. Es werden jedoch hohe Anforderungen gestellt, wenn es darum geht, den ernst gemeinten Abschluss eines solchen nachzuweisen. Zweifel gehen dabei zu Lasten des ALG-II-Beziehers, wie durch ein neueres Urteil des Sozialgerichts Berlin (Urteil vom 18.1.2011, Az.: S 157 AS 26445/08
) noch einmal deutlich klargestellt wurde. Kernfrage ist die Abgrenzung zu einer Schenkung oder Unterhaltszahlung; beides wäre anzurechnendes Einkommen.
Das zentrale Abgrenzungskriterium zu Schenkung oder Unterhaltszahlung stellt die Verabredung über die Rückzahlung des Geldes dar. Eine solche muss spätestens dann vorliegen, wenn das Geld fließt, so das Sozialgericht Berlin. Eine nachträgliche Vereinbarung würde dementsprechend nicht mehr akzeptiert.
In der Praxis empfiehlt es sich also, bevor man einem Verwandten, der Hartz IV bezieht, Geld leiht, dies schriftlich niederzulegen, zu datieren und von beiden unterschreiben zu lassen. In der Vereinbarung sollte man klar festhalten, dass eine Verpflichtung zur Rückzahlung besteht.
Sie sehen also, dass es durchaus eine Möglichkeit gibt, dass Sie Ihrer Freundin finanzielle Zuwendungen zukommen lassen. Allerdings sollte eine Konstruktion gewählt werden, die einer etwaigen Überprüfung durch das Jobcenter stand hält. Anderenfalls kann es zu Rückforderungen oder gar einer Strafanzeige wegen Betruges kommen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Mathias Grasel
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 16.03.2015 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Mathias Grasel
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Fachanwalt für Strafrecht
Vielen Dank für die schnelle und ausführliche Antwort.
Ich möchte nocheinmal nachfragen, inwieweit das jetzt 10jährige Kind zu berücksichtigen ist:
Wie ich gelesen habe, darf man als Hartz4-Empfänger monatlich 100 Euro hinzuverdienen, ohne daß etwas davon angerechnet wird, was auch für Minderjährige Haushaltsmitglieder gelte. Aber ab welchem Alter? Hieße das, ich könnte, sofern weder Mutter noch Kind arbeiten, beiden je 100 Euro im Monat überweisen ohne daß etwas davon auf die Amts-Leistungen angerechnet würde?
Und wie ist es bei mit der Berechnung des erlaubten Vermögens: Sie hatten geschrieben, 150 Euro Jahr und max. 9750 Euro "pro Person" seien erlaubt: Werden minderjährige Kinder mitgezählt, wäre also bei einem 10jährigen Kind 1500 Euro zusätzlich zu dem der Mutter erlaubten Betrag erlaubt?
Wenn Sie mir hierzu noch etwas antworten könnten, wäre ich sehr dankbar.
Die von Ihnen angesprochene monatliche Freigrenze von 100 Euro gilt für eine Erwerbstätigkeit. Übt der Hartz IV Empfänger also eine bezahlte Tätigkeit aus, so werden hiervon pauschal 100 Euro abgezogen (ähnlich wie die Werbungskosten bei der Einkommensteuer).
Dieser Freibetrag gilt jedoch nicht für sonstiges Einkommen, wie beispielsweise eine monatliche Schenkung.
Was den Freibetrag für das Vermögen des Kindes angeht, so gilt die 150 Euro pro Lebensjahr Regelung nur für volljährige Kinder. Für minderjährige Kinder gibt es stattdessen eine Regelung, die sogar günstiger ist. Gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 1a SGB II
beträgt der Grundfreibetrag für ein minderjähriges leistungsberechtigtes Kind 3.100 Euro.
Außerdem ist für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Leistungsberechtigten ein weiterer Freibetrag in Höhe von 750 Euro für notwendige Anschaffungen abzuziehen.
Das bedeutet also:
Mutter: 150 € x Lebensalter in Jahren
Kind: 3.100 €
+ zusätzlich 2 x 750 €
Es sollte dabei aber darauf geachtet werden, dass die Beträge getrennt werden, also das Kind eine eigene Zuwendung i.H.v. max. 3.850 Euro erhält (getrenntes Konto).