Sehr geehrter Ratssuchender,
gerne beantworte ich Ihre Frage aufgrund Ihrer Sachverhaltsschilderung wie folgt:
Zunächst ist grundsätzlich zu beachten, dass die elterliche Sorge als solche einem Dritten nicht rechtswirksam übertragen werden kann; vielmehr kann durch Eltern lediglich die tatsächliche Sorge teilweise übertragen werden. Überlassen Eltern das Kind daher der Pflege einer Familie, fallen die tatsächlich ausgeübte Sorge der Pflegeeltern und das den leiblichen Eltern ungeschmälert verbleibende Sorgerecht auseinander (Maier in Gebhardt, Hdb FA FamR, Kap 4 Rn 61, 62).
Dies bedeutet, dass – sofern nicht beispielsweise ein Ergänzungspfleger nach § 1909 BGB
bestellt wurde – die elterliche Sorge im Falle der Betreuung des Kindes durch eine Pflegefamilie bei den leiblichen Eltern – vorliegend wohl beim leiblichen Vater Ihres Pflegesohnes – verbleibt, obwohl diese rein tatsächlich durch Sie ausgeübt wird.
Nach § 1630 Abs. 3 S. 1 BGB
kann auf Antrag der Eltern oder der Pflegeperson das Familiengericht jedoch Teile der elterlichen Sorge auf die Pflegeperson übertragen, wobei nach § 1630 Abs. 3 S. 2 BGB
für diese Übertragung die Zustimmung der Eltern erforderlich ist. Sofern ein derartiger Antrag nicht gestellt wurde – wovon ich aufgrund Ihrer Angaben ausgehe – dürfte die elterliche Sorge nach wie vor beim Kindesvater liegen.
Unabhängig davon können Sie jedoch nach § 1688 Abs. 1 S. 1 BGB
in Angelegenheiten des täglichen Lebens entscheiden und den Kindesvater in diesen Angelegenheiten vertreten. Hierzu zählt auch insbesondere die Alltagssorge, somit häufig vorkommende Situationen, die eine sorgerechtliche Entscheidung erfordern. Hierunter fallen insbesondere der Schulalltag, Routineerlaubnis zur Freizeitgestaltung, Fernsehkonsum, Umgang mit Freunden usw. (vgl. Palandt / Diedrichsen, § 1688 Rn7; § 1687 Rn 11).
Sofern Sie zu der Auffassung gelangen, dass Ihr Pflegesohn aufgrund seines Alters das Internet nicht nutzen sollte, dieser es jedoch entgegen Ihrer Anweisung mit seinem Handy nutzt, dürfte die Wegnahme des Handys als Angelegenheit des täglichen Lebens von Ihrer Befugnis aus § 1688 Abs. 1 BGB
gedeckt sein.
Gleiches dürfte zwar auch für das grundsätzliche Verbot der Nutzung eines Facebook-Accounts gelten. Da aufgrund Ihrer Angaben die elterliche Sorge jedoch nach wie vor dem Kindesvater obliegt, ist zu berücksichtigen, dass Ihre Entscheidungsbefugnis in alltäglichen Angelegenheiten durch bloße Erklärung des Kindesvaters eingeschränkt werden kann (§ 1688 Abs. 3 S. 1 BGB
). Insoweit durfte der Kindesvaters Ihrem Pflegesohn wohl wirksam erlauben, einen entsprechenden Account im Internet anzulegen.
Sofern es durch den Austausch etwaiger rechtsextremer bzw. pornografischer Inhalte durch Ihren Pflegesohn zu einer Strafanzeige kommen würde, ist darauf hinzuweisen, dass Ihr Pflegesohn mit 14 Jahren nach § 19 StGB
schuldfähig ist, so dass sich dieser bei einer etwaigen Straftat auch selbst verantworten müsste.
Unabhängig der rechtlichen Aspekte möchte ich abschließend darauf hinweisen, dass es fraglich sein dürfte, ob das strikte Verbot der Internetnutzung für Sie überhaupt realisierbar ist, zumal Ihr Pflegesohn genügend Gelegenheiten haben dürfte (beispielsweise bei Freunden etc.), das Internet zu nutzen. Sie sollten daher – insbesondere auch aufgrund Ihrer Bedenken im Hinblick auf das Kindeswohl – das Gespräch mit dem Kindesvater suchen, um hier eine für das Kind vernünftige Lösung zu finden.
Sollte ein Gespräch mit dem Kindesvater nicht möglich bzw. nicht zielführend sein und tatsächlich eine Kindeswohlgefährdung bestehen, so dürfte Ihnen wohl nur die Möglichkeit verbleiben, das Sorgerecht des Kindesvaters nach § 1666 BGB
gerichtlich einzuschränken. Ob eine derartige Vorgehensweise letztlich jedoch im Interesse Ihres Pflegesohnes wäre, vermag ich ohne genaue Kenntnis der Einzelheiten abschließend nicht zu beurteilen. Insoweit würde ich Ihnen empfehlen, einen Rechtsanwalt vor Ort aufzusuchen und sich entsprechend vertreten zu lassen.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick verschafft zu haben.
Ich weise abschließend darauf hin, dass es durch Hinzufügen und Weglassen wesentlicher Umstände im Sachverhalt durchaus zu einer komplett anderen rechtlichen Bewertung kommen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Daniel Neubauer
Rechtsanwalt
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